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Karlsruhe

Krieg überschattet Versammlung des Weltkirchenrats

Elf Menschen aus der Ukraine sind zum Treffen des Weltkirchenrats nach Karlsruhe gekommen und werden dort mit Applaus begrüßt. Der Krieg wird ein zentrales Thema.

Bis zum 8. September debattieren die Kirchenvertreter bei der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen zu verschiedenen Themen. Darüber hinaus gibt es viele Anlässe für gemeinsame Gebete.
Bis zum 8. September debattieren die Kirchenvertreter bei der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen zu verschiedenen Themen. Darüber hinaus gibt es viele Anlässe für gemeinsame Gebete. Foto: Uli Deck/dpa

Überschattet vom Krieg in der Ukraine hat die erste Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Deutschland begonnen – eine Gemeinschaft von rund 350 christlichen Kirchen, die weltweit mehr als 580 Millionen Menschen vertreten.

In Karlsruhe tagen bis zum 8. September über 4000 Christen und Christinnen verschiedener Strömungen aus aller Welt, um richtungsweisende Entscheidungen für ihre weitere Arbeit zu treffen.

Dabei wolle man auch eine Plattform sein, damit Ukrainer und Russen miteinander sprechen können, sagte ÖRK-Generalsekretär Ioan Sauca. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnte in einer Rede, Dialog dürfe nicht auf fromme Wünsche beschränkt und im Ungefähren bleiben, sonst werde er schlimmstenfalls zur Bühne für Rechtfertigung und Propaganda. „Dialog muss Unrecht zur Sprache bringen, muss Opfer benennen ebenso wie die Täter – und ihre Erfüllungsgehilfen.“

Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche

Steinmeier forderte Christen auf, der russisch-orthodoxen Kirche bei ihrer Haltung zum Ukraine-Krieg Paroli zu bieten. „Auf einen schlimmen, ja geradezu glaubensfeindlichen, blasphemischen Irrweg führen zurzeit die Führer der russisch-orthodoxen Kirche ihre Gläubigen und ihre ganze Kirche.“ Patriarch Kirill hatte mehrfach das Vorgehen von Präsident Wladimir Putin verteidigt. An dem Kongress nehmen auch Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche teil.

Steinmeier sagte, er erwarte von der Versammlung, dass den Vertretern der russisch-orthodoxen Kirche beim Kongress „die Wahrheit über diesen brutalen Krieg und die Kritik an der Rolle ihrer Kirchenführung nicht erspart bleiben wird“. Auch elf Ukrainer nehmen laut ÖRK-Generalsekretär Sauca teil.

Sauca sagte, der Krieg werfe einen Schatten auf die Versammlung. „Das ist eine große offene Wunde für uns alle.“ Der ÖRK habe das Vorgehen Russlands früh Angriffskrieg genannt und gefordert, das Töten einzustellen. „Hier haben wir ganz klare Kante gezeigt.“

Russische Kirchenvertreter reagierten empört auf Steinmeiers Kritik. Dessen Vorwürfe seien durch nichts belegt, sagte Metropolit Antoni, Leiter der Abteilung für Außenbeziehungen der russisch-orthodoxen Kirche. Steinmeier ignoriere alle humanitären Anstrengungen des Moskauer Patriarchats „im Kontext des Konflikts in der Ukraine“. „Das war öffentlicher Druck, der fast einer Drohung gleichkam“, kritisierte der Metropolit von Klin, Leonid.

„Christi Liebe duldet keinen Angriffskrieg“

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, hofft auf ein klares Zeichen für Frieden von der Versammlung: „Christi Liebe duldet keinen Angriffskrieg“, sagte sie in ihrem Grußwort.

Die Delegierten in Karlsruhe wollen sich aber nicht nur mit dem Krieg befassen. Die christliche Gemeinschaft müsse neu zusammenfinden und sich zu wichtigen gesellschaftlichen Themen positionieren, sagte Sauca und nannte Klimagerechtigkeit, Rassismus und Hungersnot als Beispiele. „Menschen sterben“, betonte er. „Karlsruhe wird ein neuer Anfang sein.“ Die Beschlüsse bestimmten die Arbeit des ÖRK. Sauca sprach daher von einer „Zusammenkunft von historischer Bedeutung“. Bischöfin Petra Bosse-Huber von der EKD sagte, vielleicht sei die ÖRK-Vollversammlung nie wichtiger gewesen als in dieser Zeit.

Kampf gegen Antisemitismus

Ein anderes strittiges Thema ist ein israelkritischer Antrag der anglikanischen Kirche von Südafrika. „Wir lehnen alle Formen von Antisemitismus ab, verurteilen sie und prangern sie an“, sagte Sauca. Bundespräsident Steinmeier sagte: „Es zählt zu den großen aktuellen Aufgaben der christlichen Kirchen in aller Welt, dem Antisemitismus zu wehren.“ Er bleibe eine Hassideologie mit Vernichtungsgeschichte.

Im ÖRK sind orthodoxe, anglikanische, baptistische, lutherische, methodistische und reformierte sowie unabhängige Kirchen vertreten. Er beschreibt die Vollversammlung als „umfassendste Zusammenkunft von Christinnen und Christen weltweit“. Die katholische Kirche ist kein ÖRK-Mitglied. Sie nimmt nur als Gast an der Vollversammlung teil.

Die Vollversammlung ist das höchste Entscheidungsgremium und findet in der Regel alle acht Jahre statt. Das Motto für die elfte Ausgabe lautet: „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt.“

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