Nach einem langen Anstieg geht es steil bergab. Die Wagen rattern den Abhang hinab, legen sich in die Kurve – und im ersten Korkenzieher hebt sich der Mageninhalt kurz an. Noch schnell über einen kleinen Hügel in einen Looping und dann zurück in die Station. Nur das Kniewackeln nach dem Aussteigen aus der Achterbahn fehlt in der Simulation „Planet Coaster“.

Eine eigene Achterbahn zu bauen, bleibt in der Realität für die meisten wohl ein weit entfernter Traum – „Planet Coaster“ von Frontier Developments macht es zumindest virtuell möglich. Das Computerspiel bedient eine seit Jahren vernachlässigte Nische im Bereich der Wirtschaftssimulationen: Freizeitparks. Spieler bauen und managen einen Vergnügungspark und gestalten dessen Fahrgeschäfte und das Drumherum bis ins letzte Detail. Das fängt beim Platzieren der Wege an und geht über die Gestaltung der Warteschlangenbereiche bis hin zum Bau der eigentlichen Achterbahn.
Paradies für Detailverliebte
Die Entwickler haben sich vor allem zum Planen von Gebäuden ein interessantes System ausgedacht. Statt einfach nur vorgefertigte Häuser hinzusetzen, können Spieler jede einzelne Wand, jedes Fenster und jedes Licht selbst setzen, einfärben und verschieben. Das ist in der Steuerung mitunter etwas fummelig und zeitraubend, gibt kreativen Köpfen aber unendlich viele Möglichkeiten.
Auch die Achterbahn, das Herzstück des Parks, wird modular gebaut. So entstehen wilde Fahrten voller steiler Abfahrten, Loopings und Korkenzieher. Alternativ baut man ruhige Kinder-Achterbahnen oder Dunkelfahrten mit atmosphärischem Licht, Soundeffekten und animierten Figuren. Wer will, kann jedes Fahrgeschäft anschließend selbst testen. Die Entwickler denken sogar über den Einsatz von virtueller Realität für „Planet Coaster“ nach: So lässt sich der eigene Freizeitpark in Zukunft womöglich per VR-Brille erkunden.

Neben dem Aufbau ist auch das Management ein wichtiger Aspekt von „Planet Coaster“. Hier haben Spieler enorme Gestaltungsmöglichkeiten. Sowohl für den Park als auch für die einzelnen Fahrgeschäfte lässt sich der Preis festlegen. Gleichzeitig wollen die Mitarbeiter angemessen bezahlt und Karussells von Technikern inspiziert werden. Und sogar die Menge des Ketchups und der Gürkchen auf dem Burger lassen sich einstellen.
Da hüpft die kosmische Kuh
Detailverliebtheit und Humor der Entwickler spiegeln sich auch in den Marken wieder, die sie für „Planet Coaster“ entworfen haben. Neben dem „Chief Beef“-Burgerstand gibt es etwa die „Cosmic Cow“-Milchshakes oder Soft- und Energydrinks von „Gulpee“. Für jeden Stand gibt es diverse Schilder und Werbemittel, die man im Park platziert. „Cosmic Cow“ bringt sogar ein eigenes Maskottchen mit, das als Kuh auf einem Hüpfball durch den Park springt.

Diese vielen Optionen mögen auf manchen Spieler abschreckend wirken. Nicht jeder will schließlich jedes kleinste Detail regeln. Vieles regelt das Spiel aber selbst. Kündigt etwa ein unzufriedener Mitarbeiter, wird er automatisch ersetzt. Und auch für Gebäude gibt es Vorlagen. Dazu können Spieler über den Online-Marktplatz Steam Workshop ihre Bauwerke teilen und Konstruktionen anderer Nutzern herunterladen.
Gute Mitarbeiter sind teuer
Digitale Freizeitpark-Manager toben sich auf verschiedene Arten aus: Im Sandbox-Modus ohne Geldsorgen auf dem flachen Land oder im Karrieremodus mit begrenzten Mitteln und vielen Herausforderungen. In einem Level haben die Fahrgeschäfte zum Beispiel immer wieder technische Probleme. Das Management muss hier mit gut ausgebildeten Technikern gegensteuern und trotz der hohen Lohnkosten ausreichend Geld verdienen.
Eigenwillige Kamerasteuerung
Ganz fehlerfrei ist der Freizeitspaß aber nicht. So waren in der Vorabversion Textpassagen und Erklärungen zum Teil nicht ins Deutsche übersetzt. Vereinzelt verirren sich Besuchergruppen oder laufen durch die Luft. Den positiven Eindruck mindert das aber kaum, genausowenig wie das etwas fummelige Baumenü und die manchmal eigenwillige Kamerasteuerung. „Planet Coaster“ ist ohne Altersbeschränkung freigegeben und kostet rund 35 Euro. Benedikt Wenck