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Vier Tage vor der Wahl

KSC-Präsidentschafts-Kandidaten präsentieren sich den Anhängern

Vier Tage vor der Wahl der Mitglieder des Karlsruher SC haben die Fans beim Zweitligisten ihre Lauscher gestellt: Die möglichen Nachfolger von Ingo Wellenreuther präsentierten sich den Anhängern auf dem Messplatz.

Argumente im Autokino: Kai Gruber, Rolf Dohmen, Dorothée Augustin, Moderator Bernd Gnann, Holger Siegmund-Schultze, Axel Kahn und Martin Müller (von links).
Argumente im Autokino: Kai Gruber, Rolf Dohmen, Dorothée Augustin, Moderator Bernd Gnann, Holger Siegmund-Schultze, Axel Kahn und Martin Müller (von links). Foto: Markus Gilliar/GES

Als am Sonntagabend um 19 Uhr auf der Theaterbühne neben der Filmleinwand Bewegung einsetzte, war der Messplatz mit davor aufgereihten Autos gut gefüllt. Vorne lief kein Hollywood-Streifen, dafür der Trailer für einen starken regionalen Stoff. Es ging um die Zukunft des Zweitliga-Fußballs in Karlsruhe.

Die Supporters, unter deren Dach 3.500 KSC-Fans organisiert sind, hatten die fünf Präsidentschaftskandidaten zur Elefantenrunde ins Autokino gebeten. Auf Frequenz UKW 103,3 hörten sich die Fans in ihren Pkw mit an, welche Argumente der amtierende Vize Holger Siegmund-Schultze, Kai Gruber, Axel Kahn, Rolf Dohmen und Dorothée Augustin hatten, die Fußballfreunde für sich einzunehmen. Es sollten kurzweilige Stunden folgen. Als „zu brav und zu bieder“ sollte Siegmund-Schultze schon nach etwa 90 Minuten das Image des Vereins bezeichnen. Hupende Ovationen waren das Echo, das weite Zustimmung signalisieren sollte.

Augustin blinzelte früh am Abend in die Sonne. Zum Anlass hatte sich die 37-Jährige ein KSC-Shirt übergestreift. Ihren Mädchennamen Springmann hatte sie zusammen mit der Hochzeitsgesellschaft in Offenburg zurückgelassen. Als Frischvermählte Wahlkampf bei den Fans zu machen, erforderte von der Polizistin auch Selbstdisziplin. Sie habe höchstens eine Stunde geschlafen, verriet sie.

Mit Schäfer und Schmitt im Gespräch

Die mit ihrer Fußballkompetenz werbenden Dohmen und Kahn sprachen sich klar gegen die Zusammenstellung eines externen sportlichen Beraterteams aus, wie es von Siegmund-Schultze und Gruber eingefordert wurde. Es soll der Theorie nach zunächst ehrenamtlich arbeiten, gegebenenfalls später einmal am möglichen Erfolg partizipieren. Dass Edgar Schmitt und Winfried Schäfer hinter den Kulissen bereits angesprochen wurden, namentlich vom möglichen Vizepräsidentschafts-Kandidaten Martin Müller, blieb kein Geheimnis mehr.

Dohmen, von 2002 bis 2009 Sportdirektor des Vereins, hatte in den Stunden vor dem Termin mit einem Werbevideo auf seinem Facebook-Account an die von ihm mitverantwortete erstklassige Vergangenheit erinnert. In einem Werbevideo sprachen sich die früheren Bundesligaprofis Maik Franz, Massimilian Porcello, Godfried Aduobe, Bradley Carnell und Alexander Iashvili für den 68-Jährigen als Nachfolger von Ingo Wellenreuther aus. Kahn hatte an der Einfahrt kostenlos Exemplare seines Buches „Das Kahn-Gen“ verteilen lassen. In einer der online zugeleiteten Frage musste er sich später für ein Foto mit VfB-Schal rechtfertigen (In der VIP-Loge „überrumpelt worden“).

Viele Schnittmengen zeigen sich

Die Kandidaten wiederholten ihre bekannten Wahlkampfthemen. Sie unterschieden einander nur in deren Akzentuierung: Ein stärkeres Augenmerk auf den eigenen Nachwuchs, ein sorgsamerer Umgang mit den Ressourcen und mehr Verantwortungsbewusstsein für die wirtschaftliche Seite, Parteineutralität, Bekenntnis zum Festhalten am 50+1, Markenstärkung und ein vertrauensvolles und konstruktives Verhältnis zur Stadt – es waren die inhaltlichen Schnittmengen.

Der KSC soll für Spieler, Fans und vor allem für potenzielle Kapitalgeber attraktiver werden, der PR-Slogan „Meine Heimat“ mehr sein als das. „Einer der wesentlichen Triggerpunkte ist der Wechsel in der Möglichkeit, Kapital zu beschaffen“, betonte Siegmund-Schultze. „Wir haben das erste Mal die Möglichkeit, Kapital über den Aktienkauf einzunehmen. Das wir sehr sorgsam für neue Geschäftsmodelle nutzen müssen“.

Gruber möchte viele Jungs aus dem NLZ bei den Profis

Kahn möchte jedes Jahr zwei eigenen Nachwuchsspielern Profiverträge garantieren. Siegmund-Schultze pflichtete bei, dass man sich besinnen müsse. „Wir müssen uns wärmer und anfassbarer machen“, meinte er, die Vorzüge herausarbeiten, nicht die Defizite betonen. Die Lücke bei der U23 habe man unnötigerweise aufgemacht, sagte Dohmen. „Wenn man sich vier Spieler spart, kann man sich eine U23 leisten.“ Gruber möchte möglichst viele Jungs aus dem Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) im Profikader integriert sehen.

Das 2022 fertig gestellte Stadion erkennen alle als möglichen Motor für eine erfreulichere Zukunft, die Notwendigkeit einer Kultur des Teamplays innerhalb des KSC ebenso. Der neue Präsident oder die Präsidentin wird in die bis Herbst 2022 dauernde Amtsperiode eintreten. Bis dahin hatten die KSC-Mitglieder im Oktober 2019 den Mitte Mai unter Druck des sogenannten „Bündnis KSC“ zurückgetretenen Ingo Wellenreuther gewählt.

Müller geht es „nicht um Macht, sondern um Mitgestaltung”

Bewerbern für Ämter wird gerne unterstellt, dass sie im Wahlkampf das betonen, was bei Abstimmenden gut ankommt. Daher war es nun von besonderem Interesse, was die Fans von den Kandidaten vier Tage vor der Online-Abstimmung der Mitglieder wissen wollten. Auch Martin Müller war gefragt, weil er als Vizepräsident kandidieren wird, falls Siegmund-Schultze zuvor zum Präsidenten gewählt werden würde. Mit sechs Millionen Euro rettete er zusammen mit dem „Bündnis“ den KSC vor der drohenden Insolvenz. Der Rücktritt Wellenreuthers war Bedingung der Gruppe um dessen im Oktober 2019 knapp unterlegenen Herausforderers. „Auf der Tischplatte zu arbeiten und nicht darunter“, sei ein Gebot, für das er stehen wolle. Ihm gehe es „nicht um Macht, sondern um Mitgestaltung“.

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