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Bundesweiter Warntag

Wenn am 10. September alle Sirenen der Republik heulen

Viele Menschen wüssten nicht, wie man sich in einem Katastrophenfall verhalten soll. Dies wollen Bund, Länder und Kommunen ändern, die am 10. September einen bundesweiten Warntag veranstalten. Er wird allerorts um 11 Uhr mit lautem Sirenengeheul starten.

Die Sirenen gelten als ein unverzichtbares Instrument im Katastrophenschutz. Sie alle sollen am bundesweiten Warntag am 10. September ab 11 Uhr heulen.
Die Sirenen gelten als ein unverzichtbares Instrument im Katastrophenschutz. Sie alle sollen am bundesweiten Warntag am 10. September ab 11 Uhr heulen. Foto: Rolf Vennenbernd / dpa

Es könnte laut werden am Donnerstag, 10. September. So laut wie seit Jahrzehnten nicht mehr in Deutschland. Punkt elf Uhr morgens sollen alle Sirenen der Republik losheulen. Apps auf den Smartphones werden piepen, die TV-und Radiosender ihre Programme für eine Live-Sonderansage unterbrechen.

Auf digitalen Werbe- und Informationstafeln in den Städten sollen Warnhinweise erscheinen, und mancherorts werden die Einwohner Durchsagen aus Lautsprecher-Fahrzeugen der Feuerwehr hören, die durch die Straßen rollen.

Bevölkerung soll für Warnsignale sensibilisiert werden

Keine Panik: Die Bundesregierung hat keine Hinweise auf eine bevorstehende Invasion der Außerirdischen oder einen überpünktlichen Beginn eines Dritten Weltkriegs, von denen die Bevölkerung in Kenntnis gesetzt werden müsste. Die Warnung soll vielmehr Selbstzweck sein.

Am ersten nationalen Warntag seit der Wiedervereinigung will der Katastrophenschutz auf allen Ebenen testen, wie zuverlässig die Bürger über Gefahren informiert werden können. Andererseits geht es darum, die Bürger für verschiedene Warnsignale und -Kanäle zu sensibilisieren und das Bewusstsein für rationales Handeln in Notsituationen zu schaffen.

Seit dem Mittelalter ließen Städten die Kirchenglocken läuten, um jedermann vor Bränden zu warnen. Beim Anblick des herannahenden Feindes bliesen Nachtwächter in ihre Hörner. In manchen Gegenden zündete man sogenannte Kreidfeuer, um Menschen zur Verteidigung oder Flucht zu mobilisieren.

Heutzutage gilt die vor 200 Jahren in Frankreich erfundene Sirene als Inbegriff des Alarms in besonderen Notlagen. Insbesondere ältere Menschen assoziieren noch den Heulton mit der Gefahr des Luftkrieges.

Deutschland hatte einst ein flächendeckendes Netz aus rund 80.000 Sirenen

Noch bis Anfang der 1990er Jahre hatte der Bund ein flächendeckendes Netz aus 80.000 Sirenen unterhalten, das die Bevölkerung vor einem Bombardement oder Raketenangriff warnen sollte. Nach dem Ende des Kalten Kriegs wurden die Anlagen den Kommunen überlassen, viele wurden später abgebaut. Moderne Technologien erlauben es, etwa die Feuerwehren mithilfe von Meldeempfängern zu alarmieren, ohne dabei die Einwohner nachts aus dem Schlaf reißen zu müssen.

Nach Einschätzung von Experten ist die deutsche Bevölkerung heute über Warnsignale und das richtige Verhalten in Katastrophenfällen eher schlecht informiert. Die Gründe dafür sind vielfältig. Wer nur selten Sirenen hört, kann deren Töne nicht deuten. Menschen, die ihr Leben als sicher empfinden und die Effizienz der zuständigen Behörden und Rettungsdienste als hoch einschätzen, beschäftigen sich wenig mit der Frage, wie sie im Katastrophenfall sich selbst und ihre Familien schützen können.

Bundesamt für Bevölkerungsschutz soll Probealarm auslösen

Das soll jetzt der bundesweite Warntag ändern, der künftig jedes Jahr am zweiten Donnerstag im September stattfinden wird. Die von Bund, Ländern und Kommunen koordinierte Premiere startet am 10. September mit einem Probealarm der Warnstufe 2 („Normale Lebensabläufe wesentlich beeinträchtigt”), ausgelöst durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).

Die Behörde nutzt dafür das sogenannte Modulare Warnsystem (MoWaS), das den Alarm an Multiplikatoren wie Rundfunkanstalten, Medienhäuser, Organisationen, Unternehmen und Internetdienste übermitteln kann.

Die Warnmeldung wird aus Sicherheitsgründen via Satellit übertragen, weil die Kommunikationswege via UKW und Mobilfunk bei Stromausfällen ausfallen könnten. Der Probealarm mit einem einheitlichen Warntext soll die Bevölkerung im Radio und Fernsehen, auf Webseiten, Anzeigetafeln, mithilfe von Fahrgast-Informationssystemen und Warn-Apps wie NINA erreichen.

Viele Sirenenanlagen in der Region sind veraltet

Kommunen, die über Sirenen verfügen, sollen diese per Funksignal zeitgleich mit MoWaS auslösen. Im Landkreis Karlsruhe werden etwa 250 von ihnen eine Minute lang ununterbrochen heulen – das Signal bedeutet „Entwarnung” (Mehr zu Warnsignalen im Infokasten). In Enzkreis werden etwa 55 Sirenen eingesetzt, in Pforzheim 40 und in Baden-Baden 24. Eine BNN-Umfrage bei den zuständigen Ämtern für Bevölkerungsschutz ergab, dass viele dieser Anlagen noch aus den 60er-Jahren stammen und mechanisch ausgelöst werden, also durch schnelles Drehen am Elektromotor.

Zwar gilt diese Technik als robust und zuverlässig, doch manche Kommunen beabsichtigen, sie durch moderne elektronische Hochleistungsanlagen zu ersetzen, die auch Textdurchsagen ermöglichen. Alle befragten Ämter halten die Sirenen im Katastrophenschutz für unverzichtbar, weil sie zu jeder Zeit einen schnellen „Weckeffekt” erzielen können.

Behörden empfehlen bundeseigene Warn-App „NINA”

Sie weisen jedoch darauf hin, dass diese Weckwirkung nur in Kombination mit anderen Warnmedien wie dem Rundfunk, den Onlineportalen und Warn-Apps Sinn macht. Die Behörden empfehlen allen Bürgern die Installation der bundeseigenen App „NINA”, die auch als „Sirene für die Hosentasche” bekannt ist.

Auf Anfrage der BNN teilte das das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit, dass bislang lediglich 7,5 Millionen der insgesamt rund 50 Millionen Smartphone-Nutzer in Deutschland die App nutzen. Das BBK spricht deshalb von einem großen Nachholbedarf und empfiehlt zudem, Warnungen als „lebenswichtiges Thema” zum Gegenstand des Schulunterrichts zu machen.

Der Warntest am 10. September soll insgesamt 20 Minuten dauern. Nach dem ersten (Sirenen)-Warnsignal soll um 11.05 Uhr ein zweites ausgelöst werden – ein einminütiger Heulton. Es folgen um 11.10 Uhr ein zweimal unterbrochener Dauerton von einer Minute und um 11.20 Uhr erneut ein ununterbrochener Dauerton („Ende der Gefahr”). Dann soll via MoWaS auch an alle Empfänger eine Entwarnungsnachricht verschickt werden.

„Sensible Einrichtungen” werden extra vorgewarnt

Laut dem BBK soll aus dem Inhalt der Meldungen am Warntag deutlich hervorgehen, dass es sich nicht um einen echten Notfall handelt. Nach BNN-Informationen werden im Landkreis Karlsruhe und im Enzkreis im Vorfeld „sensible Einrichtungen” wie Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser und Flüchtlingsunterkünfte über die Alarme schriftlich informiert. In Pforzheim soll am Warntag das Bürgertelefon 39-100 geschaltet werden. Die Behörden in der Region gehen nicht davon aus, dass bei dem bundesweiten Test alle Menschen erreicht werden können.

  1. Mehr Informationen zum Warntag unter https://warnung-der-bevoelkerung.de/
  2. In Katastrophenfällen oder bei größeren Schadensereignissen in Baden-Württemberg finden Sie auf diesen Seiten aktuelle Informationen: http://www.infodienst-bw.de/
  3. Aktuelle Warnmeldungen in Deutschland (Bundesamt): https://warnung.bund.de/
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