Die Opposition will damit drei Komplexe im Gefolge der Suspendierung des bisherigen Polizeiinspekteurs aufklären.
Innenminister Thomas Strobl (CDU) rüstet aber zur Gegenattacke.
Unser Korrespondent Theo Westermann beantwortet die wichtigsten Fragen.
Worum soll sich der von SPD und FDP beantragte Untersuchungsausschuss kümmern?
Es geht um drei Komplexe mit 31 Unterpunkten, die aber alle laut SPD-Fraktionschef Andreas Stoch verwoben sind. Einmal geht es um die Vorwürfe der sexuellen Belästigung in Landesbehörden, den Umgang damit und natürlich den Fall des seit November 2021 suspendierten Inspekteurs, dem sexuelle Belästigung einer Hauptkommissarin im Landespolizeipräsidium vorgeworfen wird.
Dann geht es um den Komplex Weitergabe eines Rechtsanwaltsschreibens im Fall des suspendierten Inspekteurs durch den Innenminister an einen Journalisten. Drittens geht es um die Beurteilungs- und Besetzungsverfahren innerhalb der Landespolizei bis zur Suspendierung des Inspekteurs und dessen schnellen von Strobl geförderten Aufstieg.
Wie wappnet sich Thomas Strobl?
Zur Zeit mit einem Gutachten, dass er als Privatperson bei dem renommierten Anwalt und Medienrechtler Christian Schertz (Berlin) in Auftrag gegeben hat. Das Gutachten liegt unserer Redaktion vor. Schertz‘ Prüfung ergibt demnach, dass ein Verdacht der Anstiftung zur verbotenen Mitteilung über Gerichtsverhandlungen im Sinne von Paragraf 353d Ziffer 3 STGB definitiv ausgeschlossen werden könne, das gleich gelte auch für ein im Gesetz ebenfalls genanntes Disziplinarverfahren.
Auch für den Verdacht einer Verletzung eines Dienstgeheimnisses und Strafvereitelung im Amt sieht Schertz keinen Anlass. Das Schreiben des Rechtsanwalts sei schon vom bloßen Wortlaut her kein „amtliches Dokument eines Disziplinarverfahrens im Sinne der Vorschrift“. Das konkrete Schreiben spiele für die Durchführung des Disziplinarverfahrens gar keine Rolle, also gebe es auch keine „vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat des Journalisten und damit auch keine Anstiftung“.
Ein Dienstgeheimnis sei das Schreiben unter anderem auch deshalb nicht, weil es auf dem zentralen Faxanschluss des Innenministeriums eingegangen sei. Strobl habe zudem das Recht gehabt und auch im Sinne des Landespressegesetz gehandelt, den Journalisten über das Schreiben zu informieren. Datenschutz habe auch zurückzutreten, wenn es „überlagernde Interessen“ gebe. Das Verhalten Strobls danach, also die Verschleierung der Briefweitergabe über Monate, war aber nicht Untersuchungsgegenstand von Schertz, wie er auf Nachfrage sagte.
Wie viele Untersuchungsausschüsse gab es in der Wahlperiode 2016 bis 2021?
In der Wahlperiode von 2016 bis 2021 gab es drei Untersuchungsausschüsse. Einer drehte sich um die Anschläge der Terrorgruppe NSU und deren möglichen Kontakte in Baden-Württemberg.
Ein anderer Untersuchungsausschuss sollte die Zulagenaffäre an der Verwaltungshochschule Ludwigsburg aufklären, im Visier der Opposition stand Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne).
Ein dritter Untersuchungsausschuss drehte sich um das Baden-Württemberg-Haus auf der Weltausstellung in Dubai, bei dem das Land durch einen im CDU-geführten Wirtschaftsministerium verursachten Vertragsfehler plötzlich die Kosten für das Haus tragen musste.
Wann muss ein U-Ausschuss eingerichtet werden?
Wenn ein Viertel der Mitglieder des Landtags oder zwei Fraktionen einen U-Ausschuss beantragen, muss der Landtag ihn einrichten. Im Antrag von SPD und FDP ist die Zahl von 14 Mitgliedern vorgeschlagen.
Der Vorsitzende und sein Stellvertreter müssen verschiedenen Fraktionen angehören, unter denen sich eine Regierungsfraktion und eine Oppositionsfraktion befinden muss, so das Landesgesetz über die Einrichtung eines U-Ausschusses. In dem jetzigen Ausschuss soll nach Informationen unserer Redaktion ein Grünen-Abgeordneter den Vorsitz übernehmen, ein Sozialdemokrat wird Stellvertreter.
Wie sehen die Regeln im U-Ausschuss aus?
Die Regeln orientieren sich weitgehend an der Strafprozessordnung, etwa was die Beweisaufnahme, den Umgang mit Zeugen bei Befragungen, die prinzipielle Öffentlichkeit angeht. Allerdings kann nur das zuständige Gericht, im dem Fall ein Strafrichter des Amtsgerichts Stuttgart, auf Antrag des U-Ausschusses Maßnahmen wie Ordnungsgeld, Ordnungshaft oder Erzwingungshaft erlassen.
Beschlagnahmen und Durchsuchungen muss der Ausschuss ebenfalls beim zuständigen Gericht beantragen. Zeugen, die vor einem Untersuchungsausschuss etwas Falsches sagen, können dafür strafrechtlich belangt werden.
Was ist der zentrale Unterschied zum Gerichtsverfahren?
Es gibt keinen Beschuldigten im Sinne der Strafprozessordnung, sondern einen „Betroffenen“ des Untersuchungsausschusses, in dem Fall Minister Strobl.
Es gibt am Ende auch kein Urteil wie bei Gericht, mit Freispruch oder Strafe, sondern einen Abschlussbericht. Dieser Abschlussbericht kann eine Mehrheits- und Minderheitenmeinung umfassen. Jedes Ausschussmitglied hat das Recht, einen abschließenden Bericht zu erstellen.