Die Zuwächse liegen im zweistelligen Bereich: Auf dem Gebiet der Eurométropole steigt die Zahl der Menschen, die aufs Fahrrad steigen, so rasant an, dass auch Fachleute perplex sind. Und das nicht nur im Stadtzentrum, sondern sogar in der Peripherie. Dabei handelt es nicht etwa um Schätzungen, sondern um gemessene Werte: Diese werden mit 88 über die Radwege verteilten Stationen erfasst, rund um die Uhr an allen Tagen der Woche.
In der Straßburger Innenstadt und in Neudorf sind 9650 Radler pro Tag unterwegs
Unangefochtener Hotspot für Radfahrer ist der zweispurige Radweg vor dem Straßburger Konservatorium: Dort wurden 2022 drei Millionen Radfahrer registriert – 67 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. Das bedeutet, dass hier durchschnittlich 9650 Radler pro Tag unterwegs sind, gezählt wird sowohl in Richtung Innenstadt als auch in Richtung Neudorf.
Geradelt wird hier, wie die Zahlen des SIRAC (Service d‘information et de la régulation automatique de la circulation = Abteilung für Information und automatische Verkehrsregelung) zeigen, auch wenn es kalt und nass ist: Selbst an eisigen Wintertagen, beispielsweise bei minus vier Grad Celsius, wurden immer noch 8.000 Radfahrer gezählt; an einem verregneten Märztag fast 10.000 und im Juni bei 32 Grad Celsius mehr als 12.000.
So viele Radler, wie noch nie
Die am zweitstärksten frequentierte Radstrecke auf dem Gebiet der Eurométropole, die mit einer Zählstation ausgestattet ist, ist die Rabenbrücke (Pont du Corbeau): 6.820 Radler werden hier im Durchschnitt pro Tag registriert, wenn sie eine schwarze über die Straße verlaufende Leitung passieren - so viele, wie noch nie seit Beginn der Zählungen.
An dritter Stelle liegt die recht neue Zweirichtungspiste entlang der Route du Polygone mit 4.270 Radpassagen pro Tag. Auch am Quai Pasteur hat der Radverkehr seit 2019 um 45 Prozent zugenommen, am Quai Marc-Bloch um 20 Prozent.
Auch außerhalb des Straßburger Stadtzentrums zeigt sich ein ähnlicher Trend, wie die Straßburger Tageszeitung Dernières Nouvelles d‘Alsace berichtet: 40 Prozent mehr Radfahrer in der Rue du Doubs, also auf der Verbindung nach Illkirch und ein Plus von 23 Prozent auf der Avenue de l‘Europe, welche am Europarat und der Orangerie vorbeiführt und die Verbindung zwischen der Robertsau und der Innenstadt darstellt.
2.000 Fahrräder sind hier im Schnitt täglich unterwegs. Am Place de Haguenau, der Straßburg mit Schiltigheim verknüpft, bewegen sich in 24 Stunden 4.500 Radler.
Es gibt auch Konflikte zwischen Radfahrer und Fußgänger
Die insgesamt positive Entwicklung bringt jedoch auch ein Problem mit sich: Trotz des von der grünen Stadtregierung aufgelegten 100-Millionen-Euro-Programms kann der Ausbau der Radinfrastruktur mit der rasanten Zunahme der Radfahrer nicht Schritt halten. Besonders in den Bereichen, die sich Radfahrer und Fußgänger teilen, kommt es häufig zu Konflikten.
Während sich die Radwege immer mehr füllen, hat sich die Zahl der Autos, die täglich ins Straßburger Stadtzentrum einfahren seit 1990 auf 120.000 halbiert; im Vergleich zu 2019 ist sie um 15 Prozent gesunken. Die grüne Stadtregierung möchte diesen Trend verstärken und den Autoverkehr im Stadtzentrum vor allem bei Großveranstaltungen sowie an deutschen Feiertagen, an denen im Elsass gearbeitet wird, zurückdrängen.
Eine starke Erhöhung der Parkgebühren
Über eine Infokampagne auch auf der deutschen Rheinseite sollen Autofahrer dazu bewogen werden, ihre Fahrzeuge auf Park & Ride-Plätzen vor der Europastadt – oder in Kehl – abzustellen und mit der Tram in die Innenstadt weiterzufahren. Die drastisch erhöhten Parkgebühren sollen diese Entwicklung befördern.