Verschlammte Fahrrillen sind ein Graus für Wanderer und Spaziergänger. Die tiefen Rillen auf den zerfurchten Wegen im Wald können für die Gelbbauchunke hingegen lebensrettend sein. Denn in den oft frischen Pfützen der sogenannten Rückegassen vermehren sich die bedrohten und streng geschützten Tiere.
Mit den üblichen Maßnahmen zum Amphibienschutz kommt man langfristig aber bei der Pionierart nicht weiter, deshalb müssen neue Ideen her.
Forschungsprojekt der Universität Hohenheim in Stuttgart untersucht Schutz der Unken
Ein Forschungsprojekt der Universität Hohenheim in Stuttgart ist der Frage nachgegangen, wie Laichgewässer für die gefährdete Art entstehen, Unken geschützt werden können und der Wald dennoch bewirtschaftet werden kann.
Nach Angaben der Wissenschaftler vermehrt sich die Gelbbauchunke nur in neu entstandenen und kurzlebigen kleinsten Gewässern wie Pfützen. Diese seien aber lediglich unmittelbar nach der Entstehung frei von Fressfeinden wie Libellenlarven. Eine Dynamik des Entstehens und Vergehens, wie es sie bislang vor allem in den regelmäßig überschwemmten Auenlandschaften gegeben hat.
Allerdings sind Auen in Deutschland immer seltener zu finden, weil Flüsse ausgebaut werden. Die Folge: Die Gelbbauchunke zieht es in Lebensräume, die ähnlich funktionieren, bewirtschaftete Wälder zum Beispiel.
Waldbewirtschaftung ist für den Artenschutz wichtig
„Fahrspuren von Waldmaschinen auf Rückegassen schaffen ideale Laichgewässer für die Gelbbauchunke“, sagt Martin Dieterich, der Leiter des Forschungsprojekts zum nachhaltigen Schutz der Gelbbauchunke.
Der kleine Froschlurch sei im ersten Jahr auf die Rillen angewiesen, die sich im Lauf der Holzernte immer wieder neu bildeten. „Die Gelbbauchunke vermehrt sich in diesen neuen Pfützen besonders erfolgreich“, sagt Dieterich.
Von dauerhaft angelegten Gewässern zum Amphibienschutz profitiere die Gelbbauchunke dagegen langfristig nicht. „In Baggertümpeln vermehrte sich die Gelbbauchunke im ersten Untersuchungsjahr zwar besonders gut“, sagt Felix Schrell, der das Forschungsprojekt koordiniert.
Die Gelbbauchunke hat in Baden-Württemberg nicht trotz, sondern wegen der Forstwirtschaft überlebtMartin Dieterich, Leiter des Forschungsprojekts
Allerdings siedelten sich schon im zweiten Jahr Fressfeinde an. „Der Nachwuchs der Pionierart hat dann keine Chance mehr zu überleben“, sagt Schrell. Auch eine Sanierung könne wenig helfen.
Klingt etwas paradox, aber aus Sicht der Stuttgarter Experten funktioniert der Artenschutz für die Unke nur im Schatten der Waldbewirtschaftung. „Die Gelbbauchunke hat in Baden-Württemberg nicht trotz, sondern wegen der Forstwirtschaft überlebt“, sagt Dieterich.
Die Forscher empfehlen, Fahrspuren im Wald erst nach der Laichsaison der Gelbbauchunke im Sommer zu beseitigen, weil sie sonst zur tödlichen Falle werden könnten.
Danach könnten die Gassen „durch gezieltes Befahren“ neu entstehen. Das sei kein besonderer Mehraufwand für den Artenschutz. „Eine Win-Win-Situation für die Gelbbauchunke und für die Bewirtschafter“, sagt Dieterich.
Forst BW, als größter Forstbetrieb des Landes verantwortlich für mehr als 300.000 Hektar Staatswald, tüftelt bereits seit vier Jahren, wie der Unke am besten geholfen und der Wald dennoch genutzt werden kann. „Wir haben unter anderem auch das künstliche Anlegen von Habitaten getestet“, sagt Forstdirektor Artur Kumpf in Tübingen.
Der Erfolg sei aber sehr vom Boden abhängig. „Am besten funktionieren die frischen und nicht befestigten Fahrspuren, die Forstschlepper oder Harvester bei der Arbeit im Wald hinterlassen.“ Anfang des kommenden Jahres will Forst BW nach Angaben Kumpfs testen und digital erfassen, wie sich Gelbbauchunken in den nassen Hinterlassenschaften der schweren Fahrzeuge vermehren.
Die Gelbbauchunke gehört zu den streng geschützten Arten. Sie steht als „stark gefährdet“ in den Roten Listen und ist in der FFH-Richtlinie aufgeführt. Baden-Württemberg liegt im Verbreitungszentrum dieser Art. Häufiger vor kommt sie unter anderem im Kraichgau, Stromberg, Neckarbecken und in der mittleren und südlichen Oberrheinebene.