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Fragen & Antworten

Was das Ende der Pflicht zur Corona-Quarantäne in Baden-Württemberg bedeutet

Wer sich in Baden-Württemberg künftig mit dem Coronavirus infiziert, muss nicht mehr zwingend zu Hause bleiben. Was es mit der neuen Regelung auf sich hat und wie sie begründet wird.

Eine Person läuft in Stuttgart am Eingang eines Covid-Schnelltestzentrums vorbei.
Wer sich künftig infiziert, muss nicht mehr zwingend zu Hause bleiben, sondern kann etwa wieder zur Arbeit oder zum Einkaufen gehen. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Noch immer infizieren sich täglich mehrere Tausend Menschen in Baden-Württemberg neu mit dem Coronavirus. Dennoch sieht die Landesregierung die Zeit gekommen, den Menschen wieder mehr Eigenverantwortung im Umgang mit dem Virus zu übertragen.

Wer sich künftig infiziert, muss nicht mehr zwingend zu Hause bleiben, sondern kann etwa wieder zur Arbeit oder zum Einkaufen gehen. Dennoch appellierte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne): „Wer krank ist und Symptome hat, sollte wie bisher auch zu Hause bleiben und sich krankschreiben lassen.“

Sebastian Schlenker hat die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.

Was ändert sich genau?

Wer bei einem Corona-Schnelltest oder PCR-Test ein positives Ergebnis erhält, muss sich von diesem Mittwoch an nicht mehr zu Hause isolieren. Für Infizierte gilt stattdessen eine fünftägige Maskenpflicht außerhalb der eigenen Wohnung. Im Freien und bei einem Mindestabstand von 1,5 Metern darf darauf verzichtet werden. Kinder, die noch nicht zur Schule gehen, sind von der Maskenpflicht ausgenommen.

Was gilt für Kliniken und Heime?

Diese dürfen Infizierte auch mit Maske für mindestens fünf Tage nicht betreten. Auch wer dort arbeitet, muss draußen bleiben. Das gleiche gilt für Flüchtlingsunterkünfte und Gefängnisse.

Wie wird das begründet?

Gesundheitsminister Lucha hält die Aufhebung der Isolationspflicht „aus infektiologischer Sicht derzeit vertretbar“. Das zeigten nicht zuletzt die Erfahrungen in europäischen Nachbarländern, die diesen Schritt bereits gegangen seien, teilte der Minister mit. Zudem führte das Ministerium zurückgehende Infektionszahlen, eine wirksame Schutzimpfung sowie eine sehr hohe Basisimmunität innerhalb der Bevölkerung an. Auch dass es in der Regel keine schweren Krankheitsverläufe sowie wirksame antivirale Medikamente gebe, rechtfertigt aus Sicht des Landes den Schritt.

Wie war es bislang?

Die neue Regelung ersetzt die bislang für mindestens fünf Tage geltende Isolationspflicht. Wer nach dieser Zeit weiterhin Symptome aufwies, musste zudem bis zu zehn Tage zu Hause bleiben.

Verliert das Virus aus Sicht des Landes an Bedeutung?

Trotz der Abkehr von der Isolationspflicht betonte Minister Lucha: „Klar ist aber auch, dass wir das Coronavirus nicht einfach ignorieren dürfen.“ Persönliche Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Masken seien weiterhin wichtig, nicht zuletzt aufgrund einer derzeit zunehmenden Zahl an anderen Atemwegserkrankungen, beispielsweise der Influenza. Zugleich wies Lucha darauf hin, dass sich jede und jeder mit einer Impfung vor schweren Verläufen schützen könne.

Sind wir das einzige Bundesland, das so vorgeht?

Nein. Auch Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein gehen künftig diesen Weg. Die Bundesländer hatten zusammen mit Baden-Württemberg bereits am vergangenen Freitag angekündigt, die Isolationspflicht abschaffen zu wollen. In Bayern fällt sie ebenfalls bereits an diesem Mittwoch weg. Weitere Bundesländer dachten zuletzt darüber nach, andere lehnten einen solchen Schritt ab.

Gibt es Kritik daran?

Diese kam umgehend von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. „Das kommt jetzt zur Unzeit und findet nicht die Billigung der Bundesregierung“, teilte der SPD-Politiker mit. Er sprach von einem Fehler und warnte vor einem „Flickenteppich“ mit verschiedenen Isolationsregeln in den Bundesländern.

Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Florian Wahl, sagte zudem, die Herbstwelle sei deutlich abgeflacht, und dann könne man auch lockern. „Aber wenn ab sofort zum Beispiel coronapositive Kinder nur mit der Verpflichtung zum Tragen einer Maske über Stunden mit anderen Kindern im Klassenzimmer sitzen könnten, wäre das keine Lockerung, sondern Leichtsinn.“

Was sagen Ärzte dazu?

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, begrüßte das Vorgehen. Angesichts der zurückgehenden Infektionszahlen und überwiegend milden Krankheitsverläufen sei der Schritt medizinisch vertretbar, sagte er der „Rheinischen Post“ (Dienstag). „Isolationspflichten sind weitreichende freiheitseinschränkende Maßnahmen, die zum jetzigen Zeitpunkt unverhältnismäßig sind.“

Der Deutsche Hausärzteverband wies darauf hin, dass es die Ausnahme sei, dass ein Patient zwar einen positiven Schnelltest habe, aber keine Symptome aufweise. „Wenn also jeder mit Symptomen konsequent zu Hause bleibt, dann wird nur eine sehr kleine Zahl an Menschen von einer Änderung der Isolationspflicht auch praktisch betroffen sein.“



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