Susanne Härer aus Bühlertal ist zufrieden, wenn sie auf ihre Entscheidung zurückblickt: Sie ging nicht arbeiten und betreute ihre vier Kinder zu Hause. Diese Zeit mit den Kindern sei intensiv gewesen, sagt sie. Sie schätzt es, dass sie diese Möglichkeit hatte.
Ihre Kinder sind heute erwachsen und haben selbst eine Familie gegründet. Sie haben dieses Privileg nicht, ebenso wie eine Vielzahl anderer junger Eltern in Baden-Württemberg.
Eine Statistik des Statistischen Landesamtes zeigt: Die Betreuung der Zwei- bis Dreijährigen in Kindertageseinrichtungen hat sich seit 2007 verdoppelt. Die Zahl der betreuten Ein- bis Zweijährigen hat sich von 2007 bis 2020 fast versechsfacht: 26.835 Kinder im Alter von ein bis zwei Jahren befanden sich im Jahr 2020 in einer Kindertageseinrichtung.
Knapp ein Drittel der Kinder unter drei Jahren sind in einer Kita
32,5 Prozent der Kinder unter 3 Jahren werden im Regierungsbezirk Karlsruhe in einer Kita betreut. 2016 lag die Quote noch bei 29,9 Prozent und stieg in den Folgejahren immer ein wenig an.
Kurz: Der Trend geht auch bei Kinder unter drei Jahren immer mehr in Richtung einer Ganztagsbetreuung. Seit der gesetzlichen Garantie im Land auf einen Kitaplatz unter drei Jahren 2013 hat sich die Entwicklung verstärkt.
Viele Eltern wollen sehr schnell in ihren Beruf zurück.Albrecht Fischer-Braun, ev. Landesverband der Tageseinrichtungen für Kinder
Albrecht Fischer-Braun, Geschäftsführer des Evangelischen Landesverbandes der Tageseinrichtungen für Kinder in Württemberg, bestätigt den Aufwärtstrend aus seiner eigenen Erfahrung. Besonders stark steigt der Betreuungsbedarf schon ab einem Jahr. „Das ist eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung“, sagt der evangelische Pfarrer. „Viele Eltern wollen sehr schnell in ihren Beruf zurück.“
Unterschied zwischen Kita und Betreuung zu Hause
Ob eine Betreuung zu Hause oder in der Kita für das Kleinkind besser ist, mag Fischer-Braun nicht pauschal beantworten: „Die Kita ist nicht grundsätzlich schlechter als die Mutter“, sagt er. Das hänge von vielen Faktoren, unter anderem der Qualität der Kita-Betreuung ab. „Die Betreuung zu Hause ist nicht in jedem Fall das Optimum“, sagt er.
Der Vorstand Strategie, Entwicklung, Pädagogik des Landesverbandes katholischer Kindertagesstätten, Wolf-Dieter Korek, sieht die Entwicklung als Abbild der Lebenswirklichkeit vieler Familien im Land. „Beide sind berufstätig. Das Lebensmodell entsteht oft aus wirtschaftlichen Gründen“, sagt er.
Nachteile der Kita Betreuung Unter-Dreijähriger sieht Korek im Vergleich zum Zuhause nicht. „Klar, die gleiche Bezugsperson sorgt daheim für Sicherheit. Aber das geht auch in der Kita. Wir wollen den Rahmen dafür bieten.“
Zahl der Erzieher und Betreuer in Baden-Württemberg steigt
Die Kindertageseinrichtungen reagierten in den letzten Jahren auf die erhöhte Nachfrage, das zeigen weitere Zahlen des statistischen Landesamtes: Waren 2011 landesweit noch 58.488 Menschen in der Kindertagesbetreuung beschäftigt, waren es im Jahr 2018 schon 92.802. Im Jahr 2020 arbeiteten in Baden-Württemberg 100.035 Menschen im pädagogischen Bereich, in der Verwaltung oder Leitung von Kitas.
Schon seit längerer Zeit sei die Gruppengröße auf zehn Kinder beschränkt. Und Personalwechsel in der Betreuung werden so gut es gehe vermieden. „Der Fachkräftemangel macht da manchmal Schwierigkeiten“, sagt Wolf-Dieter Korek. Die Entwicklung in diese Richtung und der hohe Bedarf an Kita Plätzen sei nicht aufzuhalten.
Susanne Härer ist eine von 12 Stimmen aus Baden. Zwölf Stimmen aus Baden ist ein multimediales Projekt zur Bundestagswahl. Weitere Informationen gibt es auf der Instagram-Seite der BNN und im dortigen Highlight „#btw21“.