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Start am 15. Mai

Zensus: Warum wird das Volk schon wieder gezählt?

Elf Jahre nach der letzten Volkszählung startet am 15. Mai ein neuer Zensus. Ein Großteil der Datenerhebung findet Online statt. Dennoch werden 30 Millionen Bürger persönlich befragt. Die Politik braucht die aktuellen Daten. Was wollen die Ämter wissen?

Menschen sind in der Fußgängerzone unterwegs (Aufnahme mit Langzeitbelichtung und Wischeffekt). (zu dpa: «Die Volkszählung beginnt am 15. Mai - Vorbereitungen laufen längst ») +++ dpa-Bildfunk +++
Wegen Corona wurde der Zensus um ein Jahr verschoben. Am 15. Mai beginnt die Erhebung der Daten. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Wie viele Menschen leben in Deutschland? Und vor allem: Wo und wie leben sie? Im selbstgenutzten Eigenheim oder zur Miete, in der Stadt oder auf dem Land? Wie alt sind die Häuser und Wohnungen, wie werden sie beheizt oder gibt es Leerstand?

Antworten auf alle diese Fragen und noch viele mehr erhoffen sich der Bund, die Länder sowie die Städte und Gemeinden von der Volkszählung, die in wenigen Tagen, am 15. Mai, startet. Unser Redaktionsmitglied Martin Ferber erklärt, wie der Zensus abläuft.

Die letzte Volkszählung liegt erst elf Jahre zurück. Warum gibt es schon wieder eine?

Im Jahr 2011 fand in der gesamten EU die erste europaweite Volkszählung statt, 24 Jahre nach der letzten Datenerhebung in der alten Bundesrepublik im Jahr 1987. Die Abweichungen zwischen den offiziellen Daten in den Melderegistern und den tatsächlichen Einwohnerzahlen waren dabei zum Teil erheblich. Gleichzeitig verpflichtet die EU ihre Mitgliedsstaaten, alle zehn Jahre die erhobenen Daten zu aktualisieren. Wegen Corona konnte die für das vergangene Jahr geplante Volkszählung nicht stattfinden, sie wird nun mit einem Jahr Verspätung nachgeholt.

Was wird gezählt?

An erster Stelle steht die Erhebung, wie viele Menschen aktuell in Deutschland leben. Um das zu ermitteln, werden in einem ersten Schritt die Daten der Meldeämter abgeglichen. Da sich allerdings nicht alle Menschen bei einem Umzug ab- oder an ihrem neuen Wohnort anmelden, gibt es in den Registern sowohl Über- als auch Untererfassungen. Daher kommt es in einem zweiten Schritt zur persönlichen Befragung von ausgewählten Bundesbürgerinnen und -bürgern durch ehrenamtlich tätige Interviewerinnen und Interviewer.

Wer wird dabei befragt?

Nach Angaben von Stefan Dittrich, dem Projektleiter beim Statistischen Bundesamt in Wiesbaden, werden etwa 10,3 Millionen zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger direkt befragt, sowie etwa 300.000 Studentinnen und Studenten, die in Wohnheimen leben. Hinzu kommen rund 60.000 Leiter von Alten- und Pflegeheimen oder Gemeinschaftsunterkünften wie Flüchtlingsheimen. Deren Bewohner werden somit nicht direkt befragt.

Wie läuft die Befragung ab?

Die Interviewerinnen und Interviewer melden sich schriftlich mit einem Termin und ihren Kontaktdaten, um eventuell den Termin verschieben zu können. Nach dem Zensusgesetz sind die Angeschriebenen verpflichtet, die Fragen zu beantworten, bei einer Weigerung droht ein Zwangsgeld. Es reicht allerdings, wenn ein Mitglied des Haushalts Rede und Antwort steht. Die Befragung dauert nach den Worten Dittrichs zwischen fünf und zehn Minuten. Erfasst wird, wie viele Personen dem Haushalt angehören, ihr Alter und Geschlecht, Staatsangehörigkeit und Familienstand, zudem Bildungsgrad und ausgeübter Beruf. Nicht gefragt werden persönliche Dinge wie das Einkommen oder der Impfstatus.

Im Mittelpunkt des Zensus steht die Ermittlung des Wohnungs- und Gebäudebestands. Wie geschieht das?

In Deutschland gibt es kein zentrales Gebäuderegister, daher hat die Politik keine Erkenntnisse darüber, wie viele Wohnungen es in Deutschland gibt, wie alt diese sind, wie sie beheizt werden oder wie groß der Leerstand ist. Um das zu ermitteln, werden alle rund 23 Millionen Eigentümerinnen und Eigentümer von Wohnungen sowie die Verwalter von Wohnraum angeschrieben, einen Online-Fragebogen zu beantworten. Der Fragebogen findet sich auf der Internetseite www.zensus2022.de, mit dem Brief erhalten Sie den dafür notwendigen Zugangscode. Der Fragebogen kann mit dem Smartphone, einem Tablet oder einem PC ausgefüllt werden. Das Ausfüllen dauert nach Angaben des Statistischen Bundesamtes maximal zehn Minuten.

Was machen Wohnungseigentümer, die kein Smartphone oder Computer haben?

Wer den Fragebogen online nicht ausfüllen kann (oder will), erhält nach einer gewissen Zeit ein Erinnerungsschreiben. Diesem ist der Fragebogen in Papierform beigefügt, sodass er auch schriftlich ausgefüllt und zurückgeschickt werden kann.

Was wird bei der Gebäudezählung konkret erfasst?

Neben der Größe der Wohnung und der Nettokaltmiete werden erstmals auch das Baujahr, der Energieträger der Heizung sowie die Dauer und die Gründe eines Leerstandes erfasst. Insgesamt müssen die Eigentümer etwa zwölf Fragen beantworten.

Ist der Datenschutz gewährleistet?

Wegen des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung müssen die Behörden sicherstellen, dass bei der Auswertung der Daten keine Rückschlüsse auf konkrete Personen möglich sind. Die Erhebungsstellen in den Kommunen sind daher räumlich von allen anderen Büros getrennt, die Interviewerinnen und Interviewer sowie alle Mitarbeiter in den Statistikämtern unterliegen der Pflicht zur Geheimhaltung sowie der Schweigepflicht. Die ausgefüllten Online-Fragebögen werden nur verschlüsselt und einzelne Daten grundsätzlich überhaupt nicht weitergegeben.

Werden die Ergebnisse der Volkszählung veröffentlicht?

Das Statistische Bundesamt geht davon aus, dass nach etwa eineinhalb Jahren, also Ende 2023, alle Zahlen und Daten ausgewertet sind und veröffentlicht werden können. Auf der Grundlage der Daten ist dann möglich, den kommunalen Finanzausgleich neu zu regeln oder den Bedarf an neuen Wohnungen zu ermitteln.

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