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Bürger bräuchten Ausdauer

Merkel: Bundesländer sind bei der Lockerung der Corona-Auflagen „sehr forsch”

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das Vorgehen einzelner Bundesländer bei der Öffnung der Beschränkungen in der Corona-Krise scharf kritisiert. Die Umsetzung der Beschlüsse von Bund und Ländern aus der vergangenen Woche wirke auf sie "in Teilen sehr forsch, um nicht zu sagen zu forsch", sagte Merkel am Donnerstag in ihrer ersten Regierungserklärung zur Corona-Krise im Bundestag.

Bundestag
Kanzlerin Angela Merkel hält in der Plenarsitzung des Deutschen Bundestages eine Regierungserklärung zur Covid-19-Pandemie in Deutschland und Europa. Foto: Michael Kappeler/dpa

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das Vorgehen einzelner Bundesländer bei der Lockerung der Beschränkungen in der Corona-Krise scharf kritisiert. Die Umsetzung der Beschlüsse von Bund und Ländern aus der vergangenen Woche wirke auf sie „in Teilen sehr forsch, um nicht zu sagen zu forsch”, sagte Merkel am Donnerstag in ihrer ersten Regierungserklärung zur Corona-Krise im Bundestag.

Welche Länder sie meinte, sagte Merkel nicht. Die Kanzlerin bereitet die Bürger in der Corona-Krise auf noch lang anhaltende Beschränkungen vor.

Wir werden noch lange mit diesem Virus leben müssen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)

„Ich verstehe, dass dieses Leben unter Corona-Bedingungen allen schon sehr, sehr lange vorkommt”, sagte Merkel. Niemand höre es gerne, aber es sei die Wahrheit: „Wir leben nicht in der Endphase der Pandemie, sondern immer noch an ihrem Anfang. Wir werden noch lange mit diesem Virus leben müssen.”

Die Frage, wie man verhindere, dass das Virus das Gesundheitssystem überwältige und dann unzähligen Menschen das Leben koste, werde noch lange die zentrale Frage für die Politik in Deutschland und Europa sein, sagte die Kanzlerin. Ihr sei bewusst, wie schwer die Einschränkungen alle individuell, aber auch als Gesellschaft belasteten.

Merkel: Corona-Pandemie „ist eine demokratische Zumutung”

„Diese Pandemie ist eine demokratische Zumutung, denn sie schränkt genau das ein, was unsere existenziellen Rechte und Bedürfnisse sind”, sagte Merkel.

Eine solche Situation sei nur akzeptabel und erträglich, wenn die Gründe für die Einschränkungen transparent und nachvollziehbar seien und wenn Kritik und Widerspruch nicht nur erlaubt, sondern eingefordert und angehört würden – wechselseitig.

Kanzlerin ruft wegen Covid-19 zu Ausdauer und Disziplin auf

Die Kanzlerin hat in der Corona-Krise zu Ausdauer und Disziplin aufgerufen. Die Zahlen der Neuerkrankungen und Genesungen seien ein Zwischenerfolg, sagte Merkel. „Aber gerade weil die Zahlen Hoffnungen auslösen, sehe ich mich verpflichtet zu sagen: Dieses Zwischenergebnis ist zerbrechlich. Wir bewegen uns auf dünnem Eis, man kann auch sagen: auf dünnstem Eis.”

Die heutigen Zahlen sagten nichts darüber aus, wie es in einer oder zwei Wochen aussehe, wenn man zwischendurch deutlich mehr Kontakte zulasse. „Wenn wir gerade am Anfang dieser Pandemie die größtmögliche Ausdauer und Disziplin aufbringen, dann werden wir in der Lage sein, schneller wieder wirtschaftliches, soziales und öffentliches Leben zu entfalten, und zwar nachhaltig.”

Mit „Konzentration und Ausdauer” gerade am Anfang könne man vermeiden, „von einem zum nächsten Shutdown wechseln oder Gruppen von Menschen monatelang von allen anderen isolieren zu müssen und mit furchbaren Zuständen in unseren Krankenhäusern zu leben”, sagte die Kanzlerin.

Merkel spricht sich vor EU-Gipfel gegen Gemeinschaftsschulden aus

Kurz vor dem EU-Gipfel hat sich die Bundeskanzlerin erneut gegen die Aufnahme von Gemeinschaftsschulden mit gemeinsamer Haftung zur Bewältigung der Corona-Krise ausgesprochen. In ihrer Regierungserklärung im Bundestag argumentierte sie mit dem Zeitfaktor.

Für einen solchen Schritt müssten alle Parlamente der Mitgliedstaaten entscheiden, dass ein Teil der Budgethoheit an die EU übertragen werde. „Das wäre ein zeitraubender und schwieriger Prozess und keiner, der in der aktuellen Lage direkt helfen könnte”, sagte die CDU-Politikerin. „Es geht jetzt darum, schnell zu helfen und schnell Instrumente in der Hand zu haben, die die Folgen der Krise lindern können.”

Die EU-Staaten streiten seit Wochen erbittert über sogenannte Corona-Bonds oder andere Anleihe-Formen. Länder wie Frankreich, Italien und Spanien – die zugleich besonders hart von der Pandemie getroffen wurden – fordern gemeinsame Schulden für den Wiederaufbau. Deutschland, die Niederlande und andere Staaten lehnen eine gemeinsame Haftung jedoch vehement ab.

Die EU-Kommission hat bereits ein Modell erarbeitet, das auf eine Begrenzung der gemeinsamen Haftung abzielt. Kommissionschefin Ursula von der Leyen will den Plan am Donnerstag beim EU-Gipfel vorstellen. Auf dieser Grundlage könnten die Staats- und Regierungschefs weitere Kompromisslinien ausloten und von der Leyen damit beauftragen, weiter an dem Plan zu arbeiten.

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