Mit einem offenen Brief haben die Schauspielensembles mehrerer Theater in Baden-Württemberg auf die Pressemitteilung des Kunstministeriums hinsichtlich der Ausfallhonorare für frei schaffende Theaterdarsteller reagiert.
Kunstministerin Theresia Bauer hatte hierin erklärt, die Staatstheater kämen ihrer Verantwortung nach. Das Land habe „bereits im Juni 2020 auf Initiative des Kunstministeriums für seine beiden Staatstheater Rechtssicherheit geschaffen“. Dies sei „ein wichtiges Zeichen der Solidarität in dieser schwierigen Zeit“.
Wird Verwantwortung „hin und her geschoben“?
Dem entgegnen nun die Ensembles, sie erlebten „seit einem Jahr, wie die Verantwortung von höchster politischer Ebene und den Verwaltungen der Kulturinstitutionen hin und her geschoben wird“. Betroffene Personen fänden keine Ansprechpartner und würden „zum Spielball eines kulturpolitischen Kräftemessens“.
Auch Theaterleitungen in der Kritik
Kritisiert werden hierbei auch die Theaterleitungen, die ebenso wie das Kulturministerium „kaum bis keine Verantwortung“ übernähmen. Immer wieder erklärten Theaterleitungen, ihre Gastkünstler nicht angemessen bezahlen zu dürfen oder zu können. Die Ensembles erklären hierzu: „Wir fragen uns nun: Bei wem liegt denn die Verantwortung?“
Das Schreiben, das die Schauspielensembles vom Staatstheater Karlsruhe, den Stadttheatern in Pforzheim, Heidelberg, Heilbronn, Freiburg, Konstanz, Ulm sowie den Landesbühnen in Bruchsal, Esslingen und Tübingen unterzeichnet haben, geht auch auf die Höhe der bislang gezahlten Ausfallhonorare ein. Diese werden vom Ministerium auf insgesamt 235.000 Euro seitens der Staatstheater Stuttgart und 120.000 Euro seitens des Staatstheaters Karlsruhe beziffert. Die Schauspielensembles kritisieren, dass dieser Mitteilung nicht zu entnehmen ist, welche Höhe dies für die einzelnen Betroffenen bedeutet.
Davon kann kein Mensch leben.Offener Brief der Schauspielensembles
In Gesprächen mit freischaffenden Theaterleuten sei berichtet worden, dass Ausfallhonorare nur 30 Prozent der Gage betrügen. Dies bedeute bei einer Abendgage von 300 Euro brutto und sechs Vorstellungen im Monat nur 540 Euro brutto. „Davon kann kein Mensch leben“, erklären die Verfasser des Briefes und fragen die Ministerin: „Was genau verstehen Sie also unter dem Begriff Solidarität?“
Kritisch hinterfragt wird in dem Schreiben auch die Umstellung der Theaterförderung von einer Festbetragsfinanzierung auf eine Fehlbetragsfinanzierung, die anlässlich der Coronakrise vorgenommen wurde. Man befürchte, dass es dadurch „vielen Kommunaltheatern unmöglich gemacht werde, Ausfallzahlungen an ihre Gäste zu tätigen, ohne selbst erheblichen finanziellen Schaden zu nehmen“.
Warnung vor Verlust der Freischaffenden
All diese Umstände verschärften die oft prekären Lebenssituationen vieler Freischaffender. Dies führe dazu, dass viele bereits der Kulturarbeit abhanden gekommen seien und nicht mehr zurückkehren würden. Ohne die Mitarbeit freischaffender Künstler aber sei keine Wiederaufnahme des Spielbetriebs in der gewohnten Form möglich, betonen die Ensembles.