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Bei Schulschließung

Fachleute: Jugendliche trifft Kontaktbeschränkung hart

In Kitas und Schulen lernen Kinder auch soziale Kompetenz. Deshalb können sich durchgreifende Anti-Corona-Maßnahmen in diesem Bereich nach Ansicht von Experten gravierend auswirken.

Schülerinnen und Schüler einer sechsten Klasse einer Schule in Kiel warten in ihrem Klassenzimmer auf den Unterrichtsbeginn.
Schülerinnen und Schüler einer sechsten Klasse einer Schule in Kiel warten in ihrem Klassenzimmer auf den Unterrichtsbeginn. Foto: Gregor Fischer/dpa

Schulschließungen und Kontaktbeschränkungen könnten aus Expertensicht vor allem Jugendliche hart treffen. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte warnte daher gleich vor mehreren negativen Folgen.

Nach Ansicht von Fachleuten seien Kinder nicht die Verbreiter (Spreader) des Coronavirus, sagte die Vizepräsidentin des Verbandes, Sigrid Peter, am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. Sie bedauerte, dass es keine einheitliche Maßgabe zum Tragen von Masken gebe. Ihr Verband empfehle dies ab sechs Jahren mit Ausnahmen für chronisch kranke und behinderte Kinder. „Wir sehen das als eine gute Option, die Beschulung, die absolut notwendig ist, weiter durchführen zu können.“

Kitas und Schulen seien Orte von Kompetenzerwerb, und zwar auch von sozio-emotionaler Kompetenz, sagte Peter. Wenn das nicht mehr gewährleistet sei, würden gerade benachteiligte Kinder enormen Risiken ausgesetzt und abgehängt. Im ersten Corona-Lockdown im Frühjahr habe man auch gesehen, dass häusliche Gewalt und Gewichtsprobleme (etwa Adipositas) zunähmen.

Bund und Länder hatten ihre Entscheidungen über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie am Montag auf kommende Woche verschoben. Die Lage an den Schulen war bei den Beratungen ein wichtiger Punkt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Abend nach einer mehrstündigen Videokonferenz, die Länder hätten sich mehrheitlich gegen zusätzliche Rechtsänderungen zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen.

Private Zusammenkünfte mit Bekannten und Verwandten sollen sich nach einem Appell von Bund und Ländern jedoch auf „einen festen weiteren Hausstand“ beschränken, das gilt auch für Kinder und Jugendliche. Auf private Feiern sollen Bürgerinnen und Bürger verzichten. In dem Papier vom Montagabend fehlte indes der ursprüngliche Vorschlag, dass sich Kinder und Jugendliche nur noch mit einem festen Freund oder einer festen Freundin in der Freizeit treffen sollen.

Generell treffen Kontaktbeschränkungen jüngere Menschen von etwa bis 35 Jahre härter als ältere, sagte die Diplom-Psychologin und Buchautorin Ulrike Scheuermann der Deutschen Presse-Agentur. „Da gibt es inzwischen auch verschiedene Studien dazu, dass generell jüngere Menschen mehr mitgenommen sind durch die Kontaktbeschränkungen.“

Und insbesondere treffe es Jugendliche. „Für jüngere Kinder ist es möglicherweise noch leichter“, sagte Scheuermann. Später sei die beeinflussende Clique entscheidend. „Bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen da ist eigentlich ja gerade diese „Peergroup“ das Zentrale, was auch zur Identitätsentwicklung beiträgt.“

Bildungsverbände hatten Bund und Länder für den Aufschub weiterer Anti-Corona-Maßnahmen an Schulen kritisiert. „Jetzt ist nicht die Zeit, vernünftige, zielführende Vorschläge vom Tisch zu wischen“, sagte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag). Sie zeigte Unverständnis darüber, dass sich Bundesländer gegen Wechselunterricht wehrten. Dieser sei für Schülerinnen und Schüler ab der Sekundarstufe I gut umzusetzen.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, hatte die Verschiebung von Beschlüssen zu weiteren Corona-Maßnahmen an Schulen ebenfalls kritisiert. „Ich habe die Befürchtung, dass die Anpassungen nun zu spät kommen werden, und warne vor Schulschließungen als letzte Konsequenz“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Dienstag).

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