Skip to main content

Beliebte Tradition

Woher kommt der Kult um den Weihnachtsbaum?

Er ist allseits beliebt, der geschmückte Weihnachtsbaum. Viele ahnen aber nicht, dass er früher durchaus umstritten war. Katholiken spotteten über den Weihnachtsbaum der Protestanten. Und auch Adam und Eva spielten eine Rolle.

ILLUSTRATION - Die zehnjährige Josefine schmückt am 23.12.2013 in Hamburg einen Weihnachtsbaum. Foto: Bodo Marks/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++
Der geschmückte Weihnachtsbaum gehört in vielen Familien selbstverständlich zum Fest. Doch noch vor wenigen hundert Jahren spaltete der Brauch die Deutschen. Foto: Bodo Marks picture alliance / dpa

Es war der deutsche Dichterfürst höchstpersönlich, der dem Weihnachtsbaum schon früh ein Plätzchen in der Literatur einräumte: Johann Wolfgang von Goethe. In seinem Selbstmörder-Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ von 1774 schildert er, wie der tragische Held am Sonntag vor dem Fest seine geliebte, aber unerreichbare Lotte besucht.

„Sie beschäftigte sich, einige Spielwerke in Ordnung zu bringen, die sie ihren kleinen Geschwistern zum Christgeschenke zurechtgemacht hatte“, heißt es in der Szene. „Er redete von dem Vergnügen, das die Kleinen haben würden, und von den Zeiten, da einen die unerwartete Öffnung der Tür und die Erscheinung eines aufgeputzten Baumes mit Wachslichtern, Zuckerwerk und Äpfeln in paradiesische Entzückung setzte.“

Äpfel und das Paradies – das Bild von Adam und Eva unterm Baum der Erkenntnis drängt sich da sofort auf. In der biblischen Weihnachtsgeschichte von Jesu Geburt allerdings fehlt der Hinweis auf einen Baum. Im Koran wird man eher fündig. Eine Dattelpalme spielt dort eine tragende Rolle, als Maryam, wie Maria im Arabischen heißt, ihren Sohn Isa (Jesus) gebärt: „Als die Wehen einsetzten, sagte sie, während sie sich an den Stamm der Palme lehnte: ,Ich wünschte, ich wäre tot und völlig in Vergessenheit geraten‘.“

Weihnachtsbaum entstand aus religiösen und heidnischen Bräuchen

Es gilt heute als gesichert, dass eine Melange an religiösen und heidnischen Bräuchen zur Begeisterung für den festlich dekorierten Weihnachtsbaum führte. Immergrüne Nadelbäume galten schon in der Antike als Symbole des Lebens und der Fruchtbarkeit. Die Römer huldigten zur Wintersonnenwende mit geschmückten Bäumen dem Sonnengott.

In den christlichen Kirchen wurde es im Mittelalter üblich, biblische Szenen nachzuspielen. Und wer steht am 24. Dezember im Heiligenkalender? „Adam und Eva, die ersten Menschen.“ Der Baum mit dem Apfel als verbotene Frucht der Erkenntnis tauchte also zur Weihnachtszeit in den Gotteshäusern auf – und eroberte nach und nach auch die weltlichen Räume.

Freiburger Bäcker sollen schon anno 1419 angefangen haben, Bäume zu schmücken. Aus Straßburg sind Weihnachtsbaumverkäufe aus den 1530er-Jahren belegt. Handwerkszünfte verbreiteten den Kult um den Christbaum in deutschen Landen. Äpfel, Nüsse und Backwaren baumelten an den Tannen, zum Vergnügen der Kinder, die davon naschen durften.

Strittige Frage zwischen Katholiken und Protestanten: Krippe oder Weihnachtsbaum?

In privaten Wohnstuben hielt der Weihnachtsbaum ab dem 17. Jahrhundert allmählich Einzug. Wachskerzen setzten sich nur langsam durch. Üppig „aufgeputzte“ Christbäume wie bei Goethes „Werther“ waren eher bei den Reichen und Privilegierten üblich – und vor allem bei den Protestanten.

Die katholischen Familien bevorzugten zum hohen Fest eine Krippe mit geschnitztem Jesuskind – und spotteten über die „Weihnachtsbaum-Religion“ der Luther-Anhänger.

Doch solche ideologischen Trennlinien verwischten. Im 19. Jahrhundert wurde der geschmückte Nadelbaum schlicht zur deutschen Tradition. Krippe oder Baum? Da entschieden immer mehr Familien: beides.

Weihnachtsbaum im Vatikan: Der Papst machte erst 1982 mit

Auswanderer exportierten den Christbaum schließlich nach Amerika. Weltweit hat der Brauch heute Anhänger. Der Vatikan allerdings blieb lange standhaft. Papst Johannes Paul II. ließ im Jahre 1982 zum allerersten Mal eine geschmückte Weihnachtstanne auf dem Petersplatz in Rom aufstellen.

Gläubige und ungläubige Deko-Fans probten da schon längst alljährlich den Sündenfall: Ob Lametta, neonfarbene Glitzerkugeln oder blinkende Lichterketten – im Auge irgendeines Betrachters verstößt jede Christbaum-Modewelle gegen das Gebot des guten Geschmacks.

nach oben Zurück zum Seitenanfang