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Maßnahmen gegen Führungskrise

Saisonstart am Staatstheater Karlsruhe: Generalintendant Spuhler äußert sich in Krise erstmals selbst

Vor den Theaterferien waren Maßnahmen gegen die Führungskrise am Badischen Staatstheater beschlossen worden. Zum Saisonauftakt heißt es nun, ein erstes Ziel sei erreicht worden.

Ein Haus mit vielen offenen Baustellen: Am Badischen Staatstheater wurde zuletzt massive Kritik an der Amtsführung von Generalintendant Peter Spuhler geübt. Diese Vorgänge werden auch in der Kommunalpolitik diskutiert.
Ab jetzt wird wieder gespielt: Am Badischen Staatstheater Karlsruhe hat die Saison mit einem Theatertag begonnen. Das traditionelle Theaterfest im ganzen Haus war wegen Corona nicht möglich. Eine erste Premiere gibt es bereits am Sonntag. Foto: Jörg Donecker

Beim Theatertag zum Saisonstart am Badischen Staatstheater Karlsruhe hat Generalintendant Peter Spuhler erklärt, die neue Spielzeit werde geprägt von drei großen Herausforderungen. In seiner Begrüßung der Besucher am Samstag im Großen Haus, die im Anschluss eine Orchesterprobe mit dem neuen Generalmusikdirektor Georg Fritzsch erleben konnten, ging Spuhler damit nicht nur auf die Coronakrise und die Baumaßnahme ein, sondern erstmals auch öffentlich auf die Krise um seine Amtsführung.

Spuhler sagte, man widme sich „mit ganzer Kraft“ dem „Zukunftsprozess Staatstheater“. So gebe es intensive Gespräche darüber, wie die Situation am Haus so zu verbessern sei, dass es zu einem respektvollen Miteinander komme. Leitlinie sei dabei das Maßnahmenpaket, das der Verwaltungsrat beschlossen habe, sagte Spuhler.

Intendant kündigt Handlungsfreiheit an

Er bezog sich damit auf die schwere Führungskrise, die die letzten Wochen der vergangenen Saison geprägt hatte: Aktuelle und ehemalige Mitarbeiter hatten öffentlich heftige Kritik an Spuhlers Amtsführung geübt. Der Verwaltungsrat hatte daraufhin in einer Sitzung, vor der es eine Demonstration von rund 300 Theatermitarbeitern gegeben hatte, zwar beschlossen, an Spuhler als Theaterchef festzuhalten, aber hierfür mehrere Auflagen angekündigt.

Eines der Ziele sei bereits erreicht worden, sagte Spuhler. Die Spartenleitungen des Hauses hätten nun Handlungsfreiheit. Entscheidungen für das Haus würden im Konsens getroffen, so Spuhler, dem unter anderem vorgeworfen worden war, mit übermäßigem Kontrollzwang das Haus auszubremsen und Mitarbeiter zu zermürben. „Es erfolgt eine Teilung der Aufgaben und eine Beteiligung der Ensembles“, versprach der seit 2011 amtierende Generalintendant.

Theatertag am Badischen Staatstheater 19.09.2020: GMD Georg Fritzsch und die Badische Staatskapell
Mit Beethoven in die Saison: Der neue Generalmusikdirektor Georg Fritzsch leitete zum Auftakt des Theatertags eine öffentliche Probe im Großen Haus. Foto: Felix Grünschloß

Ziel der begonnenen Baumaßnahme, deren voraussichtliche Kosten kurz vor der Sommerpause von 325 auf bis zu 500 Millionen Euro nach oben angepasst werden mussten, sei „ein Wohnzimmer für die ganze Stadt, ein Mehrwert für alle“, betonte Spuhler. Man wolle einen Ort schaffen, „an dem alle willkommen sind und der auch tagsüber geöffnet hat“.

OB warnt bei Bau vor Kompromiss

Auf diesen Aspekt verwies auch Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD), der das Publikum ebenfalls begrüßte. Mit dem Bau wolle man nicht nur die dringend notwendige Verbesserung der Arbeitsbedingungen in vielen Abteilungen erreichen, sondern auch das Theater zu einem Zentrum der Stadt und einen Ort für alle Bürger machen. Er betonte, dass die Kostenentwicklung kritisch begleitet werde, warnte aber davor, durch eine Spardebatte bei einem Kompromiss zu landen, der letztlich niemandem wirklich helfe.

Zum Zukunftsprozess sagte Mentrup, dass hausinterne Probleme üblicherweise vom Theater gemeinsam mit dem Verwaltungsrat zu klären seien. Bei der jüngsten Krise habe es aber „eine große Wechselwirkung von Außensicht und Innensicht“ gegeben, so Mentrup, der als stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats amtiert.

Mentrup erklärte, er bitte die Öffentlichkeit darum, dem angestoßenen Reformprozess, der wegen der Theaterferien erst jetzt richtig begonnen werden könne, nun Zeit zu geben, damit die vielen unterschiedlichen Abteilungen des Hauses eingebunden werden könnten. Ziel sei, dass sich bis November zeigen müsse, ob der eingeschlagene Weg zielführend sei. An das Publikum richtete er die Bitte, sich wegen der Unruhe hinter den Kulissen, die man nun intern bewältigen wolle, nicht vom Theaterbesuch abhalten zu lassen.

Unterhaltsame Orchesterprobe

Auch der geschäftsführende Direktor des Hauses, Johannes Graf-Hauber, ermunterte ausdrücklich zum Theaterbesuch. Wirtschaftlich sei die Situation ohnehin schwierig, da die Platzkapazität wegen der Corona-Abstandsregeln derzeit auf rund 25 Prozent beschränkt sei.

Im Großen Haus sind derzeit nur rund 250 Besucher zugelassen. Diese Plätze waren ausgebucht bei der anschließenden Orchesterprobe, bei der rund 30 Mitglieder der Badischen Staatskapelle (ebenfalls mit Abstand auf der Bühne) mit Auszügen aus Beethovens 8. Sinfonie Vorfreude auf das erste Sinfoniekonzert weckten - nicht zuletzt dank der so unterhaltsamen wie detaillierten Moderation durch den neuen GMD.

Das weitere Programm des Theatertags umfasst öffentliche Proben und Präsentationen aller Sparten, von Oper und Ballett über Schauspiel und Junges Staatstheater bis hin zum Volkstheater, sowie Führungen zum Thema Theatersanierung. Der reguläre Spielbetrieb beginnt an diesem Sonntag mit einem ersten Konzertprogramm („Der späte Strauß“, 15 und 18 Uhr im Großen Haus) und einer ersten Schauspielpremiere („Mozart und Salieri“, 19 Uhr im Kleinen Haus).

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