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„Krähenfüße“ und Nagelbretter

Polizei räumt Barrikaden im Hambacher Forst

Eigentlich ist der Konflikt um den Hambacher Forst entschärft: Der Wald zwischen Köln und Aachen soll erhalten bleiben. Doch die Räumung von Aufbauten durch die Polizei ist für die Kohle-Gegner eine Provokation.

Ein Braunkohlebagger steht im Tagebau Hambach. Im Vordergrund ist der Hambacher Wald zu sehen.
Ein Braunkohlebagger steht im Tagebau Hambach. Im Vordergrund ist der Hambacher Wald zu sehen. Foto: Henning Kaiser/dpa

Die Polizei hat bei einem größeren Einsatz im Hambacher Forst mehrere Aufbauten auf Wegen in dem Wald beseitigt. Das Ziel der Aktion sei damit grundsätzlich erreicht worden, teilte ein Polizeisprecher mit.

Die Wege durch den Wald müssten frei gehalten werden, da dieser sonst für Streifen- oder auch Rettungswagen nicht mehr passierbar sei. Den Angaben zufolge waren mehrere Hundertschaften im Einsatz. Kohle-Gegner verurteilten die Aktion als unnötige Provokation. Die Barrikaden stellten für niemanden eine Gefahr dar.

Die Polizei berichtete von einigen kleineren Zwischenfällen. Zwei Frauen, die „mehrfach ausgesprochenen Platzverweisen“ nicht nachgekommen seien, seien in Gewahrsam genommen worden. „Eine Frau leistete bei ihrer Identitätsfeststellung Widerstand und versuchte, einen Polizisten zu beißen. Der Beamte blieb unverletzt“, teilte die Polizei mit. Auf dem Weg zur Wache hätten beide zudem das Transportfahrzeug der Polizei verunreinigt. Wie eine Sprecherin sagte, geht die Polizei davon aus, dass es Exkremente waren.

Mehrere Vermummte hätten zwei Polizeifahrzeuge während der Fahrt mit Steinen und Holz beworfen. „Zudem bewarfen Unbekannte Mitarbeiter von RWE mit Böllern.“ Verletzt wurde niemand, an den Fahrzeugen entstand Sachschaden. RWE-Mitarbeiter waren nach Angaben der Polizei an der Aktion beteiligt, weil die Beamten selbst nicht über entsprechende Fahrzeuge und Gerätschaften zum Abbau der Holzkonstruktionen im Wald verfügten. Die Leistungen des Konzerns würden der Behörde in Rechnung gestellt.

Der Wald war 2018 zum Symbol des Kampfes zwischen Klimaschützern und Kohlebranche geworden. Die Polizei hatte aber von Beginn an betont, dass es nicht um die Räumung von Baumhäusern gehe. Waldbesetzer hätten aber teilweise bis zu 15 Meter hohe Strukturen aus Baumstämmen mit Plattformen auf den Waldwegen errichtet. Dies könne die Polizei nicht hinnehmen, da die Wege für Einsatzfahrzeuge frei bleiben müssten.

Entfernt wurden Polizeiangaben zufolge mehrer Barrikaden. Auch verstreute „Krähenfüße“ sowie ausgelegte Nagelbretter seien eingesammelt worden. Die Beamten entdeckten eigenen Angaben zufolge auf einem Weg auch eine kleine Gedenkstätte für den gewaltsam getöteten schwarzen US-Amerikaner George Floyd. Diese habe aber stehen bleiben können, da sie kein Hindernis darstelle.

Das Anti-Kohle-Bündnis „Ende Gelände“ kritisierte den Polizeieinsatz. „Das sieht nach einem typischen Fall von polizeilicher Schikane aus“, sagte Sprecherin Ronja Weil. „Wir solidarisieren uns mit den BesetzerInnen“. Auch wenn im Rahmen des Kohle-Kompromisses die Erhaltung des Waldes vereinbart worden sei, bleibe seine Zukunft gefährdet. „Ende Gelände“ ist nicht an der Besetzung des Waldes beteiligt, unterstützt die Waldbewohner aber.

Der Hambacher Forst hatte ursprünglich für den Braunkohle-Tagebau gerodet werden sollen. In einem der größten Polizeieinsätze der nordrhein-westfälischen Geschichte wurde das Waldstück im Herbst 2018 geräumt. 86 Baumhäuser wurden zerstört. Schließlich verständigten sich Bund, Länder und Energiekonzerne Anfang dieses Jahres im Zuge der Kohle-Einigung darauf, dass der Wald doch erhalten bleiben soll.

Aktivisten leben weiterhin im Forst. Die Zahl schwankt nach Polizeiangaben stark, es sollen ungefähr 100 Personen sein. Sie kämen aus einem breiten politischen Spektrum, unter anderem aus der anarchistischen und aus der Umweltszene. Die Waldbesetzer haben an die 100 neue Baumhäuser errichtet.

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