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Forschungsmillionen vom Bund für KIT und Fraunhofer Institut

Karlsruher Forscher wollen Nitratgehalt im Grundwasser vorhersagen

Wie kommt Nitrat ins Grundwasser und wie breitet es sich dort aus? Wenn die Wasserwerke mehr über Ursachen, Verbreitung und Ausmaß wüssten, könnten sie viel Geld sparen. Künstliche Intelligenz soll nun helfen.

Landwirt bringt Gülle auf Feld aus
Streitpunkt Gülle: Was mit Nitrat im Grundwasser passiert, soll mit Hilfe künstlicher Intelligenz ergründet werden. Foto: Carsten Rehder picture alliance/dpa

Nitrat im Grundwasser ist der große Streitpunkt zwischen Politik und Landwirtschaft. Bauern stehen unter dem Verdacht, durch intensive Düngung mehr Stickstoff auf ihre Felder zu bringen, als die Pflanzen aufnehmen können. Insbesondere in Gebieten, in denen viel Tiermast betrieben wird, kann dies gravierende Folgen für Mensch und Umwelt haben.

In diesem mitunter sehr emotional geführten Konflikt um sauberes Wasser, gesunde Umwelt und wirtschaftlichen Erfolg könnte ein Schuss künstliche Intelligenz zur Versachlichung beitragen.

Der Untergrund ist unerforscht

Was tief im Boden passiert, ist fast so unerforscht wie der Meeresgrund und die Mondoberfläche. Deshalb sind sich Gülle ausbringende Landwirte und kommunale Verwaltungen auch nicht immer einig, wie viel Nitrat nun wirklich im Grundwasser ist und woher es kommt.

Das genaue Geschehen im und rund ums Grundwasser kann man nur sehr schwer nachvollziehen. Nun also soll künstliche Intelligenz helfen, das Problem zu lösen.

2,5 Millionen für künstliche Intelligenz

Mit knapp 2,5 Millionen Euro fördert deshalb die Bundesregierung ein Projekt, bei dem Karlsruher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein System entwickeln wollen, um die Verteilung des Nitrats im Grundwasser verstehen und vor allem voraussagen zu können.

Der Karlsruher Software-Entwickler Disy arbeitet in dem Projekt zusammen mit dem Institut für Angewandte Geowissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem Fraunhofer Institut und dem Technologiezentrum Wasser.

Wir möchten verstehen, wie hoch die Nitratbelastung ist, an jedem Ort, zu jedem Zeitpunkt
Andreas Abecker / Projektleiter Disy-Informationssysteme

„Wir möchten verstehen, wie hoch die Nitratbelastung ist, an jedem Ort, zu jedem Zeitpunkt“, fasst Projektleiter Andreas Abecker das Forschungs-Ziel zusammen. Abecker ist davon überzeugt, dass maschinelles Lernen für die Problemstellung optimal geeignet ist.

„Menschen, die sich mit dem Grundwasser beschäftigen, haben aufgrund langjähriger Erfahrung generell ein gutes Bauchgefühl dafür entwickelt, was sich in den wasserführenden Erdschichten abspielt, welcher landwirtschaftliche Eingriff und welches Regenereignis welche Konsequenzen nach sich zieht“, erklärt der IT-Spezialist.

Bei seinen Erfahrungswerten verlässt sich ein örtlicher Wassermeister auf nichts anderes, als auf einen enormen Datenschatz, den er über viele Jahre im Laufe seiner Tätigkeit zusammen getragen hat.

Mit Hilfe selbstlernender künstlicher Intelligenz könnte so quasi ein gigantischer „Wassermeister“ erstellt werden, der über alle Grundwasser-relevanten Daten der gesamten Republik verfügt.

Intelligente Lernmaschine wird mit allen verfügbaren Daten gefüttert

Gemeint sind Daten aus Vergangenheit und Gegenwart, Wetterdaten, Nitratwerte aller Messstellen, die Landnutzung sowie alle verfügbaren geologischen Erkenntnisse über die relevanten Erd- und Gesteinsschichten und ihre hydraulische Durchlässigkeit.

Damit, so rechnet sich Andreas Wunsch vom KIT-Institut für Angewandte Geowissenschaften aus, könnte man schon mit relativ wenigen Messstellen viel über die Nitratverteilung im Grundwasser aussagen.

„Wenn ich dann sehe, hier passiert gerade etwas Schlimmes, dann kann ich das betroffene Wasserwerk vorwarnen“, so Wunsch. „Mittel- bis langfristig können wir so die Messnetze optimieren, sowie Grundwasserschutzprogramme ausarbeiten und Schutzgebiete perfektionieren.“

Massenhafte Anwendungen liegen auf der Hand
Andreas Abecker / Projektleiter Disy-Informationssysteme

Wenn die umfangreich vorliegenden Daten von einem sich selbst weiter entwickelnden System verarbeitet werden, erhoffen sich die Forscher schließlich konkrete Handlungsanweisungen.

„Eine Erkenntnis könnte sein: Um ein negatives Ergebnis für die ganze Region zu vermeiden, muss ich diesen einen Acker anders bewirtschaften“, so Abecker.

Mit den bewilligten 2,5 Millionen Euro kommen die Wissenschaftler drei Jahre aus. Bei ihrer Forschung konzentrieren sie sich zunächst auf eine geologisch eher kompliziertere Region im schwäbischen Donauried, sowie auf ein Gebiet an der niederländischen Grenze, dessen Geologie der am Oberrhein ähnelt.

Wir haben hier in Karlsruhe eine Ansammlung von Spezial-Know-how, wenn es um die deutsche Wasserforschung geht.
Astrid Fennen-Weigel / Sprecherin Disy-Informationssyssteme

Gerade die Forschung im Umweltbereich, wo oft sehr große Datenmengen zur Verfügung stünden, sei ein geeigneter Einsatzort für künstliche Intelligenz, sagt Abecker. „Massenhafte Anwendungen liegen auf der Hand. Es ist bislang nur noch nichts in der Praxis angekommen.“

Karlsruhe hat eine Ansammlung von Spezialwissen

Dass der Zuschlag des Umweltministeriums für dieses Forschungsprojekt nach Karlsruhe ging, ist für ihn kein Zufall. „Wir haben hier in Karlsruhe eine Ansammlung von Spezial-Know-how, wenn es um die deutsche Wasserforschung geht“, bestätigt auch die Sprecherin von Disy, Astrid Fennen-Weigel.

Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht. „Wir wissen, dass die Methodik prinzipiell funktioniert“, sagt Abecker. „Wie gut sie in unserem Forschungsfeld funktioniert, das müssen wir jetzt herausfinden.“ Um das zu ermöglichen, übergibt die Staatssekretärin im Umweltbundesministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter, an diesem Donnerstag den Förderbescheid über 2,5 Millionen Euro an den Karlsruher Forscherverbund.

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