Eine Person, die polarisiert: Hengameh Yaghoobifarah gilt als „schrill“ (Die Zeit) und erhält von der Süddeutschen Zeitung den Titel „Reizfigur“. Yaghoobifarah steht derzeit im Rampenlicht von Medien und Politik, muss sich Hasskommentaren aussetzen und erhielt sogar Morddrohungen.
Auslöser für die Medienaufmerksamkeit war eine Kolumne in der Berliner Tageszeitung (taz), die Yaghoobifarah deutschlandweit bekannt machte. Großes Echo fand auch der im Februar erschienene Debütroman der Autorin, die sich als nonbinäre Person definiert. An diesem Dienstag stellt sie ihn bei einer Online-Lesung der Kunstakademie Karlsruhe vor.
Seit 2016 schreibt die Autorin eine Kolumne für die taz
Hengameh Yaghoobifarah zog nach dem Studium der Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik in Freiburg und im schwedischen Linköping nach Wien und arbeitet seit 2014 in Berlin in der Redaktion des feministischen Missy Magazine. Zudem schreibt sie freiberuflich, seit 2016 etwa die Kolumne „Habibitus“ für die taz.
Die 1991 in Kiel geborene Autorin mit iranischen Wurzeln fordert schreibend Geschlechter- und Rollenbilder heraus, widmet sich Themen wie Diskriminierungs- und Gewaltstrukturen und hält Vorträge über Antirassismus, Körperbilder, Mode sowie Medienästhetik aus einer queer-feministischen Perspektive.
Hasskommentare und Morddrohungen
Ihre Kolumnen sind provokant und entsprechend der Textgattung reich an satirischen Überspitzungen. Doch im Juni 2020 löste ihre taz-Kolumne mit einem Gedankenspiel um die Abschaffung der deutschen Polizei eine Kontroverse über Meinungs- und Kunstfreiheit aus.
Unter anderem kündigte Bundesinnenminister Horst Seehofer an, Strafanzeige wegen Beleidigung und Volksverhetzung zu stellen, verzichtete dann aber doch darauf. Yaghoobifarah erntete für den Text in sozialen Medien Hasskommentare und Morddrohungen. Der deutsche Presserat hingegen sah in der Kolumne keinen Verstoß gegen den Pressekodex und wies die Beschwerden zurück.
Debütroman „Ministerium der Träume“ wird direkt zum Bestseller
Weniger polemisch ist ihr im Februar 2021 erschienener Debütroman „Ministerium der Träume“, der viel besprochen wurde und direkt auf Platz 20 der Spiegel-Bestsellerliste landete. Der Roman, in dem auch Krimi-Elemente stecken, dreht sich um die aus Teheran stammende laute, queere Berliner Türsteherin Nasrin auf der Suche nach ihrer Schwester Nushin.
Die Kapitel springen dabei zwischen den Jugendjahren und der Zeit nach Nushins Tod. Sie berichten in poppigen Sprachbildern von den Träumen und Traumata der Schwestern nach der Flucht aus Teheran nach Deutschland. Yaghoobifarahs Kernthemen wie Identitäten, Gewalt und Homophobie spielen hier eine Rolle, aber auch universelle Motive wie Verlust, Liebe und Familienbande.
Karlsruher Studenten wollen über die Themen Gender, Sexismus und Rassismus diskutieren
„Schon vor der MeToo-Bewegung wurden die Themen Gender, Sexismus, Mobbing und Rassismus immer wichtiger“, sagt Ulla von Brandenburg, Gleichstellungsbeauftragte der Kunstakademie Karlsruhe. Unter Studierenden, aber auch darüber hinaus, sei der Wunsch nach Diskussionen über diese Themen groß.
Sie ist eine wichtige und bekannte feministische Stimme in Deutschland.Ulla von Brandenburg, Gleichstellungsbeauftragte Kunstakademie
Deshalb hat sie Yaghoobifarah eingeladen, die an diesem Dienstag ab 19 Uhr in einer offenen Videokonferenz der Kunstakademie Karlsruhe aus ihrem Roman lesen wird. „Sie ist eine wichtige und bekannte feministische Stimme in Deutschland“, so von Brandenburg.
„Nicht nur, weil sie medial sehr aktiv ist und immer wieder für Diskussionen sorgt, sondern gerade auch bei den jungen Studierenden ist sie eine Art Star.“ Gemeinsam mit dem studentischen Vertreter Lennart Krauß wird von Brandenburg die Lesung moderieren und im Anschluss zur offenen Diskussion einladen.
Infos
Infos zur Lesung auf der Internetseite der Karlsruher Kunstakademie.
Buchinfo: Hengameh Yaghoobifarah: Ministerium der Träume, 384 Seiten, 22 Euro, erschienen im Aufbau Verlag.