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Pro und Kontra

Sollten Fußballfans die WM in Katar boykottieren?

Das Lager der Fußballfans ist gespalten: In der BNN-Redaktion gibt es unterschiedliche Meinungen. Während bei dem einen der Fernseher ausbleibt, ist es laut dem anderen nutzlos, die WM absichtlich zu verpassen.

Boykott Katar
Klare Ansage: Vor dem Wildparkstadion hing ein Plakat mit einer eindeutigen Botschaft. Foto: Jörg Donecker

Mit der Fußball-WM in Katar beginnt in wenigen Tagen eines der größten Sportereignisse der Welt; naturgemäß ein Milliardengeschäft. Und ein Ereignis, das den Staat Katar und sein Regime der Ölmultis besonders in den Fokus rückt.

Allen voran die Menschenrechte stehen im Wüstenstaat im Zentrum der Kritik. Beim Bau der Stadien und der zugehörigen Infrastruktur wurden Dutzende Menschenrechtsverletzungen dokumentiert, Zahlen zu Tode gekommener Arbeiter werden unter den Tisch gekehrt.

Vom Regime in Katar und von der Fifa. Das stellt die Frage, wie man als Sportfan in Deutschland darauf reagiert. WM ganz normal schauen oder boykottieren? Ein Pro und Kontra.

Der Torjubel bleibt im Hals stecken.

Wenn bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar der Ball rollt, dann bin ich nicht dabei, der Fernseher bleibt aus. Und das, obwohl ich leidenschaftlicher Fußballfan bin, seit vielen Jahren eine Dauerkarte für den KSC habe und mir auch die Spiele bei Europa- oder Weltmeisterschaften sonst auf keinen Fall entgehen lasse. Doch warum dieser Boykott?

Immer wieder Thema sind Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierungen in Katar. Es gibt schockierende Berichte über mehrere tausend tote Gastarbeiter, die beim Bau der Stadien unter katastrophalen Arbeitsbedingungen ihr Leben gelassen haben, sogar von moderner Sklaverei ist die Rede.

Der Torjubel müsste also eigentlich jedem Fan im Hals stecken bleiben. Denn der Preis, den viele Menschen für die Fußballshow bezahlt haben, ist zu hoch. Natürlich wird mein Protest weder die Funktionäre des Weltfußballverbands FIFA noch das Regime in Katar in irgendeiner Form beeindrucken. Das Spektakel wird wie geplant über die Bühne gehen. Doch es geht mir jetzt darum, ein Zeichen zu setzen: gegen massive Menschenrechtsverstöße und die Vergabe des Turniers an einen autoritär regierten Staat wie Katar.

Eine WM sollte ein richtiges Fußballfest sein, ein schönes Erlebnis, bei dem fröhlich und unbeschwert die Spieler angefeuert, Fähnchen geschwenkt und Siege ausgelassen gefeiert werden können. All das ist für mich und zum Glück auch für immer mehr Fußballfans nicht nur in Deutschland während der Weltmeisterschaft in dem Emirat nicht möglich. Deshalb bleibt der Fernseher in diesem Jahr aus und das schwarz-rot-goldene Fähnchen im Schrank.

Kontra

Das Geld ist schon geflossen: Die WM nicht anzuschauen, ist nur noch ein moralgeschwängerter Scheinboykott.

214 Millionen Euro. So viel haben allein ARD und ZDF der Fifa und damit anteilig dem Staat Katar für die Übertragungsrechte der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 schon in den Rachen geworfen. Global gesehen ein Milliardengeschäft. Ein bereits getätigtes Milliardengeschäft. Das Geld fließt – so oder so – von den deutschen Rundfunkanstalten, vom Deutschen Fußballbund – der wiederum von sämtlichen Vereinen hinab bis in die Kreisliga B mitfinanziert wird. Und die deutsche Nationalelf fährt auch zur WM.

Welchen Nutzen hat es also, das Turnier nicht zu verfolgen? Im Großen und Ganzen ist es sowohl dem Regime in Katar als auch der Fifa „wurscht“, ob ein paar Leute mehr oder weniger zuschauen. Der Gelackmeierte ist und bleibt der Fußballfan, der aus Protest nicht schaut. Er hat zwar vielleicht die Moral auf seiner Seite, verpasst aber die WM, das Auftreten der deutschen Mannschaft – und schaut wahrscheinlich spätestens ab dem Viertelfinale heimlich sowieso. Schon aus diesem Grund lohnt sich ein Boykott als Fernsehzuschauer nicht.

Die Situation der Arbeiter in Katar ist verheerend, die Menschenrechtslage allgemein. Aber wen hat das bei Olympia in China interessiert? Wie viele Menschen kaufen kein Handy, weil die Situation der Minenarbeiter in Afrika, die das nötige Edelmetall aus dem Boden buddeln, mindestens genau so schlimm ist wie die der Arbeiter in Katar? Ja, das sind Dinge, gegen die man vorgehen muss. Aber nicht mit moralgeschwängerten Scheinboykotts. Wir hätten schon längst aufstehen müssen und den DFB zwingen, das Team von der WM zurückzuziehen. Vorher. Nicht jetzt, wo das Kind schon im Brunnen liegt. Das schadet nur uns als Sportfans und ändert (leider) nichts.

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