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Wagner-Gruppe

Gehilfen von Tyrannen und Warlords: Russische Söldner mischen in Kriegen kräftig mit

Private russische Sicherheitsunternehmen wie die Wagner-Gruppe haben Verbindungen bis in die Machtelite um Putin. Wie sie ausgerüstet sind und welche Befehle sie befolgen, war bislang nicht ganz klar. Ein Buch gibt erstmals Einblick.

Im Kampf gegen den „Islamischen Staat“: Der frühere Söldner Marat Gabidullin berichtet in seinem Buch unter anderem von der Befreiung der antiken Oasenstadt Palmyra.
Der frühere Söldner Marat Gabidullin berichtet in seinem Buch unter anderem von der Befreiung der antiken Oasenstadt Palmyra. Foto: Marat Gabidullin

Im konfliktreichen Zentralafrika war er voll in seinem Element. Der Russe Orchan Dschemal hatte sich einen Namen als preisgekrönter Kriegsberichterstatter in Libyen, Afghanistan und Georgien gemacht. 2018 reiste der erfahrene Reporter mit zwei Kollegen nach Bangi, um über die Goldminen in der Krisenregion und die dortigen Aktivitäten der „Wagner“-Gruppe zu recherchieren. Das Investigativ-Team kehrte nie wieder zurück.

Der nicht aufgeklärte Mord an den drei Journalisten warf erneut ein Schlaglicht auf eine mysteriöse Struktur mit Verbindungen bis in Russlands Staatsspitze hinein. Eine Art private Armee, die den Ruf genoss, im Schatten dreckige Geschäfte für Tyrannen und Warlords zu erledigen – mit dem Segen der Staatsführung in Moskau ausgestattet und die geostrategischen Interessen Russlands stets im Blick.

Seitdem hat die nach dem deutschen Komponisten Richard Wagner bekannte Söldner-Einheit wiederholt für Schlagzeilen gesorgt: in Afrika, der arabischen Welt und in der Ukraine.

Elite-Kämpfer bewundert das Dritte Reich

Die private Armee in den Diensten des Kreml-nahen Unternehmers Jewgej Prigoschin (Spitzname: „Putins Koch“) wurde 2013 gegründet. Ihr angeblicher Chef ist der 52-jährige Wassili Utkin, ein Ex-Mitglied einer Spezialeinheit des russischen militärischen Auslandsgeheimdienstes GRU. Sein Rufname: Wagner. Wie „The Times“ berichtet hat, ließ sich Utkin so nennen, weil er das Dritte Reich und Hitlers Lieblingskünstler bewundert.

Die Söldner-Gruppe wurde erstmals im Umfeld der russischen militärischen Operation zur Annexion der Krim (2014) und in der Ostukraine bekannt. Nach Medienberichten kämpften zwischen 2.000 und 4.000 Paramilitärs unter Wagners Kommando in den „Volksrepubliken“ Lugansk und Donezk.

Später schickte das private Militärunternehmen mindestens 2.000 Männer nach Syrien, um dort die russischen Truppen und die Armee von Baschar al-Assad zu unterstützen. An beiden Kampagnen hat Marat Gabidullin teilgenommen, ein 55 Jahre alter Ex-Söldner, der jetzt ein Buch über das geheime Innenleben der Wagner-Gruppe veröffentlicht hat.

Ex-Militär dient einem Mafiaboss

Ein schonungsloser Insider-Bericht: Das Buch des früheren russischen Söldners Marat Gabidullin handelt von verdeckten Einsätzen der paramilitärischen Trupps in den Kriegsgebieten.
Das Buch des früheren russischen Söldners Marat Gabidullin handelt von verdeckten Einsätzen der paramilitärischen Trupps in den Kriegsgebieten. Foto: Econ Verlag

Gabidullin hat eine Militärschule absolviert und danach zehn Jahre als Berufssoldat gedient. Später ließ er sich mit Kriminellen ein und tötete im Auftrag eines Mafia-Bosses dessen Konkurrenten.

Dafür verbrachte er drei Jahre im Gefängnis. Mit 43 Jahren heuerte er bei Wagner an und stieg dort zum Kommandeur einer Aufklärungseinheit auf.

Der Mann mit dem Kampfnamen „Ded“ (Großvater) wurde in Syrien schwer verwundet und leidet heute unter gesundheitlichen Problemen. In seinem Buch lässt er tief in das Denken und Handeln von russischen Söldnern blicken. Gabidullin verrät außerdem viel über die Hintergründe ihrer Kampfeinsätze, ohne sie dabei grundsätzlich infrage zu stellen.

Geld ist ein Monster, das die Seele verschlingt, aber manchmal kann es sie auch wärmen.
Marat Gabidullin, russischer Ex-Söldner

Wer in dieser Schilderung eine (selbst)kritische Auseinandersetzung mit dem Söldnertum sucht, wird enttäuscht sein: Der Autor bereut nichts und hält seine Teilnahme an Kriegen – die für ihn eine Art gut bezahltes Abenteuer sind – für moralisch richtig und sauber. „Geld ist ein Monster, das die Seele verschlingt, aber manchmal kann es sie auch wärmen“, schreibt Gabidullin.

Dabei klagt er den russischen Staat für dessen mangelnde Wertschätzung für die Söldner an, die heimlich die Drecksarbeit für das Militär verrichten müssen. Er stellt zudem die Korruption, Lügen und Eitelkeiten in den Armeestäben bloß. „Seit jeher sind die russischen Generäle der Ansicht, dass das Leben eines Soldaten nichts wert ist“, beklagt der Ex-Söldner, der nach der Publikation seines Buches Russland verlassen musste.

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