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Auftritt am Mittwoch

Legende Bob Dylan grinst sich eins bei den Stuttgarter Jazz Open

Die Legende lebt – und sie lächelt. Bob Dylan hat am Mittwoch Spaß auf dem Stuttgarter Schlossplatz bei den Jazz Open. Das kann man in seinem faltigen 78 Jahre jungen Gesicht lesen. Und auch das Publikum - zwischen 20 und 70, mit fieser Tendenz zu Letzterem - scheint sich zu amüsieren.

US-Rocksänger Bob Dylan bei einem Konzert am 14.07.2012 in Benicassim (Spanien).
US-Rocksänger Bob Dylan bei einem Konzert am 14.07.2012 in Benicassim (Spanien). Foto: dpa

Bis auf ein paar, die lautstark über das strikte Handyfoto-Verbot diskutieren. There’s something happening here, and you don’t know what it is, do you, Mr. Jones?

Klassiker in sanfterer Version

Es beginnt ein ganz normales Dylan-Konzert: „Ballad Of A Thin Man“ (aus dem die gerade zitierte Zeile stammt) und dann mit „It Ain’t Me Babe“ der erste Klassiker, der allerdings in einem – zumindest für weite Teile des Publikums – neuen Gewand daher kommt. Eine sanfte Version, Moll statt Dur im Zweifel. Da passiert was. But you don’t know what it is, do you, Mr. Jones?

Crooner im Stile des Sinatra

Ein erster Höhepunkt: „Can’t Wait“ vom Album „Time Out Of Mind“ (1997). Dylan begibt sich vom Flügel, hinter dem er zumeist Platz nimmt, in die Mitte der Bühne. Im Stehen tätschelt er das Mikro, deutet Tanzschritte an und stützt lässig die Hand in die Hüfte. Während er den Crooner im Stile eines Sinatra gibt, nimmt er das maschinenartige Timing der Band mit einer präzisen Phrasierung auf.

Freude am Dekonstruieren der eigenen Melodien

Ein phänomenales „When I Paint My Masterpiece“ beginnt mit dem alten Mann am Klavier. Ab der zweiten Strophe fällt die Band in einen unangestrengten Groove, Dylan grinst und singt, als sei ihm jedes Wort wichtig. Er fletscht die Zähne und dann ist da wieder: Diese unbändige Freude am Dekonstruieren der eigenen Melodien. Da passiert was. Und Du weißt nicht, was es ist. Do you, Mr. Jones?

Klassisches Gewand für alte und neue Songs

Dylan holt in den vergangenen Jahren wie auch in Stuttgart seinen von ihm selbst über Jahre sorgsam zerstörten Backkatalog zurück ins große amerikanische Songbook. Alte oder neue Songs – ein Unterschied ist nicht zu erkennen. „Simple Twist Of Fate“ (1974) klingt genauso frisch und gleichzeitig erhaben wie „Soon After Midnight“ (2012). Die Band um Tony Garnier und George Recile mit Charlie Sexton an der Gitarre und Donnie Herron an diversen Saiteninstrumenten hat sich in den vergangenen fast 20 Jahren einen Sound erspielt, der den Songs ein fast klassisches Gewand gibt. Mal klingt sie wie eine Country-Band aus den 50ern, dann liefern sie Rockabilly und Blues.

Und Dylan?

Es scheint fast, er habe mit sich selbst und seinem Legendenstatus Frieden geschlossen. Mehr noch: Er grinst sich eins.

78, aber da geht noch was

„Make You Feel My Love“ (von Adele und aus Casting-Shows wohl bekannter als vom Meister selbst) singt der alte Bob mit einem Gesichtsausdruck, der sagt: „Glaube mir nichts, ich bin eh bald weg.“ „Like A Rolling Stone“, das auf Platte bitterböse ist, klingt in Stuttgart fast zärtlich. Bei „Gotta Serve Somebody“ klatschen alle mit. Und als Zugabe gibt es noch ein herrlich zersungenes „Blowing In The Wind“. Die Legende mag 78 Jahre alt sein. Aber da passiert noch was, Mr. Jones.

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