Als einen „gärigen Haufen“ hat Alexander Gauland seine AfD einmal bezeichnet. Und nach Einschätzung des AfD-Landesvorsitzenden Bernd Gögel könnte er damit ausdrücklich den baden-württembergischen Landesverband der Rechtspopulisten gemeint haben.
Nachdem Vertreter der Partei am vergangenen Wochenende vor dem Baden-Badener Funkhaus des SWR offen gegen die Presse hetzten , wird es nun selbst Teilen des Landesvorstandes zu viel.
Baden-Baden wird zur Zerreißprobe
Der umstrittene Auftritt der AfD-Größen Stefan Räpple und Dubravko Mandic und die parteiinterne Diskussion darüber könnten nun ausgerechnet den eher gemäßigt auftretenden Spediteur aus dem Enzkreis seinen Führungsposten kosten.
Schon einmal hatte Gögel offene Worte gegen die extreme Rechte in seiner Partei gefunden. Beim Parteitag vor einem Jahr in Heidenheim konnte er sich damit gegen den völkisch-nationalistisch einzuordnenden Emil Sänze durchsetzen, bekam dann aber den ebenfalls deutlich radikaleren Dirk Spaniel zur Seite gestellt.
Verunglimpfender Auftritt
Derzeit bilden Gögel, Landtagsabgeordneter aus dem Enzkreis und Vorsitzender der Landtagsfraktion, und Spaniel, der dem Rechtsaußen-Netzwerk „Flügel“ um Björn Höcke nahesteht, eine Doppelspitze.
Der Landesvorstand hat in einer Sitzung am Dienstag den Organisatoren und Rednern des nach Gögels Worten „verunglimpfenden“ Auftritts vor dem Funkhaus ein Ultimatum gestellt. „Sie haben eine Woche Zeit sich zu erklären.“
Spaniel war bei Hetze gegen SWR dabei
Unabhängig davon, ob sich Räpple und Mandic von ihren hetzerischen Äußerungen distanzieren, plant die AfD-Spitze, sich bei den Mitarbeitern des Südwest-Rundfunks zu entschuldigen. Interessanterweise war Dirk Spaniel an dem umstrittenen Auftritt in Baden-Baden beteiligt.
Wie er sich in der Vorstandssitzung zu der Veranstaltung positionierte, ist bislang nicht nach außen gedrungen. Dass das nicht länger gut gehen kann, ist in der Partei ein offenes Geheimnis.
Führungsduo vor dem Aus
Der Graben zwischen völkischer Fundamentalopposition und realpolitisch orientiertem Nationalismus geht quer durch den Landesverband, den Landesvorstand und mitten durch das Führungsduo.
Fünf fundamentalistische Kreisverbände, darunter auch Pforzheim, haben den Sonderparteitag beantragt. Der soll am 15. und 16. Februar in Böblingen stattfinden. Sowohl Gögel als auch Spaniel, so wird inzwischen offen diskutiert, werden ihre Spitzenposten wohl verlieren.
Weidel will übernehmen
Alice Weidel, stellvertretende Bundes- und Fraktionssprecherin der Partei, hat bereits angeboten, den schlingernden Kahn zu übernehmen.
Gögel könnte sich nach eigenen Angaben auch gut vorstellen, den Landesverband gemeinsam mit Weidel zu führen. „Ich würde das gerne annehmen, wir sind auf einer Linie, hatten noch nie Differenzen und würden uns auch gut ergänzen.“
Konflikt bleibt unentschieden
Dieser Lösung werden parteiintern aber wenig Chancen eingeräumt. Zur Befriedung der Situation will man wohl eher auf eine Doppelspitze verzichten und sich stattdessen auf eine Vorsitzende festlegen.
Entschieden wird der schwelende Konflikt zwischen sich eher gemäßigt-patriotisch gebenden und den offen völkisch-nationalistischen Teilen des Landesverbandes in Böblingen damit aber nicht.
Weidel wird die extreme Rechte nicht verprellen
Weidel hat es im vergangenen Herbst auch bei einer Krisenintervention im Landesverband von Nordrhein-Westfalen geschafft, die Wogen zu glätten, ohne eine der beiden Strömungen zu verprellen.
Die Chance, sich als integrative Kraft der Südwest-AfD zu präsentieren und wichtige Stimmen für den Sonderparteitag zu gewinnen, hat Weidel schon an diesem Sonntag.
Ab 14 Uhr wird sie sich gemeinsam mit fast allen anderen AfD-Bundestagsabgeordneten aus Baden-Württemberg in der Badnerland-Halle in Neureut Fragen ihrer Anhänger und parteiinterner Gegner stellen.
Stellvertreter-Posten für Marc Bernhard?
Parteiinsider gehen davon aus, dass man sich Mitte Februar in Böblingen tatsächlich hinter Weidel als Integrationsfigur versammelt und der viel beschäftigten Bundestagsabgeordneten zwei beschlagene Stellvertreter zur Seite stellt.
Für einen dieser Posten wird unter anderem auch der Karlsruher Bundestagsabgeordnete Marc Bernhard gehandelt.