
Am Ostermontag erhält Elke Z., die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, den sehnlich erhofften Anruf. Ihr Hausarzt ist am Apparat und teilt ihr einen Corona-Impftermin für die folgende Woche mit. „Das ist ja toll“, sagt die 52-Jährige verblüfft.
So schnell hatte sie nicht damit gerechnet. „Es war die beste Osterüberraschung“, meint sie.
Erst fünf Tage zuvor hatte die chronisch Kranke, die seit 2007 an der medikamentös unheilbaren Lungenkrankheit Lymphangioleiomyomatose (LAM) leidet, die zu andauerndem, lebensbedrohlichem Sauerstoffmangel führt, von der Warteliste ihres Hausarztes erfahren und sich gleich eintragen lassen.
Der kleine Piks, für den Gesundheitsminister Jens Spahn seit Monaten wirbt, ist für sie dadurch endlich wahr geworden. Nun ist sie erleichtert, die erste Corona-Impfung erhalten zu haben: „Ich habe nachts darauf gut geschlafen. Keine Impfreaktion: Hurra.“
Ärger über Terminvergabe Luft gemacht
Wochenlang hatte Elke Z., die während der Pandemie bereits zweimal wegen LAM in der Notaufnahme war und im Krankenhaus behandelt werden musste, per Internet und Hotline täglich mehrmals versucht, für sich und ihre 79-jährige Mutter einen Impftermin zu bekommen.
Sogar nachts war sie aufgeblieben, weil es da online angeblich bessere Chancen gibt. Vergeblich. Ende März machte sie ihrem Ärger über die Terminvergabe Luft und schrieb per Online-Portal an Sozialminister Manfred Lucha.
„Bitte sprechen Sie mit den Kollegen in Bayern und/oder Rheinland-Pfalz und übernehmen Sie deren System zur Impfregistrierung“, forderte sie unter anderem. Der Minister hat bis heute nicht geantwortet.
Bis zu 1.000 Telefonanrufe an einem Tag
Das überrascht wenig angesichts der Zahlen, die auf Anfrage der BNN ein Sprecher des baden-württembergischen Sozialministeriums mitteilt. Das Bürgerreferententeam sei ausschließlich für allgemeine Fragen und Informationen rund um Corona, die Verordnungen und das Impfen zuständig.
Es erhalte zurzeit etwa 600 bis 800 E-Mails pro Tag, dazu gehen täglich 500 bis 1.000 Telefonanrufe ein. „Ein ganzes Team von derzeit fünf Mitarbeitenden kümmert sich um die Beantwortung und gibt sein Bestes – dennoch bitten wir angesichts dieser hohen Zahlen um Verständnis, wenn nicht in jedem Fall sofort eine Antwort kommt“, so der Sprecher.
Außerdem ließ er wissen, dass es für ausdrückliche Härtefälle ein geregeltes Verfahren gebe.
Elke Z. geht es nicht um eine Bevorzugung ihrer Person – sie ist wie ihre Mutter in der Priorisierungsgruppe II und damit impfberechtigt –, sondern darum, dass für jede Bürgerin und jeden Bürger die Impfterminvergabe für das Impfzentrum nicht mit nächtlichen Sitzungen vor dem Laptop oder Dauerwählen am Telefon verbunden ist, um die Hotline zu erreichen und dann zu erfahren, dass es keinen Impftermin gebe.
„Wir halten an dem Verfahren fest. Eine Bandansage wäre nicht sinnvoll, da die Verfügbarkeit von Terminen je nach Impfzentrum unterschiedlich ausfällt“, teilt die Ministeriums-Pressestelle auf Anfrage mit.
Das Ministerium habe mit Blick auf die hochaltrigen Menschen, die bevorzugt die Hotline benutzen, das anfangs geschaltete Spracherkennungssystem mit Bandansage durch eine persönliche Ansprache durch Callcenter-Agenten getauscht.
„Die Verständlichkeit ist höher, und das persönliche Gespräch gibt mehr Sicherheit“, so der Sprecher des Ministeriums.
Landesimpfgipfel am Freitag
Auf dem an diesem Freitag stattfindenden ersten Landesimpfgipfel des Sozialministeriums gehe es darum, die zweite Phase vorzubereiten, wenn wesentlich mehr Impfstoff zur Verfügung stehe, und alle Beteiligten wie die Impfzentren, die Vertreter der Hausärzteschaft und auch die Betriebsärzte einzubinden.
Sonderrechte für Geimpfte halte ich für falsch, so lange nicht jeder eine Chance hatte, sich impfen zu lassen.Elke Z. über den erhaltenen Impftermin
Elke Z. befürchtet, dass sich noch mehr Bürger beklagen werden, wenn sich ab Montag in Baden-Württemberg weitere Personengruppen um einen Impftermin per Hotline oder online bemühen dürfen.
Sie ist froh, dass sie und ihre Mutter mittlerweile beide vom Hausarzt geimpft wurden und den Termin für ihren zweiten Impftermin dort haben.
Wenn dann 14 Tage danach der volle Impfschutz vorhanden sei, könne sie auf die medizinische Maske umsteigen, denn unter der FFP2-Maske bekomme sie wegen ihrer Lungenkrankheit schwer Luft. Wo FFP2-Maske verlangt werde, trage sie sie selbstverständlich. „Sonderrechte für Geimpfte halte ich für falsch, so lange nicht jeder eine Chance hatte, sich impfen zu lassen“, sagt sie.