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Auch OB Mentrup ist informiert

Mögliche Insolvenz: Die Lage ist ernst beim KSC

Die Corona-bedingte Spielpause hat die finanzielle Zwangslage des Karlsruher SC noch einmal verschärft. Nun beschäftigt sich der Fußball-Zweitligist intensiv mit einem Insolvenz-Szenario. Ein solches hätte nicht nur Nachteile.

Einen Ausweg aus der finanziellen Notlage suchen KSC-Präsident Ingo Wellenreuther (links) und Geschäftsführer Michael Becker.
Einen Ausweg aus der finanziellen Notlage suchen KSC-Präsident Ingo Wellenreuther (links) und Geschäftsführer Michael Becker. Foto: GES

Die Lage ist ernst beim Karlsruher SC. Wer hierfür noch einen Beweis gesucht hatte, der wäre am Dienstag in den Terminkalendern von Ingo Wellenreuther und Michael Becker fündig geworden. Den Präsidenten und den Geschäftsführer des KSC erwartete an diesem Tag ein volles Programm: Gespräche mit dem Oberbürgermeister und den beiden Hausbanken. Deren wesentlicher Inhalt: Wie lässt sich der ohnehin finanziell angeschlagene Fußball-Zweitligist möglichst gut durch die Corona-Krise manövrieren?

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Eine mögliche Antwort, mit der sich dieser Tage auch zahlreiche andere Clubs im deutschen Profifußball beschäftigen: Insolvenz. Ein mögliches Szenario sei das, bestätigte Becker gegenüber den BNN. Wellenreuther stellte allerdings auch klar: „Ein solcher Schritt will wohlüberlegt und gut vorbereitet sein.“ Und außerdem: „Wir denken in alle Richtungen in dieser Extremsituation.“

Dass die Not bereits in den kommenden Wochen so groß sein könnte, dass der Gang vors Insolvenzgericht als einzige Möglichkeit übrig bleiben könnte, wie es am Dienstagmorgen der SWR vermeldet hatte, wiesen allerdings sowohl Wellenreuther als auch Becker zurück. „Der KSC ist zahlungsfähig und die Saison ist durchfinanziert – vorausgesetzt die TV-Gelder fließen“, stellte der Präsident klar. Doch Becker nahm auch die Zeit nach dem 30. Juni in den Blick: „Es kommt auch darauf an, wie es danach weitergeht.“

Aktienverkauf des KSC läuft offenbar schleppend an

Fakt ist, dass der Ball aktuell ruht und somit die noch ausstehende Tranche aus dem TV-Vertrag – für den KSC wären dies 2,5 Millionen Euro – vorerst nicht überwiesen wird. Zwar versucht die Deutsche Fußball Liga (DFL) gerade, die Rechteinhaber durch gewisse Zugeständnisse für die Zukunft trotz Spielpause zu einer Auszahlung zu bewegen, doch ob die angesichts der unsicheren Lage in der Kicker-Branche mitspielen, ist noch völlig offen.

Fahne des Karlsruher SC
Eine Eckballfahne mit dem KSC Logo weht im Wind. Foto: Uli Deck/dpa/Archivbild

Und der Aktienverkauf, von dem sich der KSC eine Entspannung der finanziellen Lage erhofft hatte, läuft offenbar ziemlich schleppend an. „Wir haben vorher sehr, sehr gute Gespräche geführt, aber große Investoren tun sich im Moment schwer“, erklärte Becker. Zurzeit können nur Anleger Aktien zeichnen, die bereit sind mehr als 100.000 Euro zu investieren.

Kleinaktionäre bis 25.000 Euro kommen erst in einer zweiten Phase zum Zug, die Becker zufolge frühestens Mitte April starten soll. Der Geschäftsführer will aber nicht ausschließen, dass der Termin im Zuge der Corona-Krise weiter nach hinten verschoben wird. Sicher ist in diesen Tagen kaum etwas – auch die künftige Ligenzugehörigkeit der Mannschaft von Cheftrainer Christian Eichner nicht.

Insolvenzverfahren als charmanter Ausweg?

Fest steht, dass sich die finanzielle Zwangslage des KSC weiter verschärft hat. Und ob die DFL einen solch komfortablen Rettungsschirm spannen wird, dass er alle im freien Fall befindlichen Clubs auffangen kann, darf bezweifelt werden. Aktuell gibt es einen Solidartopf, in den Bayern München, Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen und RB Leipzig 20 Millionen Euro einbezahlt haben und über dessen Verwendung das DFL-Präsidium noch entscheiden wird. Eine einfache Lösung ist also auch für den KSC erst einmal nicht in Sicht.

Ein Ausweg böte ein sogenanntes Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung – noch dazu einen mit einem gewissen Charme. Der Club wäre hierbei Herr des Verfahrens, die Geschäftsführung bliebe im Amt, der Spielbetrieb könnte ungehindert weiterlaufen. Ein sogenannter Sachwalter kontrolliert in dieser Zeit das Unternehmen.

Eine Insolvenz kann auch eine Chance sein, hat aber natürlich auch einige negative Aspekte.
Michael Becker, KSC-Geschäftsführer

Die Insolvenz beträfe Becker zufolge bei diesem Szenario nur die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), die nach der Ausgliederung der Profiabteilung im vergangenen Jahr entstanden ist. Der e.V. wäre davon nicht betroffen ebenso wenig wie die Stadionbetriebsgesellschaft des KSC, mit der die Stadt den Pacht- und Betreibervertrag für das neue Stadion geschlossen hat. Die ersten Pachtzahlungen für die Arena sind ohnehin erst nach deren Fertigstellung – planmäßig im Jahr 2022 – fällig.

Ein Punktabzug bliebe dem KSC erspart

Vier bis sechs Monate, schätzt Becker, würde ein solches Verfahren, das der Geschäftsführer auch als „Sanierungsinstrument“ ansieht, in Anspruch nehmen. Dann wäre ein Neuanfang möglich. „Eine Insolvenz kann auch eine Chance sein“, sagte Becker, „hat aber natürlich auch einige negative Aspekte.“

Ein ganz wesentlicher Nachteil fällt aktuell allerdings gerade weg: Auf ihrer erstmals virtuell ausgerichteten Mitgliederversammlung am vergangenen Dienstag hat die DFL beschlossen, den im Falle einer Insolvenz sonst obligatorischen Abzug von neun Punkten in dieser Spielzeit auszusetzen. In der kommenden Saison würde der Malus dann lediglich drei Zähler betragen. Zudem hat die DFL am Dienstag entschieden, bei der Lizenzierung vorerst auf die sonst übliche Liquiditätsprüfung zu verzichten. Diese soll dann Mitte September erfolgen.

Gremien des Vereins sollen miteingebunden werden

Möglich, dass der KSC dann bereits beim Insolvenzgericht vorstellig gewesen ist. In die Entscheidung, ob ein solcher Schritt tatsächlich vollzogen wird, sollen Becker zufolge alle Gremien des Vereins einbezogen werden. Und Wellenreuther betont: „Ich finde, dass in alle wesentlichen Entscheidungen des Vereins die Mitglieder miteingebunden werden sollten.“

"Konstruktives Gespräch" mit Oberbürgermeister Mentrup

Sowohl Becker als auch Wellenreuther erklärten, dass der offene Umgang mit der Finanzlage des Vereins bei der Stadt, insbesondere bei Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup, gut angekommen sei. Man sei hierbei nicht als Bittsteller aufgetreten, stellte Becker klar.

Der OB wiederum hatte bei einer Online-Pressekonferenz zur Corona-Krise, die noch vor der Unterredung stattgefunden hatte, wissen lassen, dass es wichtig sei, möglichst schnell Klarheit über die finanzielle Situation des KSC zu bekommen . „Der Stadt ist wichtig, dass der KSC für sie weiterhin ein verlässlicher Partner ist“, berichtete Wellenreuther im Anschluss an das „konstruktive Gespräch“. Becker versprach, dass man die Stadt auf dem Laufenden halten werde. Und neue Sachstände, das wissen auch die KSC-Verantwortlichen, können sich in diesen unsicheren Zeiten praktisch täglich ergeben.

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