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Sanktionierte Erdgas-Pipeline

Aufschub für Schröder-Firma: Nord Stream 2 wendet Insolvenz vorläufig ab

Nord Stream 2 gilt als politisch tot. Aber hat die sanktionierte Ostsee-Pipeline vielleicht doch noch eine Zukunft? Ein Gericht will das offenbar nicht ausschließen und bewilligte der finanziell angeschlagenen Betreiberfirma einen Monate langen Aufschub.

Ex-Kanzler Gerhard Schröder ist für den Aufsichtsrat des russischen Staatskonzerns Gazprom nominiert.
Erfolg bei Gericht: Ex-Kanzler Gerhard Schröder wurde als Verwaltungsratspräsident von Nord Stream 2 ein Antrag auf Stundung gewährt. Jetzt wird die Sanierungsfähigkeit des Pipeline-Betreibers geprüft. Foto: Christoph Soeder/dpa/Archivbild

Die Nord Stream 2 AG hat eine Insolvenz vorläufig abgewendet. Der im Zuge des Ukraine-Kriegs von Sanktionen massiv betroffene Betreiber der gleichnamigen Ostsee-Pipeline erhält nach Informationen der BNN einen viermonatigen Aufschub in Form einer „Provisorischen Nachlassstundung“.

Das Unternehmen mit Sitz im Steuerparadies Zug in der Schweiz hatte dies zuvor beim zuständigen Kantonsgericht beantragt. Unternehmenssprecher Ulrich Lissek bestätigte auf Anfrage von BNN.de: „Das Gericht ist damit unserem Gesuch gefolgt.“

Wie aus einer aktuellen Veröffentlichung im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) vom Mittwoch hervorgeht, läuft die Stundung am 10. September ab. Bis dahin soll ein gerichtlich eingesetzter Konkursverwalter die Sanierungsfähigkeit prüfen. Demnach schließt das Kantonsgericht Zug eine erfolgreiche Sanierung des Betreibers der Ostsee-Pipeline nicht aus, andernfalls hätte von Amts wegen ein Konkursverfahren eröffnet werden müssen.

Grundlage ist das Schweizerische Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG), das die gerichtliche Sanierung von Unternehmen regelt. Die Bezeichnung Nachlassverfahren ist darin im Sinne von „Forderungen nachlassen“ gemeint.

Hat die Ostsee-Pipeline irgendwann doch noch eine Zukunft?

Das Gericht wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Verfahren äußern. Ein Sprecher teilte lediglich mit: „Aufgrund des Amtsgeheimnisses werden vonseiten des Kantonsgerichts Zug keine Auskünfte erteilt.“

Der Pipeline-Bauer gilt wegen des Ukraine-Krieges und der damit verbundenen westlichen Sanktionen seit Ende Februar als faktisch zahlungsunfähig, weil er unter anderem in der Schweiz keine Bankgeschäfte mehr tätigen kann. Bereits Anfang März hatte die Regierungsrätin des Kantons Zug, Silvia Thalmann-Gut, einem Fernsehsender gesagt, Nord Stream 2 habe Konkurs angemeldet, die Aussage aber später wieder zurückgenommen.

Nun dauert es also mindestens weitere vier Monate, bevor klar ist, wie es mit der Aktiengesellschaft weitergeht, die zu 100 Prozent dem russischen Energieriesen Gazprom gehört.

Konkurs erwartet: Wegen der Ukraine-Sanktionen gilt das Aus für Nord Stream 2 als wahrscheinlich.
Konkurs erwartet: Wegen der Ukraine-Sanktionen gilt das Aus für die Nord Stream 2 AG als wahrscheinlich. Alle 106 Mitarbeiter wurden bereits entlassen. Foto: Daniel Streib

Zumindest beim Kantonsgericht in Zug will man offenbar nicht ausschließen, dass mit der brach liegenden, aber funktionsfähigen Ostsee-Pipeline irgendwann doch noch Geld verdient werden kann. Nach Unternehmensangaben ist die Pipeline derzeit mit 350 Millionen Kubikmetern Erdgas gefüllt und könnte technisch gesehen zeitnah in Betrieb genommen werden.

Nord Stream 2 AG verkleinert sich und zieht um

Unterdessen senkt man beim Unternehmen weiter die laufenden Kosten. Nach BNN-Informationen wurde der bisherige Hauptsitz der Nord Stream 2 AG in der Baarerstraße in Zug aufgegeben. Nach der Kündigung aller 106 Mitarbeiter Ende Februar waren die Räumlichkeiten ohnehin zu groß geworden. Künftig soll der Pipeline-Bauer von einer bisherigen kleineren Zweigstelle geführt werden.

Geleitet wird die Nord Stream 2 AG von zwei Putin-Vertrauten: Alt-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) ist Präsident des Verwaltungsrates. Das Gremium hatte zuletzt über die Einleitung des Insolvenzverfahrens entschieden – die „Bilanz deponiert“, wie es in der Schweiz heißt. Das operative Geschäft wird vom Vorstandsvorsitzenden Matthias Warnig geführt. Der ehemalige Stasi-Offizier und DDR-Spion wohnt seit einigen Jahren in Staufen im Breisgau.

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