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Pro und Kontra

Urteil im Prozess Johnny Depp gegen Amber Heard: Das Ende von #Metoo?

Johnny Depp hat Amber Heard nach einem Artikel, in dem sie sich als Opfer häuslicher Gewalt bezeichnet hatte, wegen Verleumdung verklagt - und Recht bekommen. Was bedeutet das für zukünftige Opfer und die #MeToo-Bewegung?

Liefern sich einen Rechtsstreit vor Gericht: Die Ex-Ehepartner Amber Heard und Johnny Depp.
Die Ex-Ehepartner Amber Heard und Johnny Depp könnten einen Präzedenzfall gesetzt haben, wie in Zukunft mit dem Thema Häusliche Gewalt umgegangen wird. Foto: Brendan Smialowski/Pool AFP/AP/dpa

Der Verleumdungsprozess des Schauspielers Johnny Depp gegen seine Ex-Frau Amber Heard hat in den vergangenen sechs Wochen vor allem die Nachrichten in den Sozialen Medien geprägt.

Etwas mehr als zehn Millionen Dollar sprach die Jury nun dem Hollywood-Star nach der medialen Schlammschlacht mit vielen schockierenden und pikanten Details zu. Den Missbrauchsvorwürfen der Schauspielerin wurde kein Glauben geschenkt.

Auch die Öffentlichkeit stand zu einem großen Teil auf der Seite von Johnny Depp. Was das Urteil für die #MeToo-Bewegung und die Opfer häuslicher Gewalt in Zukunft bedeutet, darüber sind sich unsere Autorinnen uneins.

Die verheerende Lektion lautet: Am Ende gewinnt der Mann mit dem Geld.

Die Sache scheint klar. Auf der einen Seite die geldgierige, psychisch instabile Lügnerin. Auf der anderen der geliebte Hollywood-Star, der beteuert, niemals Hand an seine Ex-Frau gelegt zu haben. Alkoholkrank und drogenabhängig zwar, aber so ist das eben bei diesen Stars.

Wochenlang bekommt die Öffentlichkeit Schnipsel des Prozesses vorgespielt. Auf Instagram sind es zusammengeschnittene Szenen, die Amber Heards angebliche Lügen überführen. Auf Tiktok wird ein Audio-Zitat Heards zum Hintergrund für Videos, in dem junge Männer so tun, als würden sie einer Frau ins Gesicht schlagen. Auf der Verkaufsplattform Etsy kann man Tassen und T-Shirts mit Amber Heards weinendem Gesicht kaufen.

Wen interessiert da, dass in vorangegangenen Gerichtsverfahren befunden wurde, dass ein Großteil der Fälle von häuslicher Gewalt von Seiten Johnny Depps gegen seine Ex-Frau passiert sind. Dass Heard Berge an Beweisfotos, -nachrichten und Zeugen hat. Oder dass Depp in einer SMS davon sprach, Amber Heard zu verbrennen und anschließend Sex mit ihrer Leiche zu haben, „um sicherzustellen, dass sie tot ist“.

Dieses Urteil ist ein herber Rückschritt für die #MeToo-Bewegung. Frauen werden sich in Zukunft noch genauer überlegen, ob sie von sexueller Gewalt erzählen - sogar anonym.

Die verheerende Lektion lautet: Am Ende gewinnt der Mann mit dem Geld. Er kontrolliert das Narrativ und die öffentliche Meinung. Und wer die Kontrolle hat, der weiß, wie die Dinge ausgehen. Während Amber Heard im Gerichtssaal dem Urteil lauschte, war der Schauspieler längst auf Feiertournee.

Kontra

Eine Vorverurteilung ist doch genau das, wogegen auch Frauen tagtäglich ankämpfen.

In Gerichtsprozessen soll die Wahrheit herausgefunden werden. Wer genau vor dem Richterpult steht, ist da unwichtig. Und ob ein Mann oder eine Frau für Gerechtigkeit kämpft ebenso.

Zum Glück (!) sollte bei einem Prozess zwischen zwei Privatpersonen nicht beachtet werden, welches Signal ein Urteil sendet. Andernfalls hätte jemand mit Y-Chromosom beim Thema häusliche Gewalt kaum eine Chance auf Gerechtigkeit.

Natürlich bedarf es bei Angelegenheiten wie diesen besonders viel Fingerspitzengefühl. Und natürlich sollte niemand die Augen davor verschließen, dass es viel zu vielen Frauen, die Schreckliches erleiden mussten, sehr schwer gemacht wird.

Jedoch tut man der #MeToo-Debatte mit Sicherheit keinen Gefallen, wenn jeder Vorwurf der häuslichen Gewalt ungeprüft akzeptiert wird. Eine Vorverurteilung ist doch genau das, wogegen auch Frauen tagtäglich ankämpfen.

Im Fall der toxischen Beziehung zwischen Amber Heard und Johnny Depp wird wohl vieles für immer im Dunkeln bleiben. Dass man keinen von beiden als Unschuldslamm bezeichnen kann, ist klar.

Was man aber ebenso mit Sicherheit sagen kann: Einige von Heards Anschuldigungen waren falsch. Geschadet hat sie mit ihnen nicht nur Depp, sondern auch allen Frauen da draußen, die unter ihren Peinigern leiden mussten.

Die #MeToo-Debatte profitiert trotzdem von dem Prozess. Denn er zeigt allen Ungläubigen, die sich verächtlich zu etlichen mutigen Frauen äußern: Nicht jeder wird blind geglaubt. Die unzähligen Urteile gegen viele Männer haben einen Grund.

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