Um die Ausbreitung der Corona-Pandemie zu verhindern, plant Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ab Montag, 3. August, eine Testpflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten. Die Kosten dafür soll die gesetzliche Krankenversicherung übernehmen. Was Urlauber jetzt wissen müssen erklärt unser Redaktionsmitglied Philipp Fess anhand von Fragen und Antworten.
Wer muss sich testen lassen?
Getestet werden Reisende, die aus Risikogebieten zurückkehren. Eine Liste der Gebiete findet sich auf der Website des Robert-Koch-Instituts (RKI). Luxemburg ist das einzige Risikogebiet in der Europäischen Union. Ab nächster Woche müssten sich demzufolge auch Urlauber, die mit dem Auto verreisen, an der dortigen Landesgrenze einem Corona-Test unterziehen. An allen übrigen deutschen Grenzen haben sich die Gesundheitsminister der Länder auf stichprobenartige Kontrollen geeinigt. Um mögliche Infektionen bei Schiffs-, Bahn und Busreisenden nachzuverfolgen, soll es spezielle „Aussteigekarten“geben.
Wie wird an Flughäfen getestet?
Die Testung von Reiserückkehrern erfolgt an Flughäfen mittels Genom-Nachweis. Dazu werden Proben per Nasen- und Rachenabstrich entnommen, die dann innerhalb von 24 Stunden im Labor analysiert werden. Die Probanden müssen nicht am Flughafen warten, sich aber in häusliche Quarantäne begeben, bis das Ergebnis feststeht. Für die Erarbeitung eines entsprechenden Konzepts an den Flughäfen Baden-Württembergs ist die Kassenärztliche Vereinigung (KV) zuständig. Am Flughafen Stuttgart rechnet man mit 1.000 Passagieren am Tag. Damit die Passagiere nicht länger als zwei Stunden warten müssen, soll es 20 Test-Schlangen geben, wie Swantje Middeldorff, stellvertretende Pressesprecherin der KV Baden-Württemberg erklärt. Die Tests sollen von Ärzten aus dem Bereitschaftsdienst sowie medizinischen Fachangestellten vorgenommen werden.
Was kosten die Tests?
Bei den geplanten Pflichttests soll die Abrechnung per Versichertenkarte über die Kassenärztliche Vereinigung erfolgen. Die bisher freiwilligen Tests kosteten je nach Auswertungszeit zwischen 60 und 170 Euro.
Wie funktionieren Genom-Nachweise?
Der Genom-Nachweis wird mittels der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) erbracht. Zunächst wird aus einer Probe ein Strang aus dem Erbgut des Virus (RNA) freigelegt, dann wird ein künstlich erzeugter Strang mit der Erbinformation von Sars-CoV-2 hinzugegeben. Wenn sich die beiden Stränge nach mehrmaligen Zyklen von Erhitzung und Abkühlung zu DNA verbinden, wird das Ergebnis als positiv gewertet.
Wie zuverlässig sind die Testergebnisse?
Die PCR-Analyse hat drei wesentliche Schwachpunkte. Einer ist die Genauigkeit, mit der Infizierte als infiziert und Gesunde als gesund erkannt werden. Die Fehlerquote ist laut RKI besonders hoch, wenn die Krankheit nicht weit verbreitet ist und viele symptomlose Personen getestet werden. Im Unterschied zu den ersten Verfahren im Februar, deren Genauigkeit bei rund 80 Prozent lag, versprechen Nachweise mittlerweile aber eine Genauigkeit von mehr als 96 Prozent. Zweitens ist die Qualität der Probe entscheidend. Ein nicht professionell ausgeführter Abstrich verfälscht das Ergebnis. Tiefe Atemwegsinfektionen können laut RKI nicht über Abstriche, sondern nur über Material aus der Lunge oder anhand von Stuhlproben erkannt werden. Der dritte und entscheidende Schwachpunkt ist, dass PCR-Analysen eine aktive Infektion eindeutig nur etwa innerhalb von zwei bis drei Tagen vor dem Auftreten erster Symptome und maximal 20 Tage danach nachweisen können.
Was bedeutet das für Urlauber?
Die Inkubationszeit beträgt laut RKI im Schnitt fünf bis sechs Tage. Wer für zwei Wochen verreist und sich gleich zu Beginn infiziert, wird bei seiner Rückkehr also wahrscheinlich positiv getestet. Wer sich erst nach sieben Tagen infiziert, könnte den Schwellenwert der PCR-Analyse aber schon nicht mehr erreichen und fälschlicherweise negativ getestet werden. Und wer sich erst am Flughafen des Urlaubsorts infiziert, wird sehr wahrscheinlich gar nicht positiv getestet. Deshalb empfehlen die Gesundheitsministerien von Bund und Ländern, sich nach sechs bis sieben Tagen ein weiteres Mal testen zu lassen.
Welche Testmethoden gibt es sonst noch?
Neben Genomnachweisen werden zur Feststellung einer Infektion auch Antikörpertests und Antigen- bzw. Erregernachweise eingesetzt. Obwohl keiner der Tests hundertprozentige Gewissheit liefern kann, gelten Genomnachweise gemeinhin als „Goldstandard“. Bei Antikörpernachweisen wird mittels einer Blutprobe die Immunantwort des Körpers auf eine bestehende oder überstandene Infektion ermittelt. Diese Immunantwort kann aber nicht eindeutig auf Sars-CoV-2 zurückgeführt werden, weil Kreuzreaktionen mit anderen Coronaviren nicht auszuschließen sind. Des Weiteren sind Antikörper-Nachweise nicht geeignet, akute Infektionen zu ermitteln, weil sich die körpereigenen Schutzstoffe meist erst mehrere Tage bis hin zu mehreren Wochen nach der Infektion bilden. Mit einem Erregernachweis können aus Abstrichproben ganze Eiweißbausteine von Sars-CoV-2 nachgewiesen und akute Infektionen erkannt werden. Ein solcher Erregernachweis liefert binnen Minuten Ergebnisse und ist um ein Vielfaches günstiger als die anderen Methoden. Der Nachteil: die Fehlerquote für negative Ergebnisse liegt um ein Vielfaches höher als bei der PCR-Analyse.