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Gasversorgung in Deutschland

So voll sind die Gasspeicher aktuell, so viel Gas fließt noch aus Russland

Russland liefert deutlich weniger Gas - müssen wir im Winter frieren? Seit Beginn des Ukraine-Krieges steht die Entwicklung Deutschlands Gasreserven unter Beobachtung. Die Versorgungslage im Überblick.

(Nicht nur) Verbraucherschützer sagen: „Im Falle von Versorgungsengpässen müssen private Haushalte als sogenannte geschützte Kunden weiter mit Erdgas und anderen Energien sicher versorgt werden.“
Steht Deutschland vor einem Versorgungsengpass mit Erdgas? Die aktuellen Füllstände der Gasspeicher im Überblick. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Rund drei Monate würde der Gasvorrat in den gut 50 deutschen Gasspeichern reichen, wenn sie komplett gefüllt wären. Etwa 255 Terawattstunden Gas fassen die riesigen, unterirdischen Speicheranlagen. Damit verfügt Deutschland über die viertgrößte Gasspeicher-Kapazität der Welt.

Die Speicher leeren sich vor allem im Herbst und Winter, wenn in Deutschland die Heizperiode beginnt. Schließlich werden rund 21 Millionen Wohnungen mit Gas beheizt - fast die Hälfte des gesamten Wohnungsbestandes.

Im Frühling und Sommer, wenn der Bedarf an Gas zurückgeht, sollen die Gasspeicher wieder gefüllt werden, um für den nächsten Winter gerüstet zu sein.

Deutsche Gasspeicher derzeit zu 73 Prozent gefüllt

Derzeit wird die Speicherkapazität zu gut 73 Prozent genutzt. Damit lagert in deutschen Gasspeichern immer noch weniger Gas, als zum gleichen Zeitpunkt im langjährigen Durchschnitt.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Trotz der stark reduzierten Gaslieferungen aus Russland sind die Gasspeicher seit der zweiten Juli-Hälfte wieder deutlich schneller befüllt worden.

Aktuelle Daten für jeden einzelnen Gasspeicher sehen Sie hier auf unserer Karte:

Die Gasmenge, die derzeit in deutschen Gasspeichern lagert, reicht nicht aus, um damit über den Winter zu kommen. Sie reicht derzeit für etwa zweieinhalb Monate, sofern der Verbrauch nicht weiter zurückgeht.

Russland liefert deutlich weniger Gas

Das ist riskant. Denn mittlerweile ist die Menge des Gases, das aus Russland nach Deutschland fließt, drastisch zurückgegangen. Offiziell begründet das die russische Regierung mit einer fehlenden Turbine für die Pipeline Nordstream 1 und Wartungsarbeiten. Deutsche Politiker und Fachleute der Bundesnetzagentur vermuten allerdings eher ein politisches Manöver Russlands hinter den reduzierten Liefermengen.

Wie viel Gas aktuell aus Russland nach Deutschland fließt, sehen Sie in dieser Grafik:

Die Bundesnetzagentur bewertet die Lage derzeit als „angespannt, aber stabil“. Trotzt der gesunkenen Liefermengen sei es weiterhin möglich, die Gasreserven zu füllen. Aber: Die Bundesnetzagentur ruft ausdrücklich dazu auf, Gas zu sparen.

Gazprom-Tochter hat Gasspeicher kaum aufgefüllt

Ein Grund für die zeitweise sehr niedrige Gasreserve ist in Rehden in Niedersachsen zu finden. Dort hat ein Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns Gazprom und des österreichischen Gasspeicher-Betreibers RAG Austria einen der größten Erdgasspeicher Europas betrieben, bis er im April vorläufig von der Bundesnetzagentur übernommen wurde. Und der war lange Zeit kaum gefüllt. Wie konnte es dazu kommen?

Die Daten zeigen: Im Frühjahr und Sommer 2021 wurde der Gasspeicher in Rehden quasi nicht aufgefüllt. Ein Vorbote des Ukraine-Krieges, um Deutschland unter Druck zu setzen?

Die Initiative Energien Speichern, der Verband der deutschen Gasspeicher-Betreiber, sieht noch andere Gründe: So sei der April 2021 besonders kalt gewesen, weshalb besonders viel Gas aus den Speichern entnommen werden musste.

Hohe Gaspreise hätten es zudem unattraktiv gemacht, die Speicher über den Sommer wieder aufzufüllen. Und so blieb der Gasspeicher in Rehden einfach weitgehend leer.

Erstes Speicherziel fast erreicht

Das soll künftig nicht mehr passieren Mittlerweile hat die Bundesnetzagentur die Kontrolle über den Gasspeicher übernommen. Seitdem wird er wieder befüllt..

Das Gasspeichergesetz sieht zudem bestimmte Mindestfüllstände vor. Demnach müssen die Gasspeicher in Deutschland bis zum 1. September zu 75 Prozent gefüllt sein, zum 1. Oktober gilt ein Mindestwert von 80 Prozent. Zum 1. November müssen die Gasspeicher zu 90 Prozent gefüllt sein, zum 1. Februar noch zu 40 Prozent.

Zudem soll der Import von Flüssiggas (LNG) künftig dabei helfen, die Versorgung in Deutschland zu sichern. Bisher verfügt Deutschland über kein LNG-Terminal, das etwa per Schiff befüllt werden kann. In Wilhelmshaven befinden sich drei Flüssiggasterminals derzeit im Bau.

Kommt es zu einem Engpass bei der Gasversorgung, kommt der dreistufige Notfallplan Gas zum Einsatz. Seit Ende März galt zunächst die so genannte Frühwarnstufe, in der unter anderem ein Krisenstab die aktuelle Versorgungslage genau beobachtet.

Im Juni hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die derzeit geltende zweite Stufe, die Alarmstufe, ausrufen lassen. Wirtschaft und Verbraucher sind aufgerufen, Gas zu sparen. Gasversorger könnten zudem mit der Priorisierung bei der Belieferung beginnen. Dazu kann etwa die Versorgung einiger kommerzieller Kunden, die im Gegenzug für günstigere Preise Abstriche bei der Versorgungssicherheit gemacht haben, die Gasversorgung reduziert oder eingestellt werden.

Erst in einem dritten Schritt, der Notfallphase, übernimmt der Staat die Steuerung der Gasversorgung. Bisher ist vorgesehen, dass vorrangig kommerziellen Kunden, etwa der Industrie, der Gashahn zugedreht werden soll. Endverbraucher sollen also nicht in kalten Wohnungen sitzen müssen. Doch mittlerweile ist darüber eine Debatte entbrannt, ob diese Reihenfolge nicht besser umgekehrt werden sollte.

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