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Kulturarbeit

Carola Lentz übernimmt das Goethe-Institut

Das Goethe-Institut ist Deutschlands kulturelles Aushängeschild in der Welt. Mit Carola Lentz steht erstmals eine Ethnologin an der Spitze. Es ist nicht ihr erster Chef-Posten.

Carola Lentz übernimmt die Leitung des Goethe-Instituts.
Carola Lentz übernimmt die Leitung des Goethe-Instituts. Foto: Fabian Sommer/dpa

Häuptling ist sie schon, nun wird Carola Lentz auch noch Präsidentin. Die 66 Jahre alte Ethnologin darf sich wegen ihrer Arbeiten im nordghanaischen Nandom seit Jahren „maalu naa“ nennen, was dem Häuptlings-Titel Chief Development gleichkommt.

Der Chef-Posten beim Goethe-Institut ist ebenfalls ehrenamtlich. Die Professorin aus Mainz übernimmt die Spitzenposition als Nachfolgerin von Klaus-Dieter Lehmann. Der 80 Jahre alte Lehmann war seit 2008 Präsident des Instituts.

Das Goethe-Institut dient mit weltweit 157 Instituten als kulturelles Aushängeschild Deutschlands im Ausland. Derzeit sitzt die Einrichtung in 98 Ländern. In Deutschland hat das Goethe-Institut zwölf Standorte.

Die neue Aufgabe kommt für Lentz eher überraschend. „Als ich von Klaus-Dieter Lehmann vor einem Jahr angefragt wurde, bin ich aus allen Wolken gefallen, weil ich mit dem Goethe-Institut immer mal, aber eher peripher zu tun hatte“, sagt Lentz der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Nun will sie durch ihr Tun zeigen, „dass ich die richtige Frau für die richtige Zeit bin“.

Der Kultur ist Lentz schon sehr lang verbunden. Als Kind liegt sie unter dem Flügel der für ihr Orgelspiel übenden Mutter, dort entwickelt sich ihre Liebe zu Bach. „Ich habe eine Leidenschaft für Kultur, durchaus auch im engeren Sinn von Theater, Film, Musik, Literatur“, sagt Lentz. Im Job ist das weiter gefasst: „Ethnologen haben generell einen breiteren Kulturbegriff, der für die Arbeit des Goethe-Instituts auch wichtig ist.“

Lentz stammt aus Braunschweig. Experimentelle Gruppen während der Schulzeit wecken ihr Interesse für das Theater. Sie landet für ein zweimonatiges Volontariat bei Peter Zadek in Bochum. Allerdings traut sich die 18-Jährige nicht, die anschließend angebotene Stelle anzunehmen. Schauspielschulen wollen sie nicht, so wird erstmal studiert. Soziologie, Politikwissenschaft, Germanistik, Pädagogik in Göttingen, gefolgt vom Referendariat in Hamburg.

Doch die Forscherin treibt es aus der Schule zurück an Unis in Göttingen, Hannover, Berlin und Marseille. Es folgt eine erste Professur in Frankfurt, schließlich 2002 der Wechsel nach Mainz, wo sie sich seit dem vergangenen Jahr als Seniorprofessorin ganz auf die Forschung konzentrieren kann.

Als Ethnologin ist Lentz viel in der Welt unterwegs, verbringt Jahre ihres Lebens in Lateinamerika, den USA, Australien und vor allem Afrika. Die Keimzelle ihrer Arbeit befindet sich in Ghana. Im Norden beginnt ihre Forschung bei einer Familie der Dagaare. „Ich bin quasi adoptiert worden in diese Familie, deren Ursprünge in Nordghana liegen, an der Grenze zu Burkina Faso, wo auch viele Familienmitglieder leben.“

Der ghanaische Stiefvater gibt ihr den Namen Tuonianuo, was für „Bitterkeit wird zur Süße“ steht. Ein Gleichnis dafür, dass mitunter harte Arbeit notwendig ist, um zu einem guten Ziel zu kommen. Die von Lentz 2018 gegründete Stiftung Tuonianuo Educational Fund unterstützt benachteiligte Kinder für ihren Schulbesuch.

Auch in Deutschland hat Lentz viel Familie. Sie selbst lebt allein in Mainz, fährt mit dem Fahrrad, hat einen Garten als Ruhepol. Gesungen wird - Sopran - im Chor der Johanniskantorei Mainz, gewandert - „wahnsinnig gern“ - in Südtirol. Der neue Job bringt ein zweites Standbein in München, damit rückt sie näher an die geliebten Berge.

Auch beim Goethe-Institut erwarten sie viele Schnittmengen. „Thematisch finde ich viele Projekte und Programme des Instituts dicht an dem, was ich ethnologisch interessant finde“, sagt Lentz. Doch die Forscherin muss auch Opfer bringen: „Es ist eine großartige Herausforderung, die Präsidentschaft zu übernehmen statt wie geplant ein weiteres Buch zu schreiben. Ich fürchte jedenfalls, dass mein Buch über die ghanaische Mittelklasse für längere Zeit aufgeschoben werden muss.“

Stattdessen will sie aktiv in der kulturpolitischen Szene und den Diskussionen auch in Deutschland mitwirken. „Ich glaube, diesen Erfahrungshintergrund als Ethnologin, das genaue Zuhören, das offen sein für die Agenda und die Perspektiven anderer, die Diversität und kulturellen Unterschiede und anderen Herangehensweisen, auch für die politischen Unterschiede und dies alles erst einmal als Reichtum zu begreifen - das ist etwas, was ich hoffe, gut einbringen zu können.“

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