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Die Hand einer Heiligen

In der Straßburger Klosterkirche Saint Etienne ist mancher Schatz verborgen

Heute ist Saint Etienne eine katholische Privatschule, doch früher war es ein Frauenkloster. Hinter den ehemaligen Klostermauern gibt es heilige Schätze. Das ist ihre Geschichte.

Gebäude, davor fährt ein Boot auf einem Fluss
Wer vom Quai des Pêcheurs aus über die Ill auf die Schule schaut, erkennt den Turm der Kirche des Frauenklosters, das Herzog Adalbert d’Alsace 718 stiftete. Foto: Anne Telöw

Wer heute in Straßburg von Saint Etienne spricht, der meint meist die katholische Privatschule, deren Mittelstufe (Collège) und gymnasiale Oberstufe hinter den einstigen Klostermauern zwischen der Rue de la Pierre Large und dem Ufer der Ill untergebracht sind.

Wer vom Quai des Pêcheurs über die Ill auf die Schule schaut, der erkennt den Turm der Kirche des Frauenklosters, das Herzog Adalbert d’Alsace 718 gestiftet hat. Seine berühmteste Reliquie verdankt Saint Etienne jedoch Adalberts Tochter Attala von Straßburg, die zu den Heiligen des Elsass zählt. Ihre Hand, so ist es überliefert, wird im Chor der Klosterkirche, in der die Schule ihre Messen feiert, die Schüler zur Kommunion oder zur Firmung gehen, in einem Reliquienschrein aufbewahrt.

Erzogen wurde Attala von ihrer Tante, die keine Geringere war als die heilige Odilia, nach welche das Kloster auf dem Odilienberg benannt ist. Attala wurde um 720 erste Äbtissin des Frauenklosters Saint Etienne. Sie kümmerte sich um die Ärmsten der Armen und starb 741.

Ihr Körper wurde in der Klosterkirche aufgebahrt und auf dem Odilienberg bat man um eine Hand der Toten, um diese als Reliquie zu konservieren. Warum die Hand nie auf dem Berg angekommen und schließlich an ihrem Ausgangspunkt konserviert und in einer Schatulle aufbewahrt wurde, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Erst 1172 bei Wiederaufbauarbeiten an der Klosterkapelle wurden die Leichen der Familie Adalberts gefunden – und mit ihnen die Hand der heiligen Attala.

Der Schatz in der Krypta

Die Klosterschwestern haben den Fund im 14. Jahrhundert auf Wandteppichen festgehalten und zwei Jahrhunderte später wurde auch auf Stichen auf die im Chor der Kapelle eingebetteten sterblichen Überreste hingewiesen. Ziemlich genau dort, wo die Hand Attalas begraben lag, entsprang eine Quelle und so wurde das Kloster Saint Etienne zu einem Pilgerort, wo sich die Straßburger Wasser holten – teilweise sogar, während die Messen gefeiert wurden. Das ärgerte die Nonnen so sehr, dass sie außerhalb der Klostermauern einen anderen Brunnen bauten.

Eine Etage tiefer, in der Krypta der Kirche, findet sich ein weiterer Schatz: ein gebogenes, sechs Meter langes und 1,20 Meter breites Stück einer römischen Mauer. Es handelt sich dabei um ein Fragment der Apsis einer christlichen Basilika, die zwischen dem fünften und achten Jahrhundert errichtet wurde, und zwar genau an dem Ort, an dem früher die Residenz des Gouverneurs des Verantwortungsbereiches Argentoratensis (Argentoratum war der Name des Römerlagers an der Stelle des heutigen Straßburgs) gestanden hatte.

Nachdem die Kirche 1944 bombardiert worden war, waren in den 1950er Jahren auf der Baustelle zahlreiche Objekte aus der Römerzeit gefunden worden. Außerdem existiert eine Aufnahme von 1959, welche die Apsis der einstigen Basilika zeigt und damit den Beweis liefert, dass diese romanische Kirche größer war als die heutige als Schulkirche dienende Klosterkapelle.

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