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Kriminalität

Sexueller Missbrauch in Kinderheim in Ludwigsburg dokumentiert

Eine Studie hat alle Formen der Gewalt in einem Ludwigsburger Kinderheim festgestellt. Unter anderem seien Kleinkinder an Betten festgebunden worden.

Ein Junge kauert sich in der Ecke seines Zimmers am Fußboden sitzend zusammen.
Immer wieder kommen Fälle des Kindesmissbrauchs in kirchlichen Institutionen ans Licht. Foto: Nicolas Armer/dpa/Symbolbild

In dem früheren katholischen Kinderheim St. Josef in Ludwigsburg hat es über Jahre hinweg Vernachlässigung sowie körperliche, emotionale und sexuelle Gewalt gegeben. Das geht aus einer am Mittwoch vorgestellten Aufarbeitungsstudie hervor.

Von 1960 bis 1990 stellte die Studie insgesamt 30 Jahre institutionellen Machtmissbrauch fest, wie der Psychologe Florian Straus vom Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IBB) mitteilte. Es seien alle Formen von Gewalt dokumentiert, mit einer besonderen Variante extremer Lieblosigkeit.

Zu der genauen Anzahl der Opfer gibt es keine Angaben. Seit 1947 sollen etwa 1.100 Kinder in der Einrichtung untergebracht gewesen sein. IBB-Soziologin Elisabeth Helming sagte, dass auch ein früherer katholischer Gemeindepriester mindestens drei junge Mädchen in den 1960er und 1970er Jahren sexuell missbraucht habe. Eine weltliche Erzieherin in dem Heim sei Komplizin des Priesters gewesen. „Sie führte ihm die Mädchen zu.“ Später sei der Geistliche nach Guatemala versetzt worden. Der Mann ist inzwischen gestorben.

„Verwahrstation“ für Säuglinge

Das Josefsheim wurde mit einem Kloster 1930 erbaut und von den Schwestern des Karmelitinnen-Ordens geführt. Im Zweiten Weltkrieg diente die Einrichtung als Lazarett, danach wieder als Kinderheim. Mehrere dutzend Kinder lebten dort in vier Gruppen. 1992 schloss das Heim. Der Grund dafür war die Überalterung der Schwesternschaft. Außerdem gab es immer mehr weniger Ordensfrauen.

Bis 1977 gab es nach Angaben der beiden Studienautoren gleichfalls eine Säuglings- und Kleinkindergruppe. Hier seien Kinder nachts in den Betten festgebunden worden, teilte Helming weiter mit. Möglicherweise seien sie auch mit Contergan ruhiggestellt worden. „Das war im Grunde eine Verwahrstation.“ Es habe gravierende Vernachlässigungen gegeben. In der Gruppe waren bis zu 13 Säuglinge und Kleinkinder unterbracht.

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