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Reisewarnung ausgesprochen

Aus der Traum vom Spanien-Urlaub in Corona-Zeiten

Spanien hatte sich trotz Corona als sicheres Urlaubsziel angepriesen. Jetzt erklärt die Bundesregierung fast das ganze Land einschließlich Mallorca zum Risikogebiet - und warnt vor Reisen dorthin. Das bringt Verpflichtungen für Heimkehrer. Und harte Zeiten für die Spanier.

Ein Schild am Eingang zum Strand von Cala Major weist auf die Sicherheitsmaßnahmen hin, die die Verbreitung des Coronavirus verhindern sollen.
Ein Schild am Eingang zum Strand von Cala Major weist auf die Sicherheitsmaßnahmen hin, die die Verbreitung des Coronavirus verhindern sollen. Foto: Clara Margais/dpa

Das Traumziel Spanien mit der Ferieninsel Mallorca an der Spitze ist für Urlauber aus Deutschland zu einer Gefahrenzone geworden. Fast das ganze Land gilt nun wegen wieder schnell steigender Infektionszahlen als Corona-Risikogebiet.

Noch am selben Abend gab das Außenministerium eine offizielle Reisewarnung heraus. Sie gilt für ganz Spanien mit Ausnahme der weit draußen im Atlantik liegenden Kanarischen Inseln. Eine Reisewarnung ist kein Reiseverbot, wirkt aber abschreckend und das ist auch beabsichtigt. Wer will schon riskieren, nach einem Strandurlaub in Quarantäne zu müssen oder gar eine Corona-Infektion als Souvenir mit nach Hause zu bringen.

Die Einstufung als Risikogebiet bedeutet, dass für heimkehrende Urlauber eine Testpflicht auf das Coronavirus greift. Bis das Ergebnis vorliegt, müssen sie sich in häusliche Quarantäne begeben. Eine Reisewarnung geht weiter. Sie soll die Menschen noch entschiedener davon abhalten, in bestimmte Regionen zu reisen. Und sie hat eine positive Seite für Verbraucher: Sie ermöglicht es Reisenden, Buchungen kostenlos zu stornieren. Bisher gibt es für Spanien schon Reisewarnungen für die Hauptstadt Madrid, Katalonien mit der Touristenmetropole Barcelona und die Strände der Costa Brava sowie für das spanische Baskenland und die Regionen Navarra und Aragón.

Für die spanische Wirtschaft ist die Entscheidung aus Berlin eine weitere Hiobsbotschaft. Mehr als zwölf Prozent trägt die Tourismusbranche in normalen Jahren zum Bruttoinlandsprodukt bei. Auf Mallorca liegt der Anteil sogar jenseits der 30 Prozent. Davon dürfte dieses Jahr nicht viel übrig bleiben. Und viele der landesweit 2,5 Millionen vom Tourismus abhängigen Arbeitsplätze sind in Gefahr.

Zentrales Kriterium für die Einstufung als Risikogebiet ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100 000 Einwohner gegeben hat. Über die Risikogebiete führt das bundeseigene Robert-Koch-Instituts (RKI) eine Liste, die fortlaufend aktualisiert wird. Sie umfasst derzeit etwa 130 Staaten von Ägypten über Russland bis zu den USA. Die meisten Regionen Spaniens einschließlich Mallorca liegen zum Teil weit über diesem Wert.

Die Testpflicht gilt laut Verordnung für alle, die nach Deutschland einreisen und sich „zu einem beliebigen Zeitpunkt in den letzten 14 Tagen vor der Einreise“ in einem Risikogebiet aufgehalten haben. Dabei gilt ein Land als Risikogebiet, sofern es das RKI „zum Zeitpunkt der Einreise“ auf seiner Internetseite veröffentlicht hat - dies war am Freitagabend der Fall. Aus der EU stehen aktuell auch Luxemburg, die belgische Provinz Antwerpen sowie Teile Rumäniens und Bulgariens auf der Liste der Risikogebiete. Diese Einstufung ist nicht gleichbedeutend mit Reisewarnungen, die das Auswärtige Amt für Länder ausspricht.

Der Reisekonzern Tui wird nach der Reisewarnung für fast ganz Spanien die ab Samstag geplanten Pauschalreisen dorthin absagen. Den Kunden würden Umbuchungen zu anderen Reisezielen angeboten, zum Beispiel zu den Kanarischen Inseln, wie ein Tui-Sprecher der dpa sagte. Reisenden, die bereits in den betroffenen Feriengebieten sind, biete Tui an, sie auf Wunsch früher als geplant nach Hause zu fliegen.

Während der andere frühere Corona-Hotspot Italien die Lage einigermaßen im Griff hat, kennen die Infektionszahlen in Spanien seit Wochen nur eine Richtung - nach oben. Pro Tag werden zurzeit in dem Land mit gut 47 Millionen Einwohnern fast 3000 Neuinfektionen registriert. Das ist wieder so hoch wie im April. Zum Vergleich: In Deutschland mit 83 Millionen Einwohnern waren es am Freitag 1449, auch das schon sehr beunruhigend. Der spanische Gesundheitsminister Salvador Illa kündigte deshalb am Freitag neue drastische Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus an.

Das Nachtleben werde landesweit unterbunden, das Rauchen im öffentlichen Raum verboten, wenn der Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden kann, und Alkohol dürfe nicht mehr im Freien getrunken werden, sagte der Minister nach einer Krisensitzung mit den Vertretern der Regionen in Madrid. Letzteres zielt vor allem auf die bei jungen Leuten beliebten feuchtfröhlichen Parties nachts am Strand oder in Parks. Masken werden dabei höchstens als Dekoration unterm Kinn getragen. Morgens beim Joggen liegen einige von ihnen noch am Strand und schlafen ihren Rausch aus.

Zwar werden die Behörden vor allem auch auf Mallorca nicht müde zu betonen, dass die höheren Zahlen auch eine Folge massiver Tests und die meisten Betroffenen anders als im Frühjahr viel jünger seien und keine oder nur milde Krankheitssymptome aufwiesen. Aber landesweit gibt es inzwischen über 800 lokale Ausbrüche. Auch die Zahl der Corona-Patienten in Krankenhäusern steigt wieder. Die Zahlen sind jedoch lange nicht so hoch wie im Frühjahr, als Patienten teilweise auf den Fluren starben und manche Krankenhäuser nicht mehr wussten, wohin mit den Leichen. Aber Ärzte warnen schon wieder vor einer absehbaren Überlastung.

Illa appellierte an die Bevölkerung, sich möglichst nicht mehr mit Menschen zu treffen, die nicht in ihrem Haushalt leben. Private Feiern und andere Treffen sollten zudem auf eine Teilnehmerzahl von höchstens zehn Personen beschränkt werden, betonte der Minister. In Altenheimen sollten künftig noch mehr Corona-Tests vorgenommen werden. Alle diese Maßnahmen seien mit den Regionalregierungen in Spanien abgestimmt und stellten lediglich ein „Minimum“ dar. Es stehe den Regionen frei, lokal strengere Regeln zu erlassen, betonte Illa.

Illa dankte den älteren Menschen, dass sie sich so genau an die Vorsichtsmaßnahmen hielten. „Ich möchte mich auch an die jungen Leute wenden, und sie an die Bedeutung erinnern, sich diszipliniert zu verhalten. Es ist nicht hinnehmbar, sich nicht an die Maßnahmen zu halten“, betonte Illa. „Dass das klar ist: Trinken (Alkohol) auf der Straße ist verboten“, warnte der Minister.

Für Rückkehrer aus Corona-Risikogebieten nach Deutschland gilt generell schon seit einigen Wochen, dass sie sich beim Gesundheitsamt melden und Angaben zu Symptomen und einem eventuellen Corona-Test machen müssen. Seit dem vergangenen Wochenende greift zudem eine Testpflicht bei der Heimkehr: Wer kein negatives Test-Ergebnis von kurz vor der Abreise dabei hat, muss sich nach der Ankunft in Deutschland testen lassen. Das heißt: Entweder man lässt sich noch im Urlaubsland höchstens 48 Stunden vor der Abreise testen und legt einen Negativ-Nachweis in deutscher oder englischer Sprache vor. Tests im Ausland sind aber selbst zu zahlen. Oder man lässt sich nach der Rückkehr in Deutschland testen, was bis zu drei Tage kostenlos möglich ist.

Wenn möglich, sollten sich Rückkehrer ohne Test gleich an Flughäfen, Bahnhöfen und Häfen testen lassen - oder später in anderen Testzentren und Praxen ihres Ortes. Teststellen soll man auch unter der ärztlichen Servicetelefonnummer 116 117 erfragen können. Den Test muss man nach Aufforderung des Gesundheitsamts binnen 14 Tagen nach Einreise machen - und in Quarantäne bleiben, bis das Ergebnis da ist. In der Regel dauert es laut Gesundheitsministerium 24 bis 48 Stunden.

Ein positives Ergebnis meldet das Labor direkt an das Gesundheitsamt, und man muss für bis zu 14 Tage in Quarantäne. Ein negatives Ergebnis heißt in den meisten Bundesländern, dass keine häusliche Quarantäne mehr nötig ist, wie das Bundesgesundheitsministerium erläuterte. Die Test-Bescheinigung müssen Reisende selbst ans Gesundheitsamt schicken. Falls Einreisende aus Risikogebieten auf Aufforderung keinen Test dulden, drohen Bußgelder bis zu 25 000 Euro - die Höhe soll aber verhältnismäßig festgelegt werden.

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