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Kunsthalle Karlsruhe

Kunsthalle Karlsruhe jubelt über Glücksfund aus New York

Finanziert durch die Museumsstiftung des Landes Baden-Württemberg, hat die Kunsthalle Karlsruhe ein Selbstbildnis der Marie-Guilhelmine Laville-Leroux erworben - ein Glücksfall

Gemälde einer jungen Frau, die mit langem gelocktem Haar vor einer Staffelei sitzt und ein Bild kopiert.
Selbstbewusste Siebzehnjährige: Marie-Guilhelmine Laville-Leroux war noch neu im Atelier ihres Lehrers Jacques-Louis David, als sie das Selbstporträt malte, das die Kunsthalle Karlsruhe jüngst erworben hat. Foto: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe

Der Kunsthalle Karlsruhe ist wieder mal ein Coup gelungen. Zu verdanken ist er unter anderem der Tatsache, dass sich mehrere Zufälle glücklich fügten. Wenn man den Bogen ganz weit spannen will, kann man sagen: Am Anfang stand ein Besuch im Pariser Louvre, zum guten Ende ist die Karlsruher Sammlung um ein bedeutendes Werk reicher. Finanziert durch die Museumsstiftung des Landes Baden-Württemberg, erwarb das Museum ein Selbstbildnis der Marie-Guilhelmine Laville-Leroux (1768 bis 1826), die unter ihrem späteren Namen Benoist bekannt wurde.

Neugier geweckt

Dass dieses Werk einmal nach Karlsruhe kommen würde, konnte Astrid Reuter, Wissenschaftlerin an der Kunsthalle, nicht ahnen, als sie sich während ihres Studiums bei einem Besuch des Louvre in das wohl berühmteste Werk der Künstlerin vertiefte. Damals hieß es noch „Portrait d’une négresse“, inzwischen hat man es – sensibilisiert durch die Rassismus-Debatten – umbenannt in „Portrait d’une femme noire“ („Porträt einer schwarzen Frau“). Dieses Porträt einer jungen schwarzhäutigen Frau hat eine derart starke Ausstrahlung, dass die Menschen, die bewundernd davorstehen, immer wieder fragen: Wer ist diese Marie-Guilhelmine Benoist? Ähnlich erging es Reuter. Ihre kunsthistorische Neugier war geweckt, und sie beschloss, ihre Doktorarbeit über die französische Malerin zu schreiben.

Kein ganz leichtes Unterfangen, wie sich Reuter erinnert. Denn die meisten Werke der Künstlerin, die bereits mit 13 Jahren bei der (nur doppelt so alten) Malerin Elisabeth Vigée-Lebrun (1755 bis 1842) in die Lehre ging, befinden sich in Privatbesitz, namentlich der Nachfahren von Benoist. Bei einem dieser Familienmitglieder stieß sie auf das Selbstporträt, das nun seinen Platz in der Kunsthalle gefunden hat. Damals, in der noblen Pariser Wohnung des Vorbesitzers, erhielt Astrid Reuter Gelegenheit das Selbstporträt der Siebzehnjährigen zu fotografieren, die 1786, als das Werk entstand, noch Marie-Guilhelmine Laville-Leroux hieß.

Entdeckung auf der TEFAF

Selbstverständlich nahm Reuter das Bild in ihre Dissertation auf – die plötzlich wieder unerwartete Aktualität erhielt. Denn als Pia Müller-Tamm, die Direktorin des Hauses, bei einem New York-Aufenthalt die TEFAF (The European Fine Art Fair) im Armory-Gebäude besuchte, wurde sie von dem Selbstporträt der jungen Frau dermaßen in den Bann gezogen, dass sie wiederholt zum Stand der Galerie Wildenstein & Co. zurückkehrte. „Es hat mich nicht mehr losgelassen“, bekennt Müller-Tamm. Zudem wurde ihr bewusst, dass sie mit dem Bildnis die Karlsruher Sammlung sinnvoll ergänzen könnte, da dort die Malerinnen aus der Epoche vor und nach der Französischen Revolution unterrepräsentiert sind.

Das Gemälde entstand an einer wichtigen Wegmarke im Leben von Marie-Guilhelmine Laville-Leroux. Als 15-Jährige hatte sie sich zum Studium an der Königlichen Akademie beworben, aber da nicht mehr als vier Frauen zugelassen waren, erhielt sie keinen Platz. Also trat sie drei Jahre später in das Atelier von Jacques-Louis David (1748 bis 1825) ein, der sich später aktiv an der Revolution beteiligen und in der Folge zu einer Art Gefolgsmann von Napoleon entwickeln sollte. Von ihm übernahm sie die klassizistische Strenge, die insbesondere ihr „Portrait d’une négresse“ kennzeichnet, das im Jahr 1800 erstmals ausgestellt wurde und das, ganz dem Zeitgeist entsprechend, von manchen für ein Gemälde Davids gehalten wurde – einer Frau traute man ein solches Meisterwerk damals offenbar nicht zu.

Gegensätzliche Interpretationen

Das jetzt für Karlsruhe erworbene Selbstbildnis weist in einigen Aspekten auf die künftige Entwicklung hin. Der monochrome Hintergrund oder auch die Wiedergabe der Gewänder deuten bereits auf die stilistische Klarheit hin, die das Porträt der dunkelhäutigen Frau im Louvre kennzeichnet. Dieses Werk wird gegensätzlich interpretiert. Die einen sehen in ihm den Gestus einer Sklavenhaltergesellschaft, die mit Hilfe der Malerei ihren Besitzanspruch artikuliert. Andere erkennen in dem Bild einen Akt der Anerkennung und der Aufwertung – so viel Würde strahlt die Frau aus, von der die Forschung herausfand, dass sie Madeleine hieß. Marie-Guilhelmine Laville-Leroux, inzwischen verheiratetet Benoist, hat sie mit ähnlicher Hingabe gemalt wie einst sich selbst.

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