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Fragen&Antworten

Vereinfachungen bei der Grundsteuer sind nicht abzusehen

Eigentlich müssten Grundstückseigentümer in zwei Monaten ihre Steuererklärung zu Grund und Boden einreichen. Doch die Behörden lassen Kulanz walten. Die Erinnerungen wolle man erst Anfang 2023 verschicken, sagt die Finanz-Staatssekretärin. Der Grund: das Elster-Portal.

Häuser in der Morgensonne.
Unterschiedlichste Fallsituationen: Das Land beharrt darauf, dass es für die Grundsteuer deutlich weniger Daten abfragt als andere Bundesländer. Dennoch müssen Betroffene in dem digitalen Dokument viele Seiten ausfüllen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Den Selbstversuch hat Finanzstaatssekretärin Gisela Splett schon hinter sich. Die Karlsruher Grüne gab ihre neue Grundsteuererklärung Anfang Juli ab „und fand auch nicht alles selbsterklärend“. Viele Betroffene dürfte diese Einschätzung erst recht in Wallung versetzen, weil es deutlich komplizierter und aufwändiger ist als erwartet, das digitale Formular auszufüllen.

Hans-Joachim Stephan, Leiter der Oberfinanzdirektion Karlsruhe und Vorgesetzter aller Finanzbeamten im Land, gibt auf der gemeinsamen Pressekonferenz dennoch vorsichtig Entwarnung: Aus den Rückmeldungen gehe hervor, dass das zusätzliche freigeschaltete Erklärmaterial „sehr gut angenommen wird“.

Vor allem aber kündigt Splett eine Fristverlängerung an. Erst zum Jahresbeginn 2023 würden an säumige Besitzer Erinnerungen verschickt. Bisher sind bei 5,6 Millionen neu zu bewertenden Grundstücken im Land noch nicht einmal 800.000 Erklärungen eingegangen.

Unsere Korrespondentin Brigitte J. Henkel-Waidhofer beantwortet die wichtigsten Fragen.

Warum ist das Verfahren derart kompliziert?

Journalisten erinnern Splett bei der Pressekonferenz an ihr Versprechen, in Baden-Württemberg überhaupt nur vier Informationen abzufragen: Aktenzeichen, Bodenrichtwert, Grundstücksfläche und Wohnnutzung. Tatsächlich ist das Formular aber sieben Seiten lang.

Die Finanzstaatssekretärin bleibt dabei, dass deutlich weniger Details erhoben werden als in anderen Bundesländern. Allerdings müssten mit einem einzigen Formular unterschiedlichste Fallkonstellationen abgebildet werden können, auch Eigentümergemeinschaft oder geteilte Grundstücke, das führe zu mehr Komplexität.

Sind Vereinfachungen geplant?

Stephan verweist darauf, dass inzwischen im Netz auch für 80 bis 85 Prozent dieser Konstellationen Ausfüllhilfen bereitgestellt sind, darunter ein Videoclip. „Es wäre wünschenswert gewesen“, so der Oberfinanzpräsident, „es hätte diese Hilfen ab 1. Juli gegeben, aber wir haben sehr schnell reagiert“.

Vereinfachungen sind nicht abzusehen. Bundesweiter Koordinator für das System der elektronischen Steuererklärung (Elster) insgesamt ist Bayern. Es sei neben der Grundsteuerreform die zweite große Herausforderung, „Elster einfacher zu stricken“, so Splett. Beides gemeinsam sei aber nicht zu leisten.

Warum ist das Papierformular die Ausnahme?

Die Länder haben sich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt und die digitale Bearbeitung zur Regel erklärt. Auch weil die Fehleranfälligkeit deutlich geringer ist und in den Finanzämtern die Formulare ohnehin eingescannt werden müssten zur weiteren Verarbeitung. Von Anfang an ist es nach Angaben von Splett aber für Menschen, „die nicht in der digitalen Welt unterwegs sind“, möglich gewesen, Papierformulare abzugeben: „Ein schöner Weg ist auch, sich von Angehörigen unterstützen zu lassen.“

Wie geht es weiter?

„Wir haben nie Begeisterung erwartet“, sagt die Staatssekretärin. Die Neubewertung sei aber ohne Alternative. Das Bundesverfassungsgericht hatte schon 2018 die über viele Jahre hinweg vielfach novellierten Regeln zur Grundstücksbewertung als realitätsfern beurteilt, auch weil sie „zu Wettbewerbsverzerrungen führen“. Von den 5,6 Millionen Grundstücken sind 4,6 Millionen Grundvermögen und eine weitere Million im Besitz von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben. Wer Wohnraum selbst nutzt, profitiert von einer Steuererleichterung. An der so umstrittenen digitalen Vorlage wird Splett zufolge aber festgehalten.

Denn Digitalisierung sei in allen Lebensbereichen angekommen, und deshalb werde sie in der Steuerverwaltung vorangetrieben – zum Zweck der Prozessbeschleunigung. Insgesamt sind ohnehin 500 neue Stellen nötig, um die Verfahren abzuwickeln, 120 davon bereits besetzt.

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