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Aserbaidschan-Connection

Baku-Württemberg? Die regionale Wirtschaft hat kaum Berührung mit Aserbaidschan

Baden-Württemberg und die Region Karlsruhe gelten als Schwerpunkte der Aserbaidschan-Connection. Profitiert die regionale Wirtschaft von den Kontakten der Politik zum Öl-Regime? Recherchen zeigen: Enge Beziehungen gibt es ausgerechnet zu Aserbaidschans größtem Feind.

A picture made available 29 July shows workers from Oil platforms enjoy the sun on the beach of Caspian See near Azerbaijan capital city Baku, 23 July 2008. Crude oil prices above 120 US dollars a barrel are abnormal and could fall to around 78 US dollars under the right circumstances, OPEC President Chakib Khelil said in Jakarta on 29 July 2008. EPA/FILIP SINGER +++ dpa-Bildfunk +++
Energie tanken: Arbeiter einer Ölplattform nahe Baku entspannen am Kaspischen Meer in Sichtweite von Förderanlagen. Foto: Filip Singer, dpa

Baku-Württemberg? Der Südwesten gilt als Schwerpunkt der Aserbaidschan-Connection. In kaum einem Bundesland gibt es mehr Politiker, die mit Verbindungen nach Baku oder wohlwollenden Aussagen über den autokratisch regierten Ölstaat aufgefallen sind.

Zur Begründung werden gerne wirtschaftliche Interessen angeführt. Auch von Otto Hauser, der seit mehr als zehn Jahren der einzige Honorarkonsul Aserbaidschans in Deutschland ist und somit ehrenamtlicher Vertreter der Interessen Bakus. „Es gibt mindestens 40 Firmen in Baden-Württemberg, die von Aufträgen aus Aserbaidschan profitieren“, so der ehemalige Esslinger CDU-Abgeordnete und letzte Regierungssprecher von Kanzler Helmut Kohl unlängst gegenüber Medien.

Fragt man konkret zu Firmen nach, wird es schwierig. Hauser bittet um Verständnis, dass er da keinen Überblick mehr habe, seit Visa-Anträge nicht mehr vor Ort im Honorarkonsulat, sondern elektronisch beantragt würden.

Zumindest ein Engagement der Immens Consulting GmbH aus Esslingen stellt er auf Nachfrage nicht in Abrede. Sie soll einem aserbaidschanischen Regierungsbericht zufolge im Zusammenhang mit einem Berufsbildungszentrum tätig gewesen sein. Das Magazin „Vice“ hatte darüber zuerst berichtet. Hauser ist Inhaber der Firma, die sich zuletzt die Fax-Nummer mit dem Honorarkonsulat teilte. Ein Umstand, der noch vor wenigen Tagen auf der später gelöschten Firmenwebseite zu lesen war.

Beim Lobbyverein Deutsch-Aserbaidschanisches Forum kann man bei der Suche nach Firmen auch nicht weiterhelfen. Der Geschäftsführer empfiehlt, dazu möge man sich an den Ehrenvorsitzenden Hauser wenden.

IHK verzeichnet keine Aktivitäten zu Aserbaidschan

Und wie sieht es mit der Region aus? Immerhin gibt es im Landkreis Karlsruhe gleich zwei Abgeordnete mit besonderem Interesse an Aserbaidschan. Sowohl Axel E. Fischer, gegen ihn wird in der Aserbaidschan-Affäre strafrechtlich ermittelt, als auch Olav Gutting (beide CDU) waren mehrere Jahre Mitglieder der für das Land zuständigen Deutsch-Südkaukasischen Parlamentariergruppe.

Fischer ist für Nachfragen nicht zu erreichen. Gutting möchte keine regionalen Ansprechpartner nennen. Begründung: Inzwischen müsse jeder, der „irgendwelche Kontakte dorthin hat, mit dem Schlimmsten rechnen“. Lieber verweist der Abgeordnete für Bruchsal-Schwetzingen auf die Bedeutung Aserbaidschans, „auch für die gesamte europäische Energieversorgung“.

Es gibt einen gewachsenen Austausch zwischen Karlsruhe und Armenien.
Robert W. Huber, IHK Karlsruhe

Profitiert der Energie-Standort Karlsruhe? Die Aktivitäten des wichtigsten Unternehmensverbandes der Region deuten jedenfalls nicht darauf hin. Im Netzwerk der 79 deutschen Industrie-und Handelskammern ist die IHK in Dortmund für Aserbaidschan zuständig. Die IHK Karlsruhe aber hat seit über 20 Jahren den Länderschwerpunkt Armenien – ausgerechnet Aserbaidschans Gegner im Südkaukasus.

Die IHK Karlsruhe teilt auf Anfrage mit: „Im Laufe der Jahre hat ein kontinuierlicher Austausch mit den Unternehmens- und Wirtschaftsvertretern beider Länder sowohl in Armenien als auch in der Technologieregion Karlsruhe stattgefunden.“

Hochkarätige Kenner Armeniens aus Karlsruhe

Die regionale Wirtschaft verfügt über hochkarätige Kenner Armeniens: Der Karlsruher Günter Pilarsky ist armenischer Honorarkonsul für den Konsularbezirk Baden-Württemberg. Über Beteiligungen galt der Metallunternehmer (Cronimet-Gruppe) und KSC-Vizepräsident längere Zeit als einer der größten privaten Arbeitgeber Armeniens.

Zudem kommt der ehrenamtliche armenische Wirtschaftsattaché für Baden-Württemberg aus der Region: Der Ettlinger Unternehmer Robert W. Huber sagt: „Es gibt einen gewachsenen Austausch zwischen Karlsruhe und Armenien.“ Die Aktivitäten in Form von „Veranstaltungen zu spezifischen Themen, von Seminaren, von Schulungen oder dem Empfang von Wirtschaftsdelegationen und Markterkundungsreisen werden mit jeder Intensität auch weiterhin durch die IHK Karlsruhe und dem Deutschen Wirtschaftsforum in Armenien durchgeführt“, so Huber, der Vorsitzender des Ausschusses für Außenwirtschaft der IHK ist.

Und Aserbaidschan? Im Bezirk der IHK Karlsruhe seien „auch in der Zeit vor der Pandemie keine besonderen Veranstaltungen zu dem Exportmarkt Aserbaidschan“ durchgeführt worden, heißt es auf Anfrage dazu knapp.

Länderbericht warnt vor Korruption und Rechtsunsicherheit

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministerium gehört Baku zu den zehn wichtigsten Rohöllieferanten Deutschlands. Seit dem vergangenen Jahr bezieht Europa über die in Süditalien endende Trans Adriatic Pipeline (TAP) erstmals Gas direkt aus Aserbaidschan. Deutsche Firmen sind dabei offenbar weniger vertreten. Berichten zufolge dominiert der britische Energiekonzern BP, der TAP-Miteigner ist.

Und was ist mit dem Mittelstand? Die bundeseigenen German Trade Invest (GTAI) zeichnet ein uneinheitliches Bild für Investoren. In der jüngsten GTAI-Länderanalyse vom April 2021 zu Stärken und Schwächen resümiert die Nachfolgeorganisation der Bundesagentur für Außenwirtschaft: „Aserbaidschan ist mit zahlreichen Rohstoffen und einer günstigen geografischen Lage gesegnet. Strukturdefizite und ein schwieriges Geschäftsklima hemmen jedoch die weitere Entwicklung.“ Das Land hänge weiter am „Öltropf“.

Konkret bemängelt der Aserbaidschan-Bericht einen „unterentwickelten Nichtölsektor“, „große Clan- und Schattenwirtschaft sowie Korruptionswahrnehmung“ und mangelhafte Rechtssicherheit.

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