
80.000 Menschen an einem Tag hier, 80.000 Menschen an einem Tag dort. Und dennoch: Größer könnten die Gegensätze nicht sein zwischen den zwei Großveranstaltungen, die am Wochenende im Südwesten über die Bühne gingen.
Beim Karlsruher Open-Air „Das Fest“ waren am Sonntag insgesamt 80.000 Menschen unterwegs. Zum Konzert von Bruce Springsteen auf dem Hockenheimring kamen am Freitagabend ähnlich viele.
Eindrucksvolle Konzertmomente gab es hier wie dort zu erleben. Aber an den Abläufen zeigt sich der Vorteil, den Karlsruhe durch die besondere Organisationsstruktur beim „Fest“ hat.
Der größte Unterschied liegt nicht im Programm beim „Fest“
Der Punkt ist hierbei nicht, wie begeistert man von den Bands auf der Hauptbühne in der Günther-Klotz-Anlage ist. Das ist reine Geschmackssache.
Die Frage ist hierbei auch nicht, ob „Das Fest“ mit erhöhten Eintrittsgebühren, einer erneut auf vier Tage ausgedehnten Dauer und mitunter durchaus gesalzenen Essenspreisen eine Kommerzveranstaltung wird.
Denn die zeitliche Nähe zum Springsteen-Event führt den Unterschied vor Augen, der zwischen einer rein wirtschaftlich kalkulierten Veranstaltung und einem lokal gewachsenen Ereignis wie dem „Fest“ besteht.
Das Drama in Hockenheim begann nach dem Konzert
Das Problem am Hockenheimring war nicht der eigentliche Konzertverlauf. Das Drama begann jenseits des Geländes. Dort, wo allmählich unklar wurde, wer für eine geordnete Abreise der vielen zehntausend Menschen aus dem kleinen Ort zuständig war.
Die Bahn hatte Sonderzüge versprochen, konnte aber zunächst nicht einmal alle regulären Abfahrtzeiten einhalten. Und das Leitsystem des Veranstalters lotste die Massen, denen die Anreise per Bahn dringend empfohlen war, zwar bis zum Bahnhof. Doch dort versiegte jegliche Koordination der Besucherströme.
Auf sich allein gestellt stauten sich die Wartenden zur kritischen Masse, bei der man froh sein muss, wenn keiner der kreislaufbedingten Sanitätseinsätze einen ernsteren Grund hatte.
Die Voraussetzungen sind grundverschieden
Sicher: Die Situationen in Karlsruhe und Hockenheim sind nicht vergleichbar. Der Auftritt des Weltstars Springsteen war ein einzigartiges Event mit überregionaler, ja sogar internationaler Anziehungskraft.
„Das Fest“ ist eine regelmäßige Veranstaltung, die sich vor allem an ein lokales und regionales Publikum richtet, und dessen Besucherströme sich automatisch zeitlich verteilen.
Und es hat aus dem kritischsten Moment seiner bald 40-jährigen Geschichte, der dramatischen Überfüllung beim Auftritt von Peter Fox im Jahr 2009, gelernt: Die Koordination und Lenkung von Menschenmengen betrachten die Macher zu Recht als ihre Kernaufgabe.
In der friedlichen Atmosphäre steckt viel Arbeit
In dem berechtigten Vertrauen auf einen friedlichen Verlauf, mit dem zehntausende Karlsruhe jedes Jahr ihr „Fest“ besuchen, steckt letztlich mehr Arbeit als im Booking für die Hauptbühne.
Wobei sich auch am Besucherverhalten immer wieder zeigt: Indem die Veranstalter dieses Vertrauen stützen, erhalten sie sich auch das Gespür des Publikums für gegenseitige Rücksichtnahme.
Die war zum Glück auch bei den Springsteen-Besuchermassen vorhanden. Man möchte sich die Lage am Hockenheimer Bahnhof nicht nach einem Event mit massivem Testosteron-Überschuss vorstellen.