Die baulichen Beschränkungen bringen die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe möglicherweise um eine äußerst hochkarätige Schenkung. Wie jetzt bekannt wurde, wollte der Künstler Sean Scully dem Museum rund 280 Werke überlassen – mit der Auflage, rund die Hälfte davon dauerhaft zu präsentieren. Die Kosten hierfür wollen dem Vernehmen nach Förderer der Kunsthalle übernehmen. Doch nun droht das Ganze zu scheitern.
Verhandlungen laufen seit 2018
Kunststaatssekretärin Petra Olschowski bestätigte auf BNN-Anfrage einen Bericht der „Stuttgarter Zeitung”, nach dem die Schenkung auf der Kippe steht. Anfang Juli sei sie darüber informiert worden, dass Scully sein Angebot zurückziehe, weil sich die seit 2018 laufenden Verhandlungen zu lange hinzögen. Sie habe ihn direkt daraufhin angeschrieben, bisher aber noch keine Antwort erhalten.
Die Sachlage beschreibt Olschowski als sehr komplex. Ein zentrales Problem sei der akute Platzmangel. Der dringend benötigte Erweiterungsbau der Kunsthalle müsste für die Scully-Schenkung um rund 1.000 Quadratmeter vergrößert werden. Entstehen soll diese Erweiterung auf dem Gelände des derzeitigen Amtsgerichts.
Noch sei aber unklar, ob das Denkmalamt dort einen Neubau gestatte oder der vorhandene Bau umgestaltet werden müsse. „Deshalb können wir noch nicht präzise sagen, wie viel Fläche an diesem Standort wirklich zur Verfügung steht”, so Olschowski.
Ein anderer Punkt sind die Zeitfenster: Für die auch von der Kunsthalle favorisierte Lösung, das Amtsgericht zu nutzen, muss diese Einrichtung selbst erst an einen anderen Standort umziehen. Hier zeichne sich mittlerweile eine Option ab, erklärt Olschowski. Dennoch könne mit den Baumaßnahmen frühestens 2028 begonnen werden. Bei einer anvisierten Bauzeit von vier bis fünf Jahren wäre eine Präsentation der Werke nicht vor 2032 möglich. Dann wäre der 1945 geborene Scully 87 Jahre alt.
Wie die Idee der Schenkung entstand
Die Idee der Schenkung entstand im Rahmen der großen Einzelausstellung „Vita Duplex”, die von März bis August 2018 in der Kunsthalle zu sehen war. Scully habe sich von der Präsentation beeindruckt gezeigt, erklärt Kunsthallen-Direktorin Pia Müller-Tamm auf BNN-Anfrage. „Er war mit dem Standort und der Qualität der Arbeit unseres Hauses sehr zufrieden.”
Der irisch-amerikanische Künstler, der offenbar seinen Lebensschwerpunkt von den USA nach Europa verlagern will, hat der Kunsthalle rund 180 Werke und 100 Druckgrafiken angeboten. Der Wert wird auf rund 100 Millionen Euro beziffert. Ein erstes Gespräch mit dem Kunstministerium Baden-Württemberg gab es im September 2018 – damals noch mit Scully, der an weiteren Gesprächen nicht mehr persönlich teilgenommen habe, so Olschowski.
Das große Interesse der Kunsthalle an der Schenkung werde im Ministerium geteilt, so die Staatssekretärin. „Wir sind uns einig, dass dies eine Chance für die Kunsthalle wäre, im Bereich der zeitgenössischen Kunst ein starkes Zeichen zu setzen”, erklärt Olschoswki.
Malerei sei ohnehin ein Schwerpunkt des Karlsruher Hauses, und Scully setze sich in seinem Werk stark mit der Geschichte der Malerei auseinander. Dies wurde seinerzeit auch in der Ausstellung reflektiert, etwa durch eine direkte Konfrontation seiner Werke mit Bildern von beispielsweise Caspar David Friedrich oder Paul Klee.
Wir würden uns sehr freuen, wenn diese große Chance noch eine Zukunft hätte.Pia Müller-Tamm Direktorin Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
Zu diskutieren sei allerdings auch, wie stark diese Setzung die künftige Kunsthalle präge und binde. „Wenn man ein Drittel der Gesamtfläche des Neubaus einem Künstler widmet, ist das ein deutliches Bekenntnis”, betont Olschowski. Das sei inhaltlich auch nachvollziehbar – doch zugleich sei zu berücksichtigen, dass Museen flexibel und gestaltbar bleiben müssten.
Eine direkte Absage von Scully habe man bislang nicht erhalten, heißt es in einer Mitteilung des Kunstministeriums an die BNN. Daher hoffe man, dass das Gespräch noch einmal aufgenommen werde. Das wäre im Sinne der Kunsthallen-Direktorin: „Wir würden uns sehr freuen”, so Pia Müller-Tamm, „wenn diese große Chance noch eine Zukunft hätte.”