Sein Evangelienbuch, das zwischen 863 und 871 im nordelsässischen Wissembourg (Weißenburg)entstand, gilt als das früheste Werk, das in althochdeutscher Schriftsprache verfasst wurde.
Sein Epos legte somit einen wesentlichen Grundstein zur Herausbildung der deutschen Sprache. Seine Dichtung wird zudem in der Wissenschaft als Höhepunkt der christlichen Dichtung jener Epoche gesehen. Otfrid (auch Otfried genannt) führte den romanischen Endreim ein und ersetzte den bislang genutzten germanischen Endreim.
Das Werk Otfrids skizziert in fünf Büchern das Leben Jesu auf der Grundlage der vier Evangelien. Der Anspruch des Benediktiner-Mönches war es, die deutsche Volkssprache gleichberechtigt neben den drei heiligen Sprachen Latein, Griechisch und Hebräisch als Literatursprache zu etablieren.
„Stammvater der deutschen Literatur“
Es zeugte ganz offensichtlich zu jener Zeit von einer hohen Ambition, Fränkisch auf eine Stufe mit den hohen Sprachen der Antike zu stellen. Der Gelehrte gilt daher auch als „Stammvater der deutschen Literatur“. Sein Werk wird als erste große Poesie in Althochdeutsch geführt, als umfangreichstes Bibelgedicht der Karolingerzeit ohnehin.
Otfrid war Mönch, Bibliothekar und Theologe. Über ihn ist bekannt, dass er früh in die Obhut des Klosters Wissembourg gegeben wurde, um sich religiösen Studien zu widmen. Im Jahr 830 erhielt er die Priesterweihe. Etliche Dekaden später verfasste er sein Bibel-Epos „Liber evangeliorum“ als Pioniertat. Das Epos aus fünf Büchern, 140 Kapiteln und 15.000 Halbversen diente einerseits der Lobpreisung Gottes, andererseits ging es darum, die tief in der Bevölkerung verbreiteten germanische Heldenlieder zurückzudrängen.
Otfrids Intension sei es gewesen „weltliche Schandgesänge“ mit seinen Allegorien in karolingischen Minuskeln vergessen zu machen. Und um das Volk zu erreichen, nutzte er eben ihre Sprache und nicht die Gelehrtensprache Latein. Allerdings: Wenngleich das Werk auf rheinfränkisch verfasst wurde, wird wohl kaum Einer in der Bevölkerung des Lesens mächtig gewesen sein.
Denkmal erinnert heute noch an Mönch
Das Benediktiner-Kloster Weißenburg wurde durch Landschenkungen zu jener Zeit zur reichsten Abtei des gesamten Elsass. Später erhielt das Kloster den Titel der Reichsabtei. Im 11. Jahrhundert wurde die romanische Klosterkirche erstellt. Im 13. Jahrhundert erhielt sie einen gotischen Stil, der Glockenturm blieb jedoch romanisch.
Ab Beginn des 14. Jahrhunderts bis 1697 war Wissembourg freie Reichsstadt und zählte später zum Zehnstädtebund elsässischer Reichsstädte. Im Zuge der Französischen Revolution 1789 wurde der Stift schließlich von antiklerikalen Jakobinern aufgelöst.
Von der Abtei im Nordelsass existiert heute nur noch die Stiftskirche mit dem romanischen Glockenturm unweit des Marktplatzes des pittoresken Touristenstädtchens an der Lauter. Ein Relief an der Zehntscheuer vis-à-vis der Kirche der einstigen Abtei erinnert an den berühmten Gelehrten Otfrid aus dem Nordelsass und seinen gewaltigen Einfluss auf die deutsche Sprache mit seinem wegweisenden Werk in südrheinfränkisch statt auf Latein.
Das Denkmal eines Benediktiner-Mönches empfängt die Besucher vor der Kirche kurz hinter dem Rathaus.