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Kernkraft-Aus und E-Mobilität

Angela Merkel hat bei der Brettener CDU nicht mehr viele Fans

Es sieht nicht gut aus in der CDU. Die Kanzlerin angezählt, ihre Vorsitzende auf dem Absprung und vier Kandidaten vor der Kampfabstimmung. Die Partei ist nicht erfreut. Bei einem Partei-Stammtisch in Bretten zeigt sich, wo die Basis hin will.

Wohin des Wegs? Annegret Kramp-Karrenbauer und ihr Generalsekretär Paul Ziemiak suchen nach einer Richtung für ihre Partei. Die scheidende CDU-Vorsitzende führt derzeit Einzelgespräche mit möglichen Nachfolgern.
Wohin des Wegs? Annegret Kramp-Karrenbauer und ihr Generalsekretär Paul Ziemiak suchen nach einer Richtung für ihre Partei. Die scheidende CDU-Vorsitzende führt derzeit Einzelgespräche mit möglichen Nachfolgern. Foto: Hendrik Schmidt

Die christdemokratische Basis murrt und knurrt. Ob sie auch beißt, wird sich noch zeigen. In der Partei Konrad Adenauers herrscht Unmut und Unsicherheit.

Die Spitze ist führungslos, der politische Kompass rotiert. Die Große Koalition hat offensichtlich nicht nur die Sozialdemokraten demoliert.

Immer mehr Grüppchen und Flügel

In Stuttgart regiert die CDU mit den Grünen, in Erfurt wählen sie mit der AfD, intern gründen sich Grüppchen und Flügel. In den Ortsverbänden rumort es. Steht erneut eine Volkspartei vor der Implosion?

Die als aussichtsreich geltenden Bewerber um den Parteivorsitz, Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, haben noch nicht öffentlich erklärt, ob sie kandidieren.

Kramp-Karrenbauer hatte sich am Dienstag mit Merz zu einem Gespräch über die anstehenden Personalentscheidungen getroffe n. Am Mittwoch gab es noch Beratungen zunächst mit Spahn und am Nachmittag mit Laschet.

Stammtisch der Basis beim Italiener

Die erste offizielle Bewerbung aber kommt von Norbert Röttgen. Wer hat die Kraft und den Rückhalt an der Basis, um die Christdemokraten in die Zukunft zu führen?

Wenn sich Brettens CDU zum Stammtisch trifft, dann tut sie das beim Italiener. Denn gegen Einwanderer hat hier keiner was. „Solange sie sich einfügen, arbeiten und deutsch lernen.“

AfD-Wähler sind nicht braun, sondern von der CDU gefrustet
Ein Brettener CDU-Mitglied

Bei Calzone und Bier wird abgerechnet mit einer sozialdemokratisierten Merkel-Partei, die ihre Wähler an die AfD verliert. „Nicht weil die Wähler braun sind, sondern weil sie von der CDU gefrustet sind“, sagt einer.

2015, die Zahl steht symbolisch für die Entscheidung der Kanzlerin, die Balkanroute zu öffnen, 2015 also und der Atomausstieg sind noch nicht verdaut, da will man den Konservativen schon den Kohleausstieg und die E-Mobilität aufzwingen. „Nicht mit uns.“

Angela Merkel scheint nur noch wenig Freunde zu haben an der Brettener Unionsbasis. „Ohne Sachverstand, ein Fähnchen im Wind.“

Norbert Röttgen ist hier chancenlos

Grüne Großstadt-Utopisten und streikende Kinder hätten ihr den Schneid abgekauft. „Raus aus der Kernkraft, raus aus der Kohle, rein in die E-Mobilität, das waren populistische Entscheidungen.“

Man habe die weltbesten Atomkraftwerke abgeschaltet, baue Windräder auf und Solarparks, ohne sich je Gedanken gemacht zu haben, wohin der giftige Abfall soll, also der von den Windrädern und Solarparks.

Rechts der Mitte: An der Brettener Parteibasis ist man sich ziemliche einig, wo man nach zusätzlichen Wählern fischen sollte.
Rechts der Mitte: An der Brettener Parteibasis ist man sich ziemliche einig, wo man nach zusätzlichen Wählern fischen sollte. Foto: Weisenburger

Das klingt nicht nach einer Partei, in der Norbert Röttgen noch mal was reißen könnte. Sollte er sich mit seiner Idee einer Mitgliederbefragung durchsetzen, an der Basis in Bretten zumindest wäre das ein Schuss ins eigene Knie.

Von Thüringen erschüttert

War er es nicht, der die Kanzlerin nach Fukushima zum Atomausstieg gedrängt hat? Man ist sich hier einig: „Die CDU lässt sich doch inzwischen von allem und jedem ins Bockshorn jagen.“

Erschüttert sind Brettens Christdemokraten von den Ereignissen rund um Thüringen. Doch anders als Parteispitze und „Mainstream-Presse“ hält man im Nebenzimmer des italienischen Restaurants nicht das Wahlverhalten der CDU-Abgeordneten in Erfurt für den Skandal.

„Die CDU hat in geheimer Abstimmung gegen einen linken Kandidaten gestimmt. Wo soll denn da der Fehler sein?“ Niemand habe doch im Vorfeld wissen können, wer da von der AfD gewählt wird. „Wir lassen uns von den Medien und den Grünen durchs Dorf jagen. Wir müssen endlich Rückgrat zeigen.“

Merkel hat den Karren erst verfahren

Erst Merkels Intervention, so sagen die meisten hier, habe den Karren verfahren. „Da steht die Kanzlerin in Afrika, dort, wohin wir doch eigentlich die Demokratie exportieren wollen. Und sie sagt: Die Wahl des Ministerpräsidenten passt mir nicht, die machen wir rückgängig.“

Das, so sagt einer, sei mit seinem Demokratieverständnis nicht zu vereinbaren. Und ein anderer erwartet: „Wenn Ramelow doch noch ins Amt gewählt wird, dann hoffe ich, sie sagt erneut, das war ein Betriebsunfall, der rückgängig gemacht werden muss.“

Ein kategorisches Verbot, mit der AfD zusammenzuarbeiten, das halten nicht nur die aktiven Kommunalpolitiker im Saal für unakzeptabel. „Ist es jetzt immer verboten, mit der AfD zu stimmen? Wo ist denn die Grenze unseres Unvereinbarkeitsbeschlusses?“

Wie geht man mit der AfD im Lokalen um?

Die zieht die Vorsitzende des Stadtverbandes, Waltraud Günther-Best. „Es geht um die Zusammenarbeit. Die ist unvereinbar. Zufällig fürs Gleiche zu stimmen, bleibt erlaubt.“

Von Laschet und Spahn spricht hier keiner. Wenn in diesem Nebenzimmer der Parteibasis einer punkten kann, dann ist es Friedrich Merz.

Von ihm erwartet man, dass er die AfD verdrängt, ihre Wähler zurückholt und dafür sorgt, dass es frei nach Franz Josef Strauß, keine demokratische Partei rechts der Union mehr gibt.

Wir müssen den Nationalen eine Heimat bieten
Axel Fischer, Bundestagsabgeordneter

Als Ehrengast des politischen Stammtischs ist der lokale Bundestagsabgeordnete Axel Fischer nach Bretten gekommen. Für ihn ist es auch ideologisch ein Heimspiel.

„Wir müssen den Nationalen eine Heimat bieten“, sagt er. In der Sache kämpft er um mehr Realismus. „Philippsburg ist vom Netz. Die Messe ist gelesen.“

Doch so ganz will auch er nicht von der Kernkraft lassen. „Ich bin mir nicht sicher, ob wir nicht in 30 Jahren wieder Kernkraftwerke bauen.“ In Berlin wurde er gerade Sprecher eines neuen „liberal-konservativen Gesprächskreises“, in dem sich Abgeordnete von CDU, CSU und FDP zusammenfinden.

Diplomatische Rechtsvolte

Er sieht in den AfD-Anhängern das natürliche Wählerpotenzial seiner Partei. Den politischen Gegner vermutet er bei SPD und Grünen. „Die arbeiten mit den Mauermördern zusammen.“

Es ist der Versuch, sich möglichst diplomatisch nach rechts zu wenden, ohne die Mitte zu sehr zu erschrecken. Doch die Idee der Rechtsvolte hatten schon andere in der Partei.

Und in Bretten scheinen die eher undiplomatischen Rechtsaußen, der rund 4.000 Mitglieder starken parteiinternen „Werte-Union“ mehr Freunde zu haben.

Einer bringt es auf den Punkt: „Die Werte-Union, das sind für mich die letzten Aufrechten in der CDU. Wenn ihr die raus schmeißt, das wäre für mich ein Grund, der CDU den Rücken zu drehen.“

Die Werte-Union ist unser Bollwerk gegen die AfD
Axel Fischer

Der Sozialflügel der Union, die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) hat gefordert, die Mitglieder der rechten Splittergruppe aus der CDU zu werfen. Das kommt auch für Fischer nicht infrage.

„Wir werfen doch auch nicht die Mitglieder der CDA raus. Obwohl die mich auch immer mal wieder ärgern. Die Werte-Union ist unser Bollwerk gegen die AfD.“

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