Skip to main content

Pandemie-Witze

Wie uns Humor durch die Corona-Krise hilft

Mal artig, mal bitterböse: Während der Pandemie häufen sich die Corona-Witze. Warum uns Humor hilft, Krisenzeiten zu meistern und die Angst zu besiegen.

Happy laugh. Portrait of young caucasian woman with emotion on her protective face mask isolated on studio background. Beautiful female model. Human emotions, facial expression, sales, ad concept.
Triste Zeiten sind nur mit ganz viel Humor zu ertragen: Seit Corona unser Leben bestimmt, drehen sich viele Witze und Karikaturen um das Virus. Die freundlich bemalte Maske lässt uns lächeln. Foto: master1305/Adobe Stock

Wofür einstige Hitparaden-Klassiker doch alles gut sind. Es war in den späten 1970er Jahren, als die US-amerikanische Rockband The Knack „Ooh my little pretty one“ trällerte. Der fetzige Song mit dem eingängigen Gitarrenriff war so erfolgreich, dass „My Sharona“ die Spitze der amerikanischen Charts stürmte.

Wer nun glaubt, die Karriere der Hitsingle sei damit beendet gewesen, liegt daneben. Was sich damals wie geschnitten Brot verkaufte , setzt sich auch im 3. Jahrtausend in den Gehörgängen fest – wenn auch in leicht abgeänderter Form. Bei einem gewissen Chris Mann, der es immerhin mal auf einen vorderen Platz beim Sangeswettbewerb „The Voice“ geschafft hat, wird aus der lieblichen Sharona kurzerhand das garstige Corona, aus dem Lovesong ein Klagelied über das Leben in Pandemiezeiten.

Die volle Ladung zu Abstandsregeln und Maskentragen ist für den Singer-Songwriter jedenfalls aufgegangen. Fast acht Millionen Mal wurde die Parodie auf YouTube angeklickt, „Part Two“ ein Jahr später brachte es noch auf 320.000 Klicks.

Manns Beitrag zu Jux und Ironie zeigt eines: Triste Zeiten sind nur mit Humor zu ertragen, weshalb sich Komiker, Kabarettisten und YouTube-Jünger in den vergangen 20 Monaten mit Beiträgen überschlugen haben.

Das Netz ist voll mit Witzen und Clips über den unförmigen Winzling mit den langen Stacheln, dessen Angriffslust – bei gleichzeitiger Wandlungsfähigkeit – uns Menschen das Fürchten gelehrt hat. Mal muss Jens Spahn Maßanzug und Krawatte ablegen, um mit verschwitztem Achselhemd und überdimensionierter Spritze in „Stirb langsam“-Manier gegen den unsichtbaren Feind vorzugehen; mal greifen Virus-Geschädigte auf den „Star Wars“-Bösewicht Darth Vader zurück: trägt eine Maske, ist sozial distanziert und folgt Anweisungen. Wer so handelt wie der ewig röchelnde Sternenkrieger, muss sich vor Ansteckung nicht fürchten.

Corona-Witze: Das Internet dominiert den Klamauk

Dem Münchner Wortvirtuosen Karl Valentin wären in solch dunklen Zeiten wohl Botschaften wie diese eingefallen: „Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es schon ist“ – nicht ahnend, wie sehr sich seine Landsleute in der Dauerschleife nach dem Motto „Und täglich grüßt das Murmeltier“ verfangen werden.

Die Dominanz des Internets in Sachen Brachialklamauk konnte er nicht ahnen. Keine WhatsApp-Gruppe, in der kein Gedöns um den Widerling gemacht wird; kein Facebook, kein Twitter, kein Tiktok, das ohne Corona-Tamtam auskommt.

Nahmen Komiker zu Beginn der Pandemie noch die Klopapier, Hefe und Nudeln hamsternden Deutschen aufs Korn – während sich der stets paarungsbereite Franzose mit einer Großpackung Kondomen und literweise Rotwein eindeckte -, spricht sich ein Kolumnist heute für eine Corona-Lotterie statt sündteurem Jahreslos mit Sofortrente aus – wobei er augenzwinkernd mit der Irrationalität solcher Pandemiebekämpfungsmaßnamen schäkert.

Dieses Jahr ist das erste Mal, dass ich aufgrund von Corona nicht auf die Malediven fliegen kann. Die vergangenen Jahre war es sonst immer wegen des Geldes.

Die Dichte an Posts, die sich mal artig, mal bitterböse mit dem viralen Bösewicht auseinandersetzen, entspricht der Kurve an Infektionen: Als die Zahl der Erkrankungen ungebremst anstieg, wurden auch die Witze mehr. Dann flachten beide Kurven gemeinsam ab. Scheinbar hat auch der ironische Umgang mit Covid-19 einen Reproduktionsfaktor.

„Kinder lachen mindestens 400 Mal am Tag“, weiß Mediziner, Kabarettist und TV-Moderator Eckart von Hirschhausen – oft so ausgiebig, dass sie sich beinahe in die Hose machen. Manchem Erwachsenen dagegen bleibt selbst beim größten Klamauk auf der Leinwand das Lachen im Halse stecken.

Warum das so ist, versucht das Deutsche Humorinstitut in Leipzig zu ergründen. Die Damen und Herren der ziemlich einmaligen Einrichtung haben Humor, weshalb der Anrufbeantworter entsprechend instruiert wurde: „Das Humorinstitut befindet sich auf humorvoller Dienstreise. Bei tagesaktuellem negativem Corona-Schnelltest können Sie uns eine Nachricht hinterlassen“, bekommen Auskunftswillige zu hören.

Witze über eine Krankheit - ist das in Ordnung?

Doch darf man über eine Krankheit Witze reißen, die für Millionen weltweit tödlich endete? Eindeutig ja, auch wenn – wie so oft - die richtigen Worte am richtigen Ort zur richtigen Zeit entscheidend sind. Als der chinesische Dissident Ai Weiwei folgenden Witz auf Instagram veröffentlichte

„Das Coronavirus ist wie die Pasta. Die Chinesen haben sie erfunden und die Italiener haben sie verbreitet“, kam das zwischen Südtirol und Sizilien gar nicht gut an – angesichts der grauenhaften Bilder aus Bergamo mehr als verständlich. Und mancher Corona-Geschädigte ist ziemlich verschnupft, wenn ein Gastronom aus dem Achertal die 3G-Regeln flapsig als „gebraut, gezapft und getrunken“ interpretiert.

Meine Oma: Das Gute an der Maskenpflicht ist, dass man auch mal ohne Zähne aus dem Haus kann.

Die Beispiele zeigen: Humor ist so individuell wie ein Fingerabdruck. Was der eine gerade noch toleriert, stößt dem anderen bitter auf. Für den Züricher Soziologen Jörg Rawel ist die Fähigkeit, Katastrophen und Missgeschicken mit heiterer Gelassenheit zu begegnen, eine Art sozialer Klebstoff.

„Humor kann Gemeinschaft schaffen – im besten, wie im schlechtesten Sinne“, so der Buchautor. Gemeinsam lachen zu können, sagt seiner Meinung nach viel darüber aus, welche Werte und Perspektiven die Protagonisten teilen. Das schweißt zusammen. Studien belegen, dass Menschen, die nicht als Griesgram durchs Leben gehen wie Mr. Srooge in Charles Dickens’s Weihnachtgeschichte, zufriedener mit dem eigenen Dasein sind.

Humor hilft Krisen zu meistern

Dass Humor uns helfen kann, Krisen besser zu meistern, ist vermutlich eine universelle menschliche Konstante. Der Blick zurück zeigt: Wenn sich historische Ereignisse überstürzen, braucht es ihn als eine Art Bewältigungsstrategie gegen das kollektive Trauma. Das war schon so während der Cholera-Epidemie in Frankreich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts; das wiederholte sich während der Spanische Grippe. Der große Unterschied zu heute: Die satirischen Schnipsel gehen dank Internet viral und erreichen ein Millionenpublikum.

Wir brauchen den Humor immer dann, wenn wir nicht in der Lage sind, Dinge zu ändern.
Kareen Seidler, Deutsches Humorinstitut in Leipzig

„Wir brauchen den Humor immer dann, wenn wir nicht in der Lage sind, Dinge zu ändern“, betont Kareen Seidler, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Pressesprecherin des Leipziger Institutes. Für sie erfüllt der Humor eine Art Ventilfunktion: Die Pandemie von der komischen Seite zu betrachten, nehme ihr ein Stück weit die Bedrohlichkeit. Lachen über etwas, nicht über jemanden, schaffe Distanz.

Die wiederum lässt offenbar Unabwendbares, Naturgegebenes weniger bedrohlich erscheinen. Der amerikanische Schriftsteller Bruce Jay Friedmann, der den Begriff „schwarzer Humor“ erfunden haben soll, formulierte es so: die „sarkastische Betonung des Absurden, die uns lachen lässt, damit wir nicht weinen müssen.“

Sollten Sie das Gefühl haben, ihr Humorpegel sei noch steigerungsfähig oder eine Stimmungsaufhellung sei vonnöten, dann gibt es im Internet ein großes Angebot an Online-Lachkursen. Oder der Hilfe suchende ruft einfach beim Lachtelefon an,das zwölf Stunden am Tag erreichbar ist. Denn Lachen ist bekanntlich die beste Medizin.

nach oben Zurück zum Seitenanfang