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Astronomische Sensation

Rätselhaftes „Monster“ im All: Forscher finden erdnächstes Schwarzes Loch

Es ist ein ruhendes „Monster“ im All: Mithilfe von Satellitendaten ist es den Forschern gelungen, das erdnächste Schwarze Loch zu finden, das einen sonnenähnlichen Stern umkreist.

Künstlerische Darstellung des Schwarzen Lochs und seines sonnenähnlichen Begleitsterns: In 1.600 Lichtjahren Entfernung von der Erde haben Wissenschaftler ein „ruhendes“ Mysterium ausgemacht.
Künstlerische Darstellung des Schwarzen Lochs und seines sonnenähnlichen Begleitsterns: In 1.600 Lichtjahren Entfernung von der Erde haben Wissenschaftler ein „ruhendes“ Mysterium ausgemacht. Foto: International Gemini Observatory/NOIRLab/NSF/AURA/J. da Silva/Spaceengine/M. Zamani

Schwarze Löcher gehören zu den rätselhaftesten Phänomenen des Universums: Es gibt schätzungsweise einige Dutzend Trillionen von ihnen um uns herum – das ist eine Zahl mit 17 Nullen – aber noch kein Mensch hat je eines mit eigenen Augen gesehen.

Naturgemäß entziehen sich die superschweren und doch vergleichsweise winzigen Objekte den gewöhnlichen Beobachtungen, weil weder Licht noch sonstige Strahlung den sogenannten Ereignishorizont verlassen können. Sie konnten deshalb lange Zeit nur indirekt nachgewiesen werden.

Schwarzes Loch ist nur 1.600 Lichtjahre von der Erde entfernt

Darum war die Aufregung vor drei Jahren so groß, als den Wissenschaftlern in der weit entfernten Galaxie M87 mithilfe von Radioteleskopen erstmals ein direkter visueller Nachweis eines unsichtbaren kosmischen Monsters mit 6,5 Milliarden Sonnenmassen gelang. Nun stellt sich heraus, dass ein weiteres mysteriöses Objekt dieser Art sich gar nicht so weit weg von der Erde befindet: „nur“ etwa 1.600 Lichtjahre im Sternbild Ophiuchus entfernt. Die Astronomen gaben ihm den Namen Gaia BH1.

Das Forscherteam um Kareem El-Badry vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und dem Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge hat kürzlich geringe Taumelbewegungen in der Umlaufbahn eines sonnenähnlichen Sterns festgestellt, die sich nur mit den Auswirkungen der Gravitation eines nicht sichtbaren Begleiters erklären lassen.

Der Stern sei etwa so weit weg vom Schwarzen Loch entfernt, wie die Erde von der Sonne und umkreise sie in 185,6 Tagen, schreiben die Astronomen in der Fachzeitschrift „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“.

Das „stellare“ Objekt Gaia BH1 gehört mit seinen zehn Sonnenmassen zu den „Leichtgewichten“ unter den Schwarzen Löchern. Es dürfte zudem „ruhen“: So werden Schwarze Löcher bezeichnet, die besonders schwer nachzuweisen sind, weil sie kein Material der benachbarten Sterne verschlucken.

Normalerweise wird die Materie bei solchen Vorgängen so stark aufgeheizt, dass messbare Jets aus Röntgenstrahlen freigesetzt werden. Die „stillen“ Löcher verschmelzen dagegen mit ihrer Umgebung. „Es gab zwar schon viele angebliche Entdeckungen solcher Systeme, aber fast alle wurden später widerlegt. Das ist der erste erfolgreiche Nachweis“, erklärte Kareem El-Badry auf der Webseite des Harvard-Smithsonian Center.

Mysteriöse Entstehungsgeschichte von Gaia BH1

Gaia BH1 birgt noch einige Geheimnisse. So gibt es bislang keine überzeugende Erklärung dafür, wie dieses Paar überhaupt entstanden ist. Denn der Vorgängerstern des Schwarzen Lochs müsste mindestens 20 Mal schwerer als unsere Sonne gewesen sein und nur einige Millionen Jahre existiert haben. Wenn sich beide Sterne gleichzeitig entwickelt haben, hätte dieser massive Stern seinen sonnenähnlichen Begleiter eigentlich schon vor seinem Wandel zum Schwarzen Loch verschlingen müssen.

Fest steht jedenfalls, dass Gaia BH1 von der Erde nur ein Drittel so weit entfernt ist wie der bisherige Rekordhalter im Sternbild Einhorn. Um dies nachzuweisen, haben die Forscher vier Monate lang die Daten aus 39 Beobachtungen der Raumsonde „Gaia“ analysiert und sie mit Messungen von sechs unterschiedlichen Teleskopen ergänzt. Das fliegende „Gaia“-Observatorium der Europäischen Raumfahrtbehörde (ESA) wurde 2013 gestartet und hat die Aufgabe, die Positionen, Entfernung und Helligkeit von etwa zwei Milliarden Himmelskörpern zu erfassen.

Hungriges Loch wächst sehr schnell

Schwarze Löcher haben sich immer wieder als faszinierende Forschungsobjekte erwiesen. Es wird heute angenommen, dass sich massereiche Exemplare in den Zentren aller großen Galaxien befinden.

Es gibt allerdings große Unterschiede. So dürfte etwa das Loch in der Mitte der Zwerggalaxie M32 etwa 100 Millionen Sonnenmassen „auf die Waage“ bringen und damit sehr viel schwerer sein als das Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße.

Im Juni 2022 wurde ein extrem „hungriges“ Loch mit einer Masse von drei Milliarden Sonnen entdeckt. Nach bisherigen Erkenntnissen verschlingt es jede Sekunde das Äquivalent einer Erde und „leuchtet“ 7.000 Mal heller als das gesamte Licht unserer Galaxie. Warum das so ist, bleibt ein Rätsel. Andere Schwarze Löcher mit vergleichbarer Größe hätten bereits vor Milliarden Jahren aufgehört, so schnell zu wachsen, berichteten die Entdecker des Phänomens bei der Australian National University (ANU).

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