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Vor der Bundestagswahl

Essen wir in Zukunft alle nur noch bio? Was die Parteien beim Thema Landwirtschaft fordern

Immer weniger Beschäftigte in der Landwirtschaft arbeiten in immer größer werdenden Betrieben und produzieren mehr Agrarprodukte. Die Zahl der Ökobetriebe nimmt dabei langsam, aber stetig zu. Die Parteien wollen, dass sich ihr Anteil weiter deutlich erhöht.

Eine Milchkuh schleckt einer anderen Kuh auf einer Weide über das Gesicht. +++ dpa-Bildfunk +++
Geht es nach den Parteien, soll die Massentierhaltung begrenzt und die Zahl der Tiere an die Fläche gekoppelt werden. Auch den Einsatz von Antibiotika wollen sie reduzieren. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Überdüngung der Böden, massiver Einsatz von Pestiziden auf den Äckern und Antibiotika in der Tierzucht, Massentierhaltung, zu hoher Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen, Berichte über Tierquälerei oder Missstände in Schlachthöfen – die Landwirtschaft kämpft um ihren Ruf.

Die Forderung nach einer „Agrarwende“ ist nicht neu, ertönt aber immer lauter, zumal auch die Landwirtschaft ihren Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgase leisten muss. Unser Redaktionsmitglied Martin Ferber vergleicht die Wahlprogramme.

CDU/CSU: Landwirte vor Mobbing schützen

„Wir stehen an der Seite unserer Bäuerinnen und Bauern“, verspricht die Union, man wende sich „strikt gegen ungerechtfertigte Feindseligkeit, pauschale Verurteilung und Mobbing“. In Kooperation mit der Landwirtschaft soll der Ökolandbau vorangetrieben werden, die Beiträge der Landwirtschaft zum Klima-, Arten- und Naturschutz müssten honoriert werden.

Ein konkretes Ziel wird allerdings nicht genannt. Digitalisierung und neue Züchtungstechnologien könnten die Landwirtschaft umweltfreundlicher und wettbewerbsfähiger machen.

Im Bereich der Tierhaltung will die Union emissionsarme Modellställe entwickeln und die Landwirte beim Umbau ihrer Ställe finanziell unterstützen. Zudem spricht sie sich für neue Regelungen für Tiertransporte aus, um Fleisch statt lebende Tiere zu transportieren.

SPD: Boden darf kein Spekulationsobjekt werden

Die Landwirtschaft spielt für die SPD „eine zentrale Rolle“ bei der Bekämpfung des Klimawandels und den Erhalt der Artenvielfalt. Der Einsatz von Dünger und Pestiziden soll reduziert und die Agrarförderung so ausgerichtet werden, „dass eine umweltschonende Landwirtschaft im Wettbewerb mithalten kann“.

Man setze sich für gute Löhne und faire Preise ein und wolle im Lebensmittelhandel unfairen Handelspraktiken einen Riegel vorschieben. Bei der Nutztierhaltung fordert die SPD eine flächenbezogene Obergrenze und eine Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes.

Der Boden, „wichtigstes Gut in der Landwirtschaft“, dürfe nicht zum Spekulationsobjekt werden. Zudem erneuert die Partei ihr Nein zu gentechnisch veränderten Pflanzen.

FDP: Die Chancen der Digitalisierung nutzen

Die Liberalen plädieren für eine „zukunftsorientierte Landwirtschaft, die sich rechnet“. Die Digitalisierung („smart farming“) sei ein Werkzeug, das Landwirten helfe, ihre Betriebe zu optimieren sowie Tierwohl, Umwelt- und Arbeitsabläufe zu modernisieren. Grüne Gentechnik könne eine wichtige Rolle spielen, um Böden zu schonen, Biodiversität zu fördern und die Betriebsmittel effizienter einzusetzen.

Biologischer und konventioneller Anbau seien keine Gegensätze, vielmehr wolle man „eine Vielfalt an Erzeugungssystemen“. Die europäische Agrarpolitik benötige ein Update, „weg von flächenbezogenen Direktzahlungen und hin zu mehr zukunftssichernder Investitionsförderung sowie Forschung“.

Im Bereich der Tierhaltung fordert die FDP ein einfaches, transparentes und verpflichtendes Tierwohllabel in der gesamten EU und europaweit einheitliche Tierschutzstandards.

Grüne: Gemeinwohlprämie anstelle Agrarsubventionen

Breiten Raum nimmt die Agrarpolitik im Programm der Grünen ein. „Wir wollen Klima-, Umwelt-, Tier- und Gewässerschutz und landwirtschaftliche Erzeugung miteinander versöhnen.“ Der Anteil des Ökolandbaus soll bis 2030 auf 30 Prozent steigen, die Agrarsubventionen sollen als „Gemeinwohlprämie“ noch stärker an den Klima- und Naturschutz ausgerichtet werden.

Massentierhaltung und Billigfleischexport in alle Welt lehnen die Grünen ab, ebenso den Einsatz von Antibiotika, bei der Tierhaltung soll es eine an die Fläche gekoppelte Obergrenze geben. Mit Blick auf den Trinkwasserschutz müsse der Einsatz von Pestiziden deutlich reduziert werden, stattdessen sollte die Züchtung von „robusten Rassen“ beim Saatgut vorangetrieben werden.

Nicht zuletzt sprechen sich die Grünen für eine Stärkung der regionalen Produktion, Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten aus.

Linke: Ende der Mega-Ställe

Das Hauptproblem aus Sicht der Linken ist, dass vier große Einzelhandelskonzerne 85 Prozent des Lebensmittelverkaufs in Deutschland bestimmen und dabei „fette Profite“ machten, während viele Landwirte kaum über die Runden kämen. Die Partei fordert daher eine Landwirtschaft mit dem Schwerpunkt auf regionaler Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung.

Der Ökolandbau soll bis 2030 auf mindestens 25 Prozent ausgebaut und Genossenschaften oder Erzeuger- und Vermarktungsgemeinschaften sollen besonders unterstützt werden.

Die EU-Agrarsubventionen will die Partei „konsequent an wissenschaftlich fundierte Umwelt- und Sozialkriterien und an den Tierschutz“ binden, unabhängig von der Größe der Betriebe. „Megaställe“ werden abgelehnt, stattdessen sollen bei der Tierhaltung für Regionen und Standorte Bestandsobergrenzen eingeführt werden.

AfD: Bewahrung traditioneller Esskultur

Mehr Selbstversorgung mit heimischen Nahrungsmitteln fordert die AfD, die „fortschreitende Entmündigung von Landwirten, Jägern und Verbrauchern durch immer mehr europäische Regulierung muss ein Ende haben“.

Die Agrarförderung müsse die Familienbetriebe in den Mittelpunkt stellen, die Düngung habe sich am Bedarf der Pflanze zu orientieren, die Zulassung alter Kultursorten müsse möglich sein, um die Sortenvielfalt zu erhöhen. Wie die anderen Parteien spricht sich auch die AfD für eine artgerechte Tierhaltung aus und fordert eine Kopplung des Bestandes an die Fläche.

Der Verbraucher solle in seinem Konsumverhalten nicht staatlich bevormundet werden. Daher fordert die Partei eine „Aufklärung über gesundheitliche Risiken modischer Ernährungsformen und die Bewahrung unserer traditionellen Esskultur in öffentlichen Einrichtungen“.

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