
Ein lauer Sommerabend in Zürich wird in Deutschland immer hitziger diskutiert. Auslöser ist ein Foto, das Harald Schmidt in der Schweizer Stadt im Kreise veritabler Rechtspopulisten zeigt: zur Rechten der von der „Welt“ gefeuerte Autor Matthias Matussek, zur Linken der tief gefallene ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen.
Die drei hemdsärmligen Männer blicken aufmerksam in die Kamera, Schmidt mit Weinglas und einem zufriedenen Lächeln.
Das Schmidt-Foto mit den beiden Vertretern der „Neuen Rechten“ – wie Politologen das Milieu nennen – tauchte später auf dem Facebook-Account von Matussek auf. Seither erregt es auch bei einst treuen Fans und Weggefährten der schwäbischen Entertainer-Legende („Harald Schmidt Show“) Reaktionen von Argwohn bis Abscheu.
Anlass des Stelldicheins an der Limmat ist ein Sommerfest der „Weltwoche“. Die kleine Schweizer Wochenzeitung wurde in den vergangenen Jahren zu einem Forum von rechtspopulistischen Autoren umgebaut. Chefredaktor Roger Köppel sitzt für die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) im Nationalrat und irritiert regelmäßig mit radikalen Äußerungen sowie mit seinem Verständnis für den russischen Autokraten Wladimir Putin und für chinesische Machthaber. Ehrengast des Sommerfestes war die deutsche AfD-Chefin Alice Weidel.
Heufer-Umlauf und Böhmermann sind fassungslos über Schmidt-Reise
Das alles dürfte auch Harald Schmidt wohlbekannt gewesen sein, findet Moderator Klaas Heufer-Umlauf, der einst bei der „Harald Schmidt Show“ hinter den Kulissen arbeitete. Heufer-Umlauf wunderte sich unlängst im Podcast „Apokalypse & Filterkaffee“, dass Schmidt „da freiwillig zu Hause losfährt, dahin geht, genau wissend, wer da alles ist und sich auf einen herrlichen Abend mit guten Gesprächen mit Hans-Georg Maaßen und anderen Aussortierten freut“.
Der TV-Star („Joko und Klaas“) befand: „Man zweifelt an sich selbst, dass man mal eine Art Bewunderung hatte.“
Er wusste, was für Leute da herumstehen.Jan Böhmermann
über Harald Schmidt
Fassungslos zeigte sich auch ein weiterer prominenter Ex-Mitarbeiter von Schmidt. ZDF-Satiriker Jan Böhmermann ätzte in seinem am Mittwoch veröffentlichten Podcast „Fest und flauschig“, Schmidt könne auch beim „Jahresfest des Völkischen Beobachters“ Witze machen, wenn er schon zur „rechtsextremen und wirklich antisemitischen, russlandfreundlichen“ Weltwoche fahre. „Er wusste, was für Leute da herumstehen.“
„Volksverhetzung“ – Leiter von KZ-Gedenkstätte zeigt Maaßen an
Antisemitismus ist ein schwerer Vorwurf, der inzwischen auch in einem anderen Zusammenhang mit dem viel kritisierten Foto erhoben wird. Dabei geht es um eine Reaktion von Hans-Georg Maaßen. Der Chef der „Werteunion“, den die CDU-Führung aus der Partei ausschließen möchte, hatte am vergangenen Sonntag in einem Posting auf der Plattform X, vormals Twitter, mit Bezug zur Kritik an dem Foto geschrieben: „In den 1930er-Jahren hieß es: Kauft nicht bei Maaßen. Geschichte wiederholt sich. Die Nazis heute sind im Unterschied zu ihren Vorfahren so verblödet, dass sie noch nicht einmal merken, dass sie Nazis sind.“
Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, hat der Leiter der KZ-Gedenkstätte Buchenwald, Jens-Christian Wagner, deshalb nun Anzeige gegen Maaßen erstattet. Auf Nachfrage habe Wagner erklärt, dass Maaßen mit dem Posting die Verfolgung von Juden im Nationalsozialismus mit seiner angeblichen aktuellen Verfolgung gleichsetze. Maaßen verharmlose so „die Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus, die im Massenmord endete“. Dies sei ein Fall von Volksverhetzung, so der Göttinger Historiker.
Harald Schmidt macht Witze über seine prominenten Kritiker
Ob Harald Schmidt diese Eskalation um sein Züricher Stelldichein recht sein kann? Eine BNN-Nachfrage vom Freitag zu den Äußerungen Maaßens nahm Schmidt zum Anlass für einen Witz: „Ich bin unterwegs zu einem Fototermin in der Schweiz und kann wegen Termindruck Ihre Frage leider nicht beantworten.“
Auch im weiteren Austausch mit dieser Redaktion bemühte sich der „ZDF-Traumschiff“-Darsteller um den Eindruck, die Kritik sei ihm egal. Ähnlich hatte er sich zuvor in der „Zeit“ geäußert und sein Treffen mit der Suche des Bühnenkünstlers nach Material begründet.
Aber lassen den 66-Jährigen die harschen Reaktionen seiner einstigen Eleven Böhmermann und Heufer-Umlauf tatsächlich kalt? Darauf hat Harald Schmidt gegenüber den BNN eine klare Antwort parat: „Ich bin stolz. Auf die Buben ist Verlass.“