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Dritte Corona-Welle

Armin Laschet: Gegenwind für „Brücken-Lockdown“-Vorstoß

Das Vokabular für die Bekämpfung der Corona-Pandemie ist um einen Begriff reicher: „Brücken-Lockdown“. Den fordert Armin Laschet. Doch viele fragen sich: Was meint der Mann damit eigentlich?

Armin Laschet hatte vorgeschlagen, im Kampf gegen die dritte Corona-Welle einen „Brücken-Lockdown“ zu beschließen.
Armin Laschet hatte vorgeschlagen, im Kampf gegen die dritte Corona-Welle einen „Brücken-Lockdown“ zu beschließen. Foto: Federico Gambarini/dpa

Der CDU-Vorsitzende und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet stößt mit seiner Forderung nach einem schnellen und harten „Brücken-Lockdown“ auf starke Skepsis und Ablehnung.

Zahlreiche Länderregierungschefs vor allem der SPD kritisierten, dass unklar ist, wie ein solcher Lockdown konkret aussehen soll. Daher gab es auch kaum Unterstützung für Laschets Vorstoß, die für den kommenden Montag geplante Ministerpräsidentenkonferenz auf diese Woche vorzuziehen.

Während Laschet die Debatte über schärfere Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie befeuerte, begann das Saarland am Dienstag mit einer Lockerung der Beschränkungen - trotz steigender Infektionszahlen.

Laschet hatte am Ostermontag vorgeschlagen, im Kampf gegen die dritte Corona-Welle einen „Brücken-Lockdown“ zu beschließen. Damit solle die Zeit überbrückt werden, bis viele Menschen geimpft seien. Er sei sich bei seiner Einschätzung der Lage mit vielen Länderchefs, Kanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) einig.

Am Dienstag erläuterte Laschet im ZDF-„Morgenmagazin“, es sei absehbar, „dass schon in ganz kurzer Zeit 20 Prozent, danach 30, 40 Prozent der deutschen Bevölkerung geimpft ist“. Nun solle mit einer nochmaligen „Kraftanstrengung“ die Sieben-Tage-Inzidenz auf unter 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner gedrückt werden. „Da geht es um zwei, drei Wochen.“ Dann könne man mit einer guten Teststrategie und mit neuen digitalen Möglichkeiten wie der Luca-App „hineingehen in die neue Zeit, wo man behutsam wieder öffnen kann“.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil meldete „erhebliche Zweifel“ an. Der Vorschlag lasse viele Fragen offen, sagte der SPD-Politiker. „Will Ministerpräsident Laschet die Kitas komplett samt Notbetreuung schließen? Will er die Wirtschaft ganz herunterfahren? Wie lange und mit welchem konkreten Ziel sollen die Maßnahmen andauern? Das alles ist ungeklärt.“

Ähnlich fiel die Reaktion von Berlins Regierungschef Michael Müller aus, der momentan Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist: „Herr Laschet kündigt jetzt noch mal härtere Maßnahmen an, aber welche es sein sollen, und wann dann viele geimpft sind, sodass man wieder einen anderen Weg einschlagen kann, das bleibt alles im Vagen. Und ich glaube, auf der Grundlage kann man nicht zu einer Ministerpräsidentenkonferenz zusammen kommen“, sagte der SPD-Politiker im ARD-„Mittagsmagazin“.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Schlagworte, die mehr Fragen offen lassen, als sie Antworten geben, und kurzfristig anberaumte Treffen mit nur wenig Substanz sind hier aus meiner Sicht nicht zielführend.“

Ein Vorziehen der Bund-Länder-Beratungen wurde auch in den Reihen der Union abgelehnt. „Wir hatten bei unserem letzten Treffen mit der Bundeskanzlerin vereinbart, nach Ostern am 12. April wieder zusammen zu kommen, um die Lage neu zu bewerten. Daran sollten wir auch festhalten und uns Zeit zur Vorbereitung nehmen“, sagte Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU). Bayern ist nur dann für ein Vorziehen der Gespräche, wenn alle Länder grundsätzlich zu einer Verschärfung der Corona-Regeln bereit sind, wie CSU-Generalsekretär Markus Blume am Montagabend auf „Bild live“ deutlich machte.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte dem „Spiegel“, man könne gerne jederzeit zusammenkommen. „Aber da muss auch vorher was auf dem Tisch liegen, was wir dann auch wirklich gemeinsam beschließen und vor allem auch alle umsetzen.“ Die aktuellen Wortmeldungen seien „wieder Stückwerk und von Hektik geprägt“. Hamburgs Regierungschef Peter Tschentscher (SPD) argumentierte ähnlich. Auch er plädierte über einen Sprecher dafür, die nächste Konferenz lieber gut vorzubereiten statt sie vorzuziehen.

Unterstützung erhielt der CDU-Vorsitzende von seinem Stellvertreter Thomas Strobl aus Baden-Württemberg: „Laschet liegt richtig. Jetzt ist bundesweit schnelles und konsequentes Handeln notwendig“, sagte Strobl der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Jeder Tag, an dem nicht gehandelt wird, ist ein verlorener Tag.“

Auch der Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Ralph Brinkhaus, mahnte „eine schnelle Entscheidung von Bund und Ländern“ an. „Der Vorschlag von Armin Laschet ist richtig“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Bis der Anteil der Geimpften in der Bevölkerung hoch genug ist, müssen wir für einen klar begrenzten Zeitraum mit einem Brücken-Lockdown die Gesundheit schützen und die Corona-Infektionen eindämmen.“

FDP-Generalsekretär Volker Wissing schrieb auf Twitter: „Mehr als ein Jahr Corona und der Lockdown bleibt das einzige Konzept. Das ist schon etwas peinlich für ein modernes Land.“ Die Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Alice Weidel, erklärte, ein Brücken-Lockdown sei ein „unausgegorener und undurchdachter Etikettenschwindel“.

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte bei „Welt“, Brücken-Lockdown sei ein schönes Wort aus der PR-Kiste. „Aber ich hätte gerne gewusst, was schlägt Armin Laschet konkret vor.“ Es sei alles zu begrüßen, was die Infektionszahlen runterbringe. Zuallererst zähle das Impfen dazu. „Aber ich würde als wichtigste Maßnahme, um voranzukommen, vor allen Dingen vorschlagen, dass die Union die Frage der Kanzlerkandidatur klärt. Denn ich habe den Verdacht, dass dieser Vorschlag eng damit zusammenhängt und das behindert aktuell die Pandemiebekämpfung.“

Das Saarland begann am Dienstag trotz steigender Infektionszahlen mit einem Ausstieg aus dem Lockdown. Viele Einrichtungen und Häusern durften wieder öffnen, neben der Außengastronomie zählen auch Kinos, Theater, Konzerthäuser, Fitnessstudios und Tennishallen dazu. Wer das Angebot nutzen möchte, braucht in der Regel einen negativen Corona-Schnelltest, der nicht älter als 24 Stunden sein darf.

Damit geht erstmals ein ganzes Bundesland als Corona-Modellprojekt an den Start. „Es muss uns nach einem Jahr Pandemie mehr einfallen als nur zu schließen und zu beschränken“, hatte Ministerpräsident Hans vorab gesagt. Aus der Staatskanzlei hieß es, das Saarland-Modell folge „den Beschlüssen, die gemeinsam von Bund und Ländern getroffen wurden“.

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