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Auch für den Abstieg gerüstet

Der KSC vor der Aktienausgabe: Wie ist es um die wirtschaftliche Lage des Vereins bestellt?

Die sportliche Lage beim KSC könnte derzeit besser sein. Wirtschaftlich sieht sich der Klub laut dem kaufmännischen Geschäftsführer in einer "Übergangszeit". Für deren erfolgreiche Bewältigung plant der KSC, in Kürze Aktien auszugeben. Wer soll die Wertpapiere kaufen, was will der KSC mit den Investitionen - und welche Folgen würde ein Abstieg haben?

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imago46841429h Foto: imago images

Die Gemütslage beim Karlsruher SC? Der Sportchef beschreibt sie als „angespannt“. Oliver Kreuzer wolle „nicht sagen, dass wir sie als bedrohlich ansehen. Aber man muss schon die Antennen ausfahren“. Der Fußball-Zweitligist nimmt bei zehn ausstehenden Punktspielen den drittletzten Tabellenplatz ein.

Nach dem 0:1 gegen den 1. FC Nürnberg ist das bis Platz zehn reichende Liga-Mittelfeld fünf Punkte weit weg. Dafür sind der SV Wehen Wiesbaden und Dynamo Dresden auf den direkten Abstiegsplätzen auch nur zwei beziehungsweise drei Punkte hintendran. Es zeichnet sich ab, dass der KSC bis zum Tag der Abrechnung am 17. Mai um sein Klassenziel kämpfen muss.

Das Szenario eines direkten Abstiegs oder einer Niederlage in der Relegation mit dem Drittliga-Dritten, aktuell der SV Waldhof, ist für die Blau-Weißen vor allem wirtschaftlich ein Greuel. Es träfe sie vor der Kulisse des geplanten Aktienverkaufs und des sich nun deutlich verteuernden Stadionneubaus hart.

Frisches Geld durch Aktien könnte bereits im Zuge der laufenden Lizenzierung für den KSC sehr wichtig werden. Die Badischen Neuesten Nachrichten geben Antworten auf Fragen zur wirtschaftlichen Lage des Vereins vor der Aktienausgabe.

Hält die KSC GmbH & Co KGaA an der Absicht fest, demnächst erste Aktienpakete herauszugeben?

Ja, daran lässt man keine Zweifel. Nach den nun vorliegenden Beschlüssen der entscheidenden Gremien, also der Geschäftsführung, des Beirats und des Aufsichtsrats, über die Kapitalerhöhung und den Unternehmenswert, könne laut des kaufmännischen Geschäftsführers Michael Becker kurzfristig mit dem Verkauf von Aktien an Anleger ab 100.000 Euro (Institutionelle Anleger) begonnen werden. Der Verkauf an Anleger bis 25.000 Euro ist für Ende März, Anfang April geplant. Hier müsse noch die Genehmigung für das Wertpapier-Informationsblatt vom Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingeholt werden. Auch für diese Käufer seien ausreichend Aktien reserviert.

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Wie war der Ablauf bis hierhin und wie hoch ist der KSC bewertet?

Die in dem Prozess von Beginn an eingebundene Unternehmensberatung Deloitte hatte der Geschäftsführung der KGaA dargelegt, welchen Wert sie für den KSC ermittelt hat. Diese Zahlen waren danach Grundlage der Beratungen der Geschäftsführung mit dem Beirat, dessen Entschluss danach durch den Aufsichtsrat musste, was am Montag geschah. Becker hielt sich auf Nachfrage zum Ergebnis bedeckt. Nach Informationen dieser Zeitung soll der Unternehmenswert, der den Aktienpreis definiert, bei um die 70 Millionen Euro liegen.

Ist es nicht von Nachteil, ausgerechnet jetzt, da keiner weiß, ob der KSC Anfang Juli noch Zweitligist ist, Aktien herauszugeben?

Becker antwortet diplomatisch: „In dem Moment, in dem es sportlich schlecht läuft, verkauft sich erst mal alles schlechter. Das fängt bei den Trikots an, geht über das Ticketing und hört bei der Aktie auf. Die Story bleibt aber ja dieselbe.“ Besagte „Investitionsstory“ geht so: Über den Aktienverkauf will sich der Verein konsolidieren. „Das würde prinzipiell ja auch in der Dritten Liga funktionieren“, sagt Becker. Dennoch gab es zwischen Beirat und Aufsichtsrat zur Ausgabe durchaus einen kritischen Austausch. Das Risiko, abzusteigen und sich dann überbewertet zu haben, existiert.

Was ist die „Investitionsstory“?

Beckers Ziel ist es, kurzfristig 15 bis 20 Millionen Euro durch Aktienverkäufe zu erlösen. Das wären, von angenommenen 70 Millionen Euro als Unternehmenswert ausgehend, bis zu 28 Prozent der Anteile. Mit dem Geld möchte man erklärtermaßen die aus dem e.V. übernommenen Verpflichtungen ablösen. Zum einen könnte man zum 30. Juni 2020 per Schlusszahlung in Höhe von 8,5 Millionen Euro den im Jahr 2000 kurz vor der drohenden Insolvenz geschlossenen Vermarktungsvertrag mit den MK Medien des Rechtehändlers Michael Kölmel beenden. Zum anderen sollen die verschiedensten Darlehen von rund vier Millionen Euro abgelöst und der aus den vergangenen beiden Spielzeiten aufaddierte Liquiditätsbedarf von 4,5 Millionen Euro aufgebracht werden. Macht in Summe 17 Millionen Euro, um Verpflichtungen auf der Vergangenheit loszuwerden. „Das wäre das Optimum“, sagt Becker. Die Besserungsscheine im Gesamtvolumen von über zehn Millionen Euro allerdings, nur bilanziell irrelevant, blieben davon unberührt. Die Ersparnis durch wegfallende Zinsen und Kölmel-Zahlungen betrage für den Zweitligisten jährlich 1,5 Millionen Euro, rechnet Becker vor.

Wie lässt sich die wirtschaftliche Lage des KSC charakterisieren?

Becker sieht ihn „in einer Übergangszeit“. Die durch den Stadionbau fehlenden Einnahmen in angeblicher Höhe von mindestens zwei Millionen Euro pro Saison müssten bedacht werden. „In den nächsten beiden Jahren werden wir uns anstrengen müssen, das auszugleichen. Darüber hinaus müssen wir noch etwa sieben Millionen Euro in den Innenausbau des Stadions investieren“, sagt er. Im Gegenzug bezahlt der KSC eine geringere Pacht fürs Bestandsstadion.

Wie steht es um die Lizenzierung?

Zum Stichtag am 15. März wird der KSC seine Unterlagen an die Deutsche Fußball Liga (Zweite Liga) und an den Deutschen Fußballbund (Dritte Liga) einreichen. Danach überprüfen die jeweiligen Lizenzgeber anhand der eingereichten Unterlagen, ob die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für den Spielbetrieb in der Saison 2020/2021 gewährleistet ist. „Um Ostern werden wir die finale Info erhalten, was an Liquiditätsauflage zu erfüllen ist.“ Ohne die Hausbanken – Sparkasse, Volksbank und Commerzbank – sowie ohne private Unterstützer, von denen der als Vize-Präsident des e.V. im Beirat sitzende Günter Pilarsky der größte ist, wird erneut nichts gehen.

Mit welchen Lizenzspieler-Etats plant die KGaA für 2020/2021?

Auch dazu: „Keine Angaben“ von Becker. Er benennt nur die geplanten Gesamtetats. In der Zweiten Liga wären dies rund 27 Millionen Euro (aktuell: 25 Millionen Euro), unverändert etwa 17 Millionen Euro wären es in Liga drei.

Würde der KSC einen Abstieg nochmals verkraften?

„Kein Zuckerschlecken“ werde die Lizenzierung, verrät Becker kein Geheimnis. Doch diesmal wäre man vorbereitet. „Wir haben Verträge abgeschlossen, die etwas atmen. Es wurde darauf geachtet, dass Liga-abhängige Konditionen vorgesehen sind“, erklärt er. Auch bei den langfristigen Sponsoring-Verträgen habe man diesmal den Drittliga-Fall abgebildet. Neu wäre auch, dass der Verein einmalig 666.000 Euro als von den Zweitligisten festgelegten Solidaritätsbeitrag als Rettungsschirm erhält. Separat, ebenfalls von der DFL, gäbe es eine halbe Million Euro für das Nachwuchsleistungszentrum. Markant bleibt die Diskrepanz bei den TV-Einnahmen. In Liga zwei könnte der KSC mit bis zu 10 Millionen Euro kalkulieren. In der Dritten Liga lägen die Einnahmen aus der Zentralvermarktung bei etwa einer Million.

Bekommt der KSC noch Geld für Aufstiegs-Torjäger Pourié?

Das hängt am Aufstieg von Eintracht Braunschweig. Die Niedersachsen können Marvin Pourié dann für eine festgeschriebene Ablöse , laut Kreuzer siebenstellig, übernehmen – so auch Pourié zustimmt. Andernfalls wird er zum 1. Juli zum KSC zurückkehren, bei dem bis 30. Juni 2022 die Transferrechte liegen.

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