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Presse und Medien

Zeitungsverleger in Baden-Württemberg fordern fairen Wettbewerb

Sollte die Politik versuchen, die Zeitungslandschaft in Baden-Württemberg zu unterstützen? Bei einer Expertenanhörung der SPD-Landtagsfraktion gab es am Montag nur über das „Wie“ unterschiedliche Meinungen.

Wie steht es um die Pressevielfalt im Südwesten? Bei einer SPD-Anhörung stellen Verleger aus dem Land die derzeitige Situation vor und forderten einen fairen Wettbewerb.
Wie steht es um die Pressevielfalt im Südwesten? Bei einer SPD-Anhörung stellen Verleger aus dem Land die derzeitige Situation vor und forderten einen fairen Wettbewerb. Foto: Annette Riedl/dpa

Die Medienlandschaft wandelt sich rasant, nun kommen noch drastisch höhere Kosten dazu: Sollte die Politik versuchen, die Zeitungslandschaft in Baden-Württemberg zu unterstützen? Bei einer Expertenanhörung der SPD-Landtagsfraktion gab es am Montag nur über das „Wie“ unterschiedliche Meinungen.

Es gehe der Branche nicht um Subventionen, stellte der Vorsitzende des Verbandes Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV), Valdo Lehari jr., gleich zu Beginn im Landtag klar. „Wir wollen schlicht fair im Wettbewerb unsere Arbeit machen.“

Die Rahmenbedingungen seien freilich „grauenvoll schlecht“, erklärte der Geschäftsführer und Verleger des Reutlinger Generalanzeiger. „Google hat keinen einzigen Redakteur eingestellt und weigert sich bis heute, das Leistungsschutzrecht zu akzeptieren und den entsprechenden Betrag zu zahlen.“

Große Internetkonzerne als Konkurrenz der Zeitungen

Lehari verweis auf Studien, wonach die Algorithmen der großen Internetplattformen und Technologiekonzerne schon in zehn Jahren nahezu alle Medien „weggefräst“ haben werden.

Corona habe durch die beschleunigte Digitalisierung die Zeit für die Umstellung der Geschäftsmodelle verknappt und obendrein durch den Erfolg von Firmen wie Amazon die wichtige Wirtschaft vor Ort weiter geschädigt.

Hinzu kämen nun massive Preissteigerungen, allein beim Papier beispielsweise 168 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Obendrein plane die Europäische Union mit dem Medienfreiheitsgesetz zweifelhafte neue Vorgaben, die eigentlich Unfreiheitsregelungen seien.

Wir sind ohne Zweifel in einer sehr schwierigen Lage.
Valdo Lehari jun., VSZV-Vorsitzender

„Wir sind ohne Zweifel in einer sehr schwierigen Lage“, sagte Lehari, der auch von einer Existenzfrage sprach. Dabei habe die Pandemie auch gezeigt, dass die Menschen seriöse Informationen durchaus bei den Zeitungsverlagen suchten und diesen auch Anerkennung für ihre Arbeit zollten.

Das sei eine gute Ausgangsbasis: „Das Glas ist nicht halb leer, sondern halb voll.“ Am Wichtigsten seien ordnungspolitische Maßnahmen und dass die Politik endlich ins Handeln komme. „Medienpolitik muss Chefsache werden.“

Mindestlöhne führen zu weiteren Baustellen in Baden-Württemberg

Natürlich hatten die Branchenvertreter aber auch ein paar Vorschläge im Gepäck, die Geld kosten würden. So betonten die Diskutanten von Südwest-Presse-Chefredakteur Ulrich Becker bis zur Redaktionsleiterin der Geislinger Zeitung, Kathrin Bulling, beinahe unisono, dass sie angesichts der Anhebung des Mindestlohns auf eine Unterstützung der Zustellerdienste nicht länger verzichten könnten.

Chefredakteur Karsten Kammholz vom Mannheimer Morgen mahnte Politiker, sich selbst zu prüfen, ob die Art, in der sie öffentlich über Lokalmedien sprächen, Wertschätzung vermittle. „Fassungslos“ machten ihn überdies die Gehalts- und Pensionsstrukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Auch bei Medienformaten und der Berichterstattung aus dem Lokalen sah er die Öffentlich-Rechtlichen mit unfairen Mitteln kämpfen. Klaus Welzel, Chefredakteur der Rhein-Neckar-Zeitung, ergänzte, Diebstahl im Netz und unzureichend markierte Übernahmen von Inhalten gebe es nicht nur bei Privatanbietern, sondern auch bei den öffentlich-rechtlichen Programmen. Welzel warb dafür, deutlich mehr Medienkompetenz in der Schule zu vermitteln und etwa auch Geräte mit den entsprechenden Apps der Verlage dort oder in Hochschulen vorzuhalten.

Markus Pfalzgraf, Landeschef des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) , konnte sich gar ein eigenes Schulfach „Medienkompetenz“ vorstellen, für Schulpolitik seien die Bundesländer immerhin unmittelbar zuständig.

Gemeinsam mit dem Konzernbetriebsratsvorsitzenden der Medienholding Süd, Michael Trauthig, stellte er den Verlegern auch einige kritische Fragen zum eigenen Anteil an der Lage. Die Runde war sich aber letztlich einig, dass weder Reibungen mit dem SWR, noch Transparenzfragen bei familiengeführten Unternehmen den Kern des Problems ausmachten.

DJV fordert stärkere Unterstützung der journalistischen Ausbildung durch die Politik

„Unbedingt erforderlich“, fand Pfalzgraf hingegen eine stärkere Unterstützung der journalistischen Ausbildung durch die Politik. DJV und VSZV haben 2021 eine gemeinsame Medienakademie namens „Journalistische Aus- und Fortbildung Baden-Württemberg“ (JAB) gegründet. Entsprechende Förderzusagen aus dem Koalitionsvertrag habe die grün-schwarze Landesregierung bislang aber nicht umgesetzt.

Die Teilnehmer räumten in ihren Wortbeiträgen ein, dass die meisten Wünsche nur im Bund erhört werden können. Lehari ließ allerdings auch keinen Zweifel daran, dass er sich vom anwesenden SPD-Landesfraktionschef Andreas Stoch (SPD) in Berlin entsprechende Unterstützung erhofft.

Stoch und der moderierende medienpolitische Sprecher der SPD, Jonas Weber, waren die einzigen Abgeordneten, die an der Anhörung teilnahmen. Unabhängig vom Nachdenken über tragfähige Zukunftsmodelle würden definitiv kurzfristige Erleichterungen für die Branche benötigt, stellte Stoch fest.

Inhaltliche Festlegungen traf er allerdings keine, man werde dazu im Gespräch bleiben. Jonas Weber hängte die Latte höher: „Ich habe schon den Anspruch, dass wir mehr als ein Projekt hinbekommen nach dem heutigen Tag, sondern gemeinsam viele Projekte auf den Weg bringen.“

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