
Er trug als aktiver Sportler stolz den Spitznamen „Dr. Stahlhammer“, der die Gegner im Ring an seine gefürchteten K.-o.-Schläge erinnert hat. Dass Wladimir Klitschko auch eine weiche Seite hat, ist spätestens seit dem Interview des Zweimeter-Hünen für „Bild der Frau“ vor zehn Jahren bekannt, in dem er von dem Altern, den Schicksalsprüfungen und den Schattenseiten der Liebe sprach: „Ich glaube, man kann alles verzeihen – wenn der Partner den Fehler eingesehen hat.“
Nun zeigt der kleine Bruder des Politikers (und Ex-Boxers) Vitali Klitschko ein großes Herz für seine jüngsten Landsleute. Der 47-jährige Ukrainer hat gemeinsam mit seiner Co-Autorin Tatjana Kiel ein Buch über die Kinder geschrieben, die seit dem Kriegsbeginn im Februar 2022 aus den besetzten Gebieten nach Russland verschleppt worden sind. Mindestens 20.000 sollen es sein, die Dunkelzahl liegt viel höher.
20.000 ukrainische Kinder wurden seit Kriegsbeginn verschleppt
„Diese Verbrechen gegen ukrainische Kinder sind ein Verbrechen gegen die gesamte Menschheit“, klagt in dem bei Heyne veröffentlichten Werk mit dem Titel „Gestohlene Leben“ Klitschko Junior das Regime von Wladimir Putin in Moskau an.
Seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine war sein Bruder als Kiewer Bürgermeister in den Medien viel präsenter. Doch der „Stahlhammer“, der sich in eine Panzerfaust gewandelt hat, war auch nicht untätig. Wie alle ukrainischen Spitzenpolitiker trommelte Wladimir Klitschko unablässig für die Lieferung von schweren Waffen an sein Land. Erst Leopard-Panzer, nun die Taurus-Raketen.
„Es sind enorm viele Menschen an der Frontlinie, viele Soldaten, die wir verlieren“, erinnerte die ehemalige Nummer eins im Schwergewicht in der vergangenen Woche in Berlin. Nur mit „überlegenen Waffen“ könnte die Ukraine heute ihre Kämpfer schützen, appellierte er an Bundeskanzler Olaf Scholz, der auch zu dieser Forderung schwieg.
Zuvor griff der Ex-Boxprofi den deutschen Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, wegen seiner Haltung zur Zulassung von Sportlern aus Russland und Belarus zu internationalen Wettbewerben scharf an. Er attestierte dem Funktionär den „Verrat an olympischen Idealen“ und warf Bach indirekt vor, sich „zum Komplizen von Putins grausamem Krieg“ zu machen. Wumms!
Es sind enorm viele Menschen an der Frontlinie, viele Soldaten, die wir verlieren.Wladimir Klitschko
Ex-Boxweltmeister
Ganz anders klang Wladimir Klitschko in einem Leserforum der „Freien Presse“ Mitte Juli in Chemnitz, als er von dem Leid des Krieges sprach. „Jeden Tag, jede Nacht sterben Ukrainer. Man gewöhnt sich daran, den Tod zu sehen und lebt weiter“, sagte traurig der einstige Weltklasse-Kämpfer und Olympiasieger, der in seiner spektakulären Profikarriere in 69 Fights 64 Gegner bezwang.
Er hatte sich 2017 als Sportler verabschiedet. Seitdem engagiert sich der wohlhabende Unternehmer, Manager, TV-Darsteller und Buchautor für sozial benachteiligte Kinder, unter anderem in der Klitschko Stiftung, die er gemeinsam mit Vitali führt. Auch eine seiner Goldmedaillen hat er für wohltätige Zwecke versteigert. Ende 2022 hat Wladimir Klitschko stellvertretend für viele Helfer in seinem Land bei der Spendengala „Ein Herz für Kinder“ das „goldene Herz“ erhalten.