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Kommentar

Rechtsstreit mit London: Unwürdiger Abschied

Die EU verklagt Großbritannien wegen des kürzlich verabschiedeten Binnenmarktgesetzes, das auch in London als Verstoß gegen internationales Recht gewertet wurde. Premier Boris Johnson lässt keine Kompromissbereitschaft erkennen.

Die Uhr tickt, der Brexit naht. Jetzt sieht es ganz danach aus, dass die Nachbarschaft des Königreichs und der EU nach der Scheidung keine einfache werden wird.
Die Uhr tickt, der Brexit naht. Jetzt sieht es ganz danach aus, dass die Nachbarschaft des Königreichs und der EU nach der Scheidung keine einfache werden wird. Foto: Alberto Pezzali/AP/dpa

Der Geduldsfaden ist gerissen, so scheint es. Viele Monate lang hat die EU-Kommission die politischen Eskapaden der Regierung von Boris Johnson stoisch ertragen. Nach jeder neuen schlechten Nachricht aus London quälte sich der Brexit-Chefunterhändler der Kontinental-Europäer, Michel Barnier, ein höfliches Lächeln ab und betonte stets, man strebe weiterhin gute nachbarschaftliche Beziehungen zum Königreich an.

Die Nachricht, dass die EU rechtliche Schritte gegen Großbritannien wegen Verletzung des EU-Austrittsvertrags einleitet, bedeutet eines: Die rote Linie ist für Brüssel erreicht. Beide Seiten müssten sich jetzt konkret auf einen ungeregelt „harten“ Brexit am Jahresende vorbereiten, da konstruktive Gespräche über die zukünftigen Handelsbeziehungen unmöglich geworden sind.

Britisches „Sicherheitsnetz“ ist ein Verstoß gegen internationales Recht

Die EU will Großbritannien wegen des in London kürzlich verabschiedeten Binnenmarktgesetzes verklagen, welches auch in London die Gemüter bewegt. Was Premierminister Boris Johnson als ein „Sicherheitsnetz“ für den freien Handel zwischen Teilen des Königreichs bezeichnet, ist ein Verstoß gegen internationales Recht.

Das wissen die britischen Politiker, dennoch ist mit einem Nachgeben Johnsons nicht zu rechnen. Der blonde Hasardeur in Westminster muss sich ohnehin keine Gedanken über ein Urteil des EuGH mit finanziellen Konsequenzen für sein Land machen, da der Rechtsstreit vor Gericht viele Monate dauern würde. Bis dahin würde die britische Scheidung längst vollzogen werden.

Der Streit hat also mehr eine symbolische Bedeutung, und es ist außerordentlich zu bedauern, dass es so weit gekommen ist. Nach dem britischen Goodbye hätte eine wunderbare Freundschaft entstehen können. Machen die Briten ernst und lassen die Tür zuknallen, wäre das ein unwürdiger Abschied.

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