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Wettbewerbsfilme noch nicht verkündet

Berlinale 2021: Der rote Teppich kommt frühestens im Juni

Im Februar 2020 war die Berlinale die letzte Großveranstaltung, die in Deutschland noch ohne Corona-Zwischenfälle über die Bühne ging. Die Ausgabe 2021 sucht nun neue Wege.

Ian McKellen (Mitte) bei der Berlinale 2015 anlässlich der Weltpremiere von "Mr Holmes"
Foto: Jüttner
Andrang der Autogrammjäger: Solche Szenen wie hier 2015 mit Schauspieler Ian McKellen (bekannt als Gandalf aus „Der Herr der Ringe“) gehören zur Berlinale, sind aber in Corona-Zeiten kaum vorstellbar. Foto: Jüttner Foto: Andreas Jüttner

In einer Welt ohne Coronavirus würde in diesen Tagen möglicherweise die zwölfjährige Helena Zengel gemeinsam mit US-Star Tom Hanks über den roten Berlinale-Teppich laufen.

Der stille Western „Neues aus der Welt“ wäre ein idealer Beitrag für die Berliner Festspiele: Ein Promi der A-Klasse als Hauptdarsteller (Hanks), ein so kritiker- wie publikumtauglicher Regisseur (Paul Greengrass, Bären-Gewinner von 2002 mit „Bloody Sunday“) und ein deutscher Jungstar mit Berlinale-Wurzeln – Zengel hatte 2018 in der Hauptrolle des Dramas „Systemsprenger“ als unkontrollierbares Kind für viel Aufsehen gesorgt.

In der Welt, wie sie ist, gibt es Filmgalas derzeit nur als Erinnerung oder als Zukunftsvision. An diesem Donnerstag hätte eigentlich die 71. Berlinale beginnen sollen. Statt dessen steht in Berlin „nur“ die Bekanntgabe der diesjährigen Wettbewerbsfilme an. Wäre „Neues aus der Welt“ in die deutschen Kinos gekommen, hätte sich dieser Film wohl nachdrücklich angeboten. Nun aber läuft er bereits beim Streamingdienst Netflix.

Aufspaltung statt Absage

Den Wettbewerb machen also andere unter sich aus. Denn die Berlinale findet zwar nicht wie geplant statt, abgesagt ist sie aber auch nicht. Geplant ist eine neue Form der Festivalvariationen: Während die Filmfestspiele von Cannes im Mai 2020 komplett abgesagt wurden und nur eine Liste der ausgewählten Wettbewerbsfilme als „Empfehlung“ veröffentlicht wurde, liefen die Festivals in Locarno (August) als Hybdrid-Ausgabe und in Venedig (September) als Präsenzfestival.

Das ist ein äußerst bedeutungsvolles und starkes Zeichen der Hoffnung.
Carlo Chatrian, Künstlerischer Leiter der Berlinale

In Berlin setzt man nun auf eine Aufspaltung: In der ersten Märzwoche sollen die ausgewählten Filme online für ein Fachpublikum zugänglich gemacht werden.

Auf der Leinwand laufen die Wettbewerbsfilme zunächst nur für die Jury, die diesmal aus den sechs Gewinnerinnen und Gewinnern des Goldenen Bären der vergangenen Festivals besteht.

Carlo Chatrian, der künstlerische Leiter der Berlinale, erklärte, es sei „ein äußerst bedeutungsvolles und starkes Zeichen der Hoffnung“, dass Preisträger vergangener Ausgaben auf diese Weise Kollegen unterstützten.

Abhängig vom Kartenverkauf

Übergeben werden sollen die Preise dann im Sommer, beim vom 9. bis 20. Juni angesetzten öffentlichen Teil des Festivals.

Um den kommt die Berlinale auch wirtschaftlich kaum herum: Trotz einer Förderung von über zehn Millionen Euro durch das Kulturstaatsministerium gehören zur Etatkalkulation normalerweise die Einnahmen aus dem Ticketverkauf.

Rund 330.000 verkaufte Karten pro Jahr tragen nicht nur ein Drittel des Budgets, sondern machen die Berlinale auch zum weltweit größten Publikumsfestival der Filmbranche. Und da sind noch gar nicht die vielen Ansammlungen an Fans und Autogrammjägern eingerechnet, die an den roten Teppichen der Premierenkinos oder an den Hotels Schlange stehen.

Berlinale Palast
Daraus wird in diesem Jahr nichts: Normalerweise ist im Februar der rote Teppich vor dem Berlinale-Palast dicht von Filmfans umlagert. Foto: Jüttner

Besucherkapazitäten noch fraglich

Wie viele Karten in diesem Sommer für welche Veranstaltungen angeboten werden können, ist noch offen. „Filme aus allen Berlinale-Sektionen werden an etwa zehn Spielorten in Berlin gezeigt“, hat Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek angekündigt.

Nachgedacht wird auch über Veranstaltungen unter freiem Himmel. Als ausgeschlossen darf gelten, dass Locations wie der Berlinale-Palast am Potsdamer Platz so bespielt werden wie gewohnt.

Dort saß man noch vor einem Jahr ohne jegliche Abstands- oder sonstige Hygieneregel in einem Saal, durch den fünf Mal pro Tag jeweils 2.500 Menschen durchgeschleust wurden.

Vor Jahresfrist nur knapp davongekommen

Ohnehin wird im Rückblick deutlich, dass die Berlinale vor Jahresfrist nur extrem knapp davon gekommen ist. Die 70. Ausgabe der Internationalen Filmfestspiele, zugleich die erste unter der Leitung der Doppelspitze Chatrian/Rissenbeek, zog vom 20. Februar bis zum 1. März 2020 tausende Filmemacher, Darsteller und Produzenten sowie Journalisten aus aller Welt an, hinzu kamen die bereits erwähnten 330.000 Publikumstickets.

Das einzige Vorzeichen der sich anbahnenden Coronakrise war das Fehlen von Gästen aus Asien: Gerade China war in den Vorjahren immer wieder mit Wettbewerbsfilmen präsent gewesen. Dies fiel 2020 komplett weg, da für China bereits Reisebeschränkungen galten.

Preisgala zwei Wochen vor dem Lockdown

Es sollte die letzte Großveranstaltung in Deutschland sein, die über die Bühne ging ohne eine nachweisliche Verbreitung des Virus. Dieses trat fast zeitgleich bei Faschingsveranstaltungen im Kreis Heinsberg (Nordrhein-Westfalen) erstmals großflächig auf.

Dann änderte sich die Sachlage nahezu täglich. Und knapp zwei Wochen, nachdemin Berlin der Goldene und die Silbernen Bären vergeben waren, war Deutschland im ersten Lockdown.

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