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Problem für Deutsche Bahn

Ein Drittel der Güterzüge ist zu schwer für den Rastatter Tunnel

In Rastatt verliert die Rheintalbahn ihren Titel als Flachlandtrasse. Die Rampen des neuen Tunnels werden so steil, dass schwere Güterzüge nicht durch fahren können. Von Rotterdam bis Rastatt und von Rastatt bis Genua können Güterloks bis zu 2.600 Tonnen Last ziehen. Durch den Rastatter Tunnel aber maximal nur 1.600 Tonnen. Das könnte Rastattern schlaflose Nächte bereiten.

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Güterzüge rattern weiter durch Rastatt. Die Rampen des neuen Tunnels werden zu steil für schwere Güterzüge. Ein Drittel der täglich 200 Züge darf nicht durch fahren. Foto: Collet

Topfeben von Rotterdam bis Genua: Das Rheintal bietet dem Güterbahnverkehr hervorragende Voraussetzungen um möglichst viel Material mit möglichst wenig Aufwand durch Europa zu ziehen. Rund 200 Güterzüge rasen nach Angaben der Deutschen Bahn täglich am Rhein entlang.

Ausgerechnet der neue Tunnel in Rastatt könnte nun zu einem Hindernis werden, das besonders schwere Züge vor Probleme stellt. Mit maximal rund sechs Promille Gefälle gilt die Rheintrasse als Flachlandbahn. Eine Lokomotive üblicher Bauart kann bis zu 2.600 Tonnen von der Nordsee ans Mittelmeer ziehen.

Güterzüge dürfen nur 1.600 statt 2.600 Tonnen ziehen

Der Rastatter Tunnel könnte diese maximale Anhängelast um ganze 1.000 Tonnen reduzieren.

Auf etwa halbem Wege quer durch Europa drohen die Rampen an der Ein- und Ausfahrt zum Rastatter Tunnels den flachen Traum der Lokführer zu unterbrechen.

Ein Gefälle von rund zwölf Promille macht den Tunnel zum Prellbock. Der Titel Flachtalbahn ist dann wohl weg. Zwölf Promille, für Laien und Autofahrer klingt das wenig.

Eisenbahningenieur: Das ist ein Schildbürgerstreich

Für eine Güterlok aber heißt das: Die maximale Anhängelast sinkt um 1.000 Tonnen auf dann nur noch 1.600 Tonnen je Lokomotive. Sven Andersen, pensionierter Eisenbahningenieur und passionierter Bahnkritiker, spricht von einem Schildbürgerstreich.

Um Rastatt und vor allem auch die Murg zu unterfahren, muss die Bahnröhre bis zu 20 Meter tief unter die Stadt gebaut werden. Wohl um die Zufahrtsrampen möglichst kurz halten zu können, hat man sich bei der Bahn dafür entschieden, deutlich mehr Gefälle zuzulassen, als die auf dem Rest der Magistrale.

Rastatter Tunnel wird steiler als die Fahrt durch die Alpen

Die Schweizer schafften es, den Weg durch die Alpen mit einer maximalen Neigung von sieben Promille zu bauen, so Andersen. „Die Schweiz hat die Interessen des Schienengüterverkehrs in hervorragender Weise berücksichtigt, gerade auch im Gotthardbasistunnel.“

Für Andersen ist „der prognostizierte Gütermehrverkehr durch den Gotthardbasistunnel Anlass für den Bau zweier zusätzlicher Streckengleise zwischen Karlsruhe und Basel“. Deshalb hätte man auch auf deutscher Seite beim Ausbau vor allem auch auf die Bedürfnisse der Güterzüge Rücksicht nehmen müssen.

Täglich bleiben bis zu 65 Güterzüge an der Oberfläche

Nach Angaben der Deutschen Bahn wiegen rund zwei Drittel der Güterzüge auf der Rheintalstrecke weniger als 1.600 Tonnen und könnten so problemlos durch den Rastatter Tunnel fahren.

„Da nach den aktuellen Zahlen für rund 70 Prozent der Güterzüge eine Überschreitung von 1.650 Tonnen überhaupt nicht auftritt, stellen die 12,3 Promille Gefälle beziehungsweise Steigung für das Befahren der Rampen und des Tunnels kein Problem dar“, sagt Michael Breßmer, Sprecher der Deutschen Bahn und zuständig für das Großprojekt Karlsruhe-Basel.

„Konkret“, so Breßmer, „heißt das, zwei Drittel aller Güterzüge können den Rastatter Tunnel nutzen.“ Für Andersen heißt das aber auch, dass immerhin ein Drittel der Züge zu schwer sind für die Fahrt durch den über vier Kilometer langen Rastatter Tunnel.

Zusätzliche Lokomotive von Karlsruhe bis Baden-Baden?

Bei 200 Güterzügen täglich muss man wohl von über 65 Zügen ausgehen, die nicht durch den Tunnel dürfen. Theoretisch, so Andersen, könne man diese Züge vor der Rastatt-Passage natürlich teilen oder für die Strecke zwischen Karlsruhe und Baden-Baden eine zusätzliche Lokomotive vorspannen.

Die praktikabelste und kostengünstigste Lösung ist aber, dass die schweren Güterzüge an der Oberfläche bleiben und damit weiter durch Rastatt rattern. Bahnsprecher Breßmer sieht das gelassen.

Deutsche Bahn: Mit diesem Prachtbau wird vom Zugverkehr kaum etwas zu hören sein

„Unsere Aussage gegenüber der Öffentlichkeit war nie, dass alle Güterzüge den Tunnel Rastatt befahren werden, sondern wir haben immer kommuniziert, dass die Mehrzahl aller Güterzüge den Tunnel befahren kann.“

Im Hochglanzprospekt, mit dem die Bahn für ihr Jahrhundertbauwerk wirbt, hieß es hingegen stets: „Mit diesem Prachtbau wird vom Zugverkehr kaum etwas zu hören und zu sehen sein.“

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